Bereits zum 9. Mal luden Kommission und Bereich Politische Bildung zur Frühlingsakademie ein. Vom 18. bis 22. April trafen sich bei herrlichem frühsommerlichen Wetter ca. 100 Genossinnen und Genossen in der Europäischen Jugendbegegnungsstätte am Werbellinsee. Das Thema „Migration, soziale Frage und rechte Angriffe auf den Zeitgeist“ knüpfte an aktuelle Auseinandersetzungen in der Gesellschaft und auch in der LINKEN an.
Das erste Mal hielt eine Frau den Einführungsvortrag und schuf damit die Basis für alle weiteren Seminare und Workshops. Anne Steckner, Mitarbeiterin im Bereich Strategie und Grundsatzfragen in der Bundesgeschäftsstelle und Autorin vieler Artikel zur Thematik, gelang es, das Thema so aufzubereiten, dass alle Teilnehmenden gespannt folgten. Sie ließ uns mit ihrer sehr alltagsnahen Sprache teilhaben an ihren Überlegungen zur aktuellen gesellschaftlichen Situation, fragte, warum die Neue Rechte gerade jetzt so anschlussfähig und erfolgreich ist. Sie zeigte, dass es darauf keine einfachen Antworten gibt, und erläuterte verschiedene Dimensionen der Verunsicherung eines Bedürfnisses vieler Menschen nach Orientierung und Existenzsicherung. Anne Steckner fragte nach Interventionspunkten für eine sozial gerechte, eine solidarische Einwanderungsgesellschaft und warb dafür, Konfliktlinien entlang von Lebenslagen und Interessen wahrzunehmen. Wir brauchen ein Politikverständnis, das das Denken in nationalen Räumen in Frage stellt, eine Politik, die als Prozess verstanden wird, Widersprüche offen benennt und um die Rückgewinnung der Alltagshegemonie ringt. Das geht nur, wenn wir mit den Leuten reden, mit ihnen eine Politik von unten entwickeln, neue Mitstreiter*innen gewinnen und mit ihnen gemeinsam politischen Druck zu entfalten.
Nach Annes Vortrag, an den sich eine lebhafte Diskussion anschloss, sagte eine ältere Genossin aus Chemnitz, die das erste Mal an der Frühlingsakademie teilnahm, dass sich schon allein wegen dieses Vortrages für sie die Teilnahme gelohnt hat.
Inhaltlich waren die Themen der Frühlingsakademie in vier Stränge aufgeteilt: Gesellschaft, Ökonomie/Ökologie, Arbeit und internationaler Blick, zu denen Seminare und Workshops stattfanden. Da natürlich nicht jede*r alle Veranstaltungen besuchen konnte – es gab ja jeweils vier parallele Angebote – wurde gern unser Gruppenpuzzle genutzt, um zu erfahren, was in den anderen Workshops los war. Gruppenpuzzle bedeutet, dass sich in kleinen Gruppen - aus den parallelen Workshops jeweils eine Person – über die Fragestellungen und Ergebnisse ausgetauscht wurde, eine Methode, die gut angenommen wurde.
Traditionell diente der Samstag dazu, sich in ganztägigen Workshops praktisches Handwerkszeug für die Parteiarbeit anzueignen. Dies war in diesem Jahr zu folgenden Themen möglich: Linke Argumente gegen rechte Parolen (ein Argumentationstraining), Eckpunkte der neuen Kampagne der LINKEN und Rhetorik im politischen Raum. Als Halbtags-Workshop wurde noch „Haustürgespräche in sozialen Brennpunkten“ angeboten – halbtags, weil es am schönen Werbellinsee nicht die Möglichkeit gab, mangels Haustüren Haustürgespräche gleich praktisch zu erproben. Alle Workshops erhielten gute Kritiken. In der Auswertung machten viele Genoss*innen deutlich, dass sie sich auch in den anderen Seminaren und Workshops noch mehr Beteiligungsmöglichkeiten wünschen. Ein Hinweis, den wir gern aufgreifen wollen.
Wenn ich sage, dass die Frühlingsakademie weiblicher geworden ist, dann beziehe ich das auch auf einen deutlich erhöhten Frauenanteil bei den Teilnehmenden. Erfreulich war auch, dass wieder acht Kinder mit dabei waren – fünf davon im Alter von 2 bis 5 Jahren. In bewährter Weise lag die Betreuung der Kinder wieder in den Händen des Vereins Ottokar e. V. Höhepunkt für die Kinder war ein ganztägiger Besuch im Tierpark Eberswalde. Und zum Abschluss gab es Tränen, weil man sich von den Betreuerinnen trennen musste und so gern noch geblieben wäre.
Am Abschlussabend begrüßten wir die Berliner Band „MarieJane“, zwei Musikerinnen mit einem Bassgitarristen, die uns so richtig einheizten und einfach tolle Musik machten.
Zum Abschluss sagte eine Frau im Gespräch, sie habe hier so richtig Krafttanken können und freue sich darauf, vieles von dem hier Erfahrenen im eigenen Kreisverband umzusetzen.
Übrigens, die nächste – dann die zehnte – Frühlingsakademie kommt bestimmt. Wer sich den Termin jetzt schon vormerken will: vom 29. Mai bis 2. Juni 2019. Es ist das Himmelfahrtswochenende, was es sicher für manche leichter macht, da sie nicht – wie in diesem Jahr – drei Tage Urlaub brauchen, um an der Akademie teilzunehmen.
Annegret Gabelin
|