Der Sozialismus ist im 21. Jahrhundert Anspruch unserer Zeit
Erklärung des Ältestenrates der Partei DIE LINKE
Die hysterischen Reaktionen auf den Artikel unserer Vorsitzenden Gesine Lötzsch in der "jungen Welt" zielen auf Ausgrenzung und Diffamierung der Linken und ihrer auf soziale Gerechtigkeit und Frieden gerichteten Politik. Antikommunistische Vorbehalte in der bundesdeutschen Gesellschaft werden geschürt, um die langfristige Orientierung der Partei DIE LINKE auf einen demokratischen Sozialismus, auf die untrennbare Einheit von Sozialismus und Freiheit zu verunglimpfen. Das war auch das von uns ausdrücklich bejahte eigentliche Anliegen des Artikels.
Die Politik unserer Partei hat in den vergangenen Jahren Wirkung gezeigt. Trotz mancher innerer Querelen gelang es, nicht nur mit einer großen Fraktion in den Bundestag einzuziehen, sondern auch in mehreren westdeutschen Länderparlamenten Fuß zu fassen. Relativ stabil steht sie bei den Umfragen um 10% und wird damit in der Wahrnehmung des Establishments zu einer Gefahr für die etablierten Parteien. Mit zunehmender Wirkung attackiert unsere Partei die unsoziale und äußerst friedensfeindliche Politik der schwarz-gelben Bundesregierung. Sie war und ist die einzige Partei, die in den vergangenen zwanzig Jahren konsequent für die innere Einheit Deutschlands sowie gegen die "Delegitimierung" der DDR kämpfte und kämpft und damit vor allem gegen die auf Diffamierung des Sozialismus gerichtete Politik der Herrschenden. Es ist eine Tatsache: Deutschland ist nach wie vor sozial und politisch zweigeteilt!
Für die Partei DIE LINKE gilt: dreieinhalb Jahre haben noch nicht gereicht, um eine einheitliche Partei zu formen. Unterschiedliche politische Erfahrungen und Bedingungen in Ost und West können und dürfen nicht unterschätzt und auch nicht negiert werden. Menschen mit unterschiedlicher Biographie und politischer Herkunft sind Mitglied dieser Partei geworden. Auch in der ehemaligen vor allem im Osten wirkenden PDS gab und gibt es bis heute unterschiedliche politische Positionen. Alles das macht deutlich, dass es noch eines längeren Prozesses bedarf, um eine einheitliche linke Partei zu formen, die konsequent für soziale und gerechte Lebensbedingungen heute kämpft und für eine andere, eine soziale und gerechte Gesellschaftsordnung einsteht. Die Diskussionen um das Grundsatzprogramm haben das Anliegen konkret herauszuarbeiten, wofür die Partei sich heute und hier engagiert, den demokratischen Sozialismus als langfristige Zielstellung zu begründen und damit zugleich den antikapitalistischen Charakter der Partei zu festigen. Dem entspricht auch der von der Programmkommission vorgelegte Entwurf. Auf seiner Grundlage sollte der Leitantrag für den Parteitag im Oktober dieses Jahres vorbereitet werden.
Angesichts der anhaltendenden Krisensituation, die das gesamte kapitalistische System bis in seine Grundlagen hinein in Frage stellt, kann sich niemand mehr gegenüber diesem System neutral verhalten. Es wird klar, dass der Kapitalismus unfähig ist, die sozialen, ökologischen und globalen Probleme zu lösen. Die menschliche Entwicklung selbst ist in Gefahr. Der Kapitalismus ist nicht in der Lage, einen wirklichen Ausweg zu zeigen. Der Kapitalismus ist nicht das Ende der Geschichte! Es ist unsere Überzeugung: Der Sozialismus ist im 21. Jahrhundert Anspruch unserer Zeit! Und es wird für unsere weiteren Diskussionen und programmatischen Arbeiten von großer Bedeutung sein, Erfahrungen anderer progressiver Entwicklungen zu nutzen, wo sich Sozialismus-Debatte und reales Streben nach Sozialismus in neuer Weise verbinden.
Von der Gründung der PDS an und mit dem Zusammenschluss von PDS und WASG war immer klar: Diese linke Partei ist eine pluralistische Partei. Unterschiedliche Meinungen und Auffassungen in ihr sind legitim. Sie beruhen aber auf gemeinsam festgehaltenen grundlegenden politischen Positionen. Pluralismus in dieser Partei wird nicht als ein Gegeneinander verstanden, sondern als Potenz, als gegenseitige Bereicherung, und setzt die Bereitschaft voraus, vom Anderen zu lernen und vor allem, gemeinsam zu handeln. Unterschiedliche Positionen in der Partei müssen sachlich und thematisch orientiert diskutiert werden und sollten ins persönlich gehenden Streit und Unterstellungen generell "außen vor" lassen. In den Medien haben sie schon gar nichts zu suchen! Bei all dem darf nicht übersehen und vergessen werden, dass es eine Vielzahl von Kräften in der Gesellschaft gibt, die in ihrem Kampf gegen die Linke auf Spaltung setzen und auf vielfache Art versuchen, den "Spaltpilz" in die Partei zu tragen. Dazu gehören auch vordergründige Angriffe auf die beiden Vorsitzenden der Partei. Dem darf niemand, und schon gar nicht ein Mitglied der Partei, Vorschub leisten!
Unsere Partei steht im Jahr 2011 vor einer weiteren großen Herausforderung: In sieben Landtagswahlen will sie erfolgreich sein! Dabei hat sie es mit sehr unterschiedlichen Bedingungen und Zielsetzungen zu tun, was selbstverständlich auch in den jeweiligen Wahlprogrammen deutlich wird. In zwei Bundesländern - Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern - geht es darum, den Charakter der Linken als Volkspartei zu festigen und als stärkste Partei mit daraus resultierenden Ansprüchen in den Landtag einzuziehen. In Hamburg und Bremen kämpft die Partei um den Wiedereinzug mit zahlenmäßig vergrößerter Fraktion in das Landesparlament und in Rheinland-Pfalz und in Baden-Württemberg geht es um den erstmaligen Einzug in den jeweiligen Landtag. Und in Berlin kämpft die Partei aus der Position einer langfristig an der Regierung beteiligten Kraft für ihren gestärkten Wiedereinzug in das Abgeordnetenhaus und für eine Stärkung linker Positionen in der Berliner Politik.
Zweifellos werden in den Wahlkämpfen jene Aufgaben im Vordergrund stehen, die in der kommenden Wahlperiode möglichst realisiert werden sollen. Das sind neben sozialen Fragen, Problemen der Wirtschaftspolitik und Fragen der inneren Sicherheit sowie mit besonderer Betonung in allen Bundesländern Probleme der Bildungspolitik, des Ringens um gleiche und gute Bildungsmöglichkeiten für alle Kinder und Jugendlichen entsprechend den jeweiligen konkreten Bedingungen. Gleichzeitig sollten wir aber auch die Wahlkämpfe nutzen, um unsere friedenspolitischen Positionen stärker zu propagieren, den antikommunistischen und stärker werdenden rechtsextremistischen Tendenzen entgegenzuwirken. Als Antikriegs- und Völkerrechtspartei lehnen wir jeglichen Kampfeinsatz der Bundeswehr - mit wessen Mandat und wo auch immer – ab. Die Aussprachen in den Wahlveranstaltungen müssen wir nutzen, ein wirklichkeitsgetreues Bild von unseren Zukunftsvorstellungen, vom demokratischen Sozialismus, zu vermitteln. Nur so können wir den von den Herrschenden und anderen Kräften permanent in die Bevölkerung hineingetragenen Antikommunismus entgegenwirken. Dabei übersehen wir niemals, dass die politischen Gegner die Linke mit allen Mitteln - auch denen der Lüge und der bewussten Verfälschung unserer Positionen - bekämpfen.
Umso mehr gilt: Erfolgreich werden wir nur sein, wenn wir unsere in dem jeweiligen Wahlprogramm fixierten Aufgaben und die in der Programmdebatte erstrittenen grundlegenden Positionen offensiv erläutern, die Menschen für unsere Ziele überzeugen und sie dafür gewinnen, sich selber für ihre Interessen zu engagieren. Das erfordert einheitliches und gemeinsames Handeln aller Parteimitglieder.