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Ältestenrat

Überlegungen des Ältestenrates zur Europawahl 2019

Ausgangspunkt der Überlegungen sind zwei Papiere zur Europawahl 2019

Ausgangspunkt sind zwei Papiere: Zum einen  ein "Gemeinsames Manifest für die Europawahlen 2019. Ein anderes Europa aufbauen" zum anderen um eine Skizze "Erster Entwurf Wahlstrategie für die Europawahl".

Die Wahlen zum Europäischen Parlament finden in der Zeit einer tiefen politischen und wirtschaftlichen Krise statt. Die Krisen wurden zu einer Zäsur in der weiteren Entwicklung Europas und über die EU hinaus. Die vielfältigen Widersprüche in der EU wachsen und vertiefen sich. Das äußere Bild zeigt Erscheinungen des Zerfalls und die inneren Widersprüche zeugen von kaum zu überbrückenden Interessengegensätzen zwischen und in den Ländern der EU. 

 

1. "Gemeinsamen Manifest für die Europawahl 2019. Ein anderes Europa aufbauen. Die Europäische Linke: Der Ausweg aus der Krise" (Dokument der ELP)

 

Die Europäische Union steckt in einer tiefen Krise: Dazu gehören die Auseinandersetzungen um den Brexit, die Konsequenzen aus den Wahlergebnissen in Italien, die in den südlichen Staaten der EU vor allem in Griechenland gehasste Troika, der Streit um die Aufnahme von Flüchtlingen, der Abbau des Rechtsstaates in Polen und Ungarn zunehmend auch in Rumänien oder die in den Nordeuropäischen Ländern gefürchteten Arbeitsmigranten. Die Gründe für diese Entwicklungen können nicht isoliert voneinander betrachtet werden, sie liegen tiefer und zwar in der Verfasstheit der EU als kapitalistische Konkurrenz- und Marktordnung. Dem liegt die Annahme zu Grunde, dass die Erfolge rechter Bewegungen und Parteien sowie der Abbau demokratischer und sozialer Rechte nicht ohne den Siegeszug der neoliberalen Ökonomie möglich gewesen wären. Daran hat auch die EU einen Anteil.

Diese Ordnung der EU beflügelt nicht nur die Konkurrenz der Marktakteure, sondern auch die der Staaten untereinander. Dieses Konkurrenzdenken hat weitreichende Folgen. 

 

Die Standortkonkurrenz führte in Deutschland dazu, die Unternehmenssteuern zu senken, sozialstaatliche Leistungen abzubauen und Löhne zu begrenzen sowie die Arbeitsverhältnisse zu deregulieren. So entstehen für die Menschen Unsicherheiten, sie erleben, dass die Demokratie immer mehr verächtlich gemacht und abgebaut wird und sie die Kontrolle über ihr Leben verlieren. Diese Entwicklungen sind Wasser auf die Mühlen rechtspopulistischer und chauvinistischer Kräfte, denen es gelingt, diese Fehlkonstruktionen nicht auf ihre wahren Ursachen zurückzuführen, sondern sie auf die Migranten und Migrantinnen umzulenken. Die Frage der Migration sollte jedoch nicht zum Kernthema des Wahlkampfes gemacht werden, denn dann bestünde die Gefahr, die Ursachen der gegenwärtigen Krisen den Migrantinnen und Migranten anzulasten wie dies von Rechtspopulisten getan wird. 

 

Gegenüber dem Führungsanspruch Deutschlands verhält sich die Regierung der Bundesrepublik ambivalent: Deutschland ist mit einem Leistungsbilanzüberschuss von 264 Milliarden Euro das ökonomisch dominante Land in der EU. Diese Milliarden können nur erwirtschaftet werden, weil die Löhne einschließlich des Mindestlohnes niedrig sind und staatliche Investitionen in Infrastruktur gering gehalten werden. Unter dem Diktat der "schwarzen Null" spart und geizt Deutschland, wo es nur geht. Nach dem Willen Deutschlands sollen die anderen Länder in der EU sich diesem Austeritätsmodell ebenfalls unterwerfen. Die Zeche für die gegenwärtige ökonomische Stabilität zahlen die deutschen Niedriglöhner und die wachsende Zahl der Arbeitslosen in den anderen EU-Ländern. In der EU gibt es 18 Millionen Menschen, die arbeitslos und 100 Millionen, die prekär beschäftigt sind. Diese dürfen nicht den Populisten von rechts überlassen bleiben. Die Ursache ist das in Verträgen festgelegte Konkurrenzdenken. Solidarität wird als Hindernis im Streben um Hegemonie diffamiert.

 

Die Europäische Linke muss die Interessen der arbeitenden Klasse in den einzelnen Ländern aufnehmen und die Bedürfnisse der prekarisierten - der sog. abgehängten Schichten der Arbeiterklasse im Wahlkampf thematisieren. 

 

Die in den Verträgen von Maastricht und Lissabon festgelegten Regulierungen müssen in Frage gestellt werden. Dies wird innerhalb der Europäischen Linken allerdings kontrovers diskutiert. 

 

Wird die EU ein Hort des Neoliberalismus sein und zugleich immer deutlicher zu einer Militärmacht mutieren oder wird sie als Zivilmacht in Erscheinung treten? Dies hängt entscheidend davon ab, ob die Menschen in den EU-Ländern mit ihren politischen Bewegungen, ihren fortschrittlichen Parteien und Gewerkschaften und ihrer Zivilcourage ihre Interessen nachdrücklich vertreten.

Die EU kann nur überleben, wenn sie sozial, dem Frieden verpflichtet und demokratisch wird. 

 

 

2. Überlegungen zur Skizze des Parteivorstandes"Erster Entwurf Wahlstrategie für die Europawahl"

 

In den letzten Jahren hat die Krise der Europäischen Union und besonders der Eurozone deutlich zugenommen. Die Gründe dafür liegen im Wesentlichen in der neoliberalen Ordnung begründet und erst in zweiter Linie darin, dass es Unstimmigkeiten zwischen den Regierungen gibt. 

 

Immer mehr Bürgerinnen und Bürger vor allem Arbeiterinnen und Arbeiter begreifen sich als Verlierer/innen in der EU, dies gilt sowohl innerhalb der einzelnen Staaten als auch zwischen den Staaten (Nord-Süd- bzw. Ost-Westgefälle). Die Aufnahme von Migranten und Migrantinnen in die EU und die in den letzten Jahren verstärkt einsetzenden Fluchtbewegungen haben diese Tendenzen verstärkt. Die Deutung der Probleme haben in vielen Fällen rechtspopulistische und nationalistische Kräfte übernommen. Im Wahlkampf sollten die Konflikte um die Migration nicht zum Kernthema der Auseinandersetzung gemacht werden, weil dann Ursachen und Folgen verwechselt würden.

 

Hier sollte eine klare und eindeutige Kritik durch DIE LINKE formuliert werden: Statt eines neoliberalen, undemokratischen und imperialen Leitbildes einer Wettbewerbsunion muss das Leitbild eines demokratischen und sozialen Europas formuliert werden. Angesichts der realen Verhältnisse in der EU und der Konkurrenz vor allem der großen und einflussreichen Nationalstaaten um Macht müssen die fortschrittlichen Kräfte in den Nationalstaaten gestärkt werden, sonst besteht die Gefahr, dass die demokratischen und sozialen Rechte auf nationaler Ebene weiter geschwächt werden. Dazu gehört es, realisierbare Maßnahmen für die Menschen in Europa zu entwickeln: vor allem Maßnahmen gegen die Massenarbeitslosigkeit und die Armutsrisiken, Mindeststandards gegen prekäre und erniedrigende Arbeitsverhältnisse und eine ausreichende Grund- und Sozialversicherung sowie die radikale Ablehnung militärischer Auslandseinsätze. Hier bekräftigt der Ältestenrat die Forderungen, die in dem Wahlaufruf formuliert werden. 

 

Vor allem dürfen wir nicht der Illusion verfallen, ein weiterer Ausbau und eine weitere Stärkung der hegemonialen Position Deutschlands im gegenwärtigen kapitalistischen Europa würde die Lebensbedingungen für die Mehrheit der europäischen Bevölkerung und die Bedingungen für den Frieden verbessern. Ganz im Gegenteil führt die Hegemonie einzelner Staaten und der EU dazu, dass Handelsverträge geschlossen werden, die den weniger entwickelten Ländern der Welt zum Nachteil gereichen und damit erheblich zu den Fluchtursachen beitragen. Die Bekämpfung der Fluchtursachen gelingt nur, wenn eine faire Handels- und Wirtschaftspolitik und eine friedliche Koexistenz- und Abrüstungspolitik gelingen sowie die Respektierung der legitimen Interessen aller Beteiligten. 

 

Die Aufrüstung an den Außengrenzen der EU wird den Konflikt um die Migration nicht lösen. Abschottung ist keine Lösung. Sie wird weiter Menschenleben kosten. Statt Frontex aufzurüsten, die zivilen Initiativen zur Seenotrettung zu kriminalisieren und zu verhindern, dass Rettungsschiffe auslaufen oder Gerettete aufgenommen werden unterstützen wir "Seebrücke-Aktionen", setzen uns für legale Fluchtwege und gegen die weitere Aushöhlung des Asylrechtes ein. Wir legen Gewicht auf den Wiederaufbau Syriens und wenden uns dagegen, Lager in Ägypten oder Libyen oder Ankerzentren in anderen afrikanischen Staaten zu finanzieren. Zu einer befriedeten Welt gehören eine auf die Interessen der Menschen ausgerichtete Wirtschaftsordnung und Handelspolitik sowie das Ende der ungleichen  Handelsverträge und Abkommen; vor allem aber das Ende derRüstungsproduktion und aller Rüstungsexporte. Wirtschafts- und Handelspolitik ist in der gegenwärtig geübten Praxis Machtpolitik. 

 

Die aktuell wieder befeuerte Debatte um eine zunehmende Verantwortung Europas für eine Sicherheits- und Verteidigungspolitik führt geradeswegs dazu, nach Fähigkeiten zur Kriegsführung zu suchen, die Rüstungsindustrie weiter zu stärken und die Kriegsgefahr zu erhöhen. 

 

Die NATO darf nicht gestärkt und der neu formierte europäische Verteidigungsmechanismus PESCO und das Programm zur industriellen Entwicklung im Verteidigungsbereich  (EDIDP) muss durch ein System kollektiver Sicherheit unter Einbeziehung Russlands ersetzt werden. Die Schwierigkeiten einer solchen Politik dürfen nicht unterschätzt werden. Die EU ist ja nicht nur in der Flüchtlingsfrage gespalten. 

 

Zu kurz kommt nach Ansicht des Ältestenrates in der Wahlstrategie die Sicherheits- und Friedenspolitik. 

Für eine neue Ostpolitik zu streiten muss ein besonderes Anliegen der Linkspartei werden, wie es ein auf dem Magdeburger Parteitag einmütig gefasster Grundsatzbeschluss gefordert hat. Das Gebot der Stunde ist, Druck auf die Regierenden auszuüben, um wieder normale Beziehungen mit Russland herzustellen. DIE LINKE kann sich hierbei auf die Zustimmung in der Bevölkerung stützen. Ziel einer neuen europäischen Ostpolitik muss es sein, das konstruktive Engagement Russlands durch neue Kooperations- und Integrationsangebote zu fördern und seine Verankerung in Europa durch enge politische, wirtschaftliche und kulturelle Beziehungen irreversibel zu machen. Ohne intensive Partnerschaft mit Russland kann es weder eine gesamteuropäische Friedensordnung noch eine Lösung der Konflikte in der Ukraine, im Nahen Osten oder auf dem Balkan geben. 

 

Die europäische Linke  setzt sich mit der Propagierung von Feindbildern und neuen Trennungslinien auf dem europäischen Kontinent  auseinander und fordert die besondereVerantwortung der Massenmedien in der Auseinandersetzung mit Rechtspopulismus und zunehmenden neofaschistischen Tendenzen.  Zu Dialog, fairen Verhandlungen statt Konfrontation und militärischer Gewalt, zur Stärkung der UNO und es Völkerrechts gibt es keine Alternative. 

 

Die Linkskräfte in der EU, allen voran die Europäische Linke, müssen sich den Herausforderungen stellen, ihre Kräfte formieren  und gemeinsam Wege aus der Krise suchen. Unter Beachtung nationaler Besonderheiten gilt es, auf der Ebene der Europäischen Union einen solidarischen Klassenkampf in vielfältigen Formen zu führen.

Insgesamt sollte der Wahlkampf gegen die Gefahr weiterer autoritärer Entwicklungen und neofaschistischer Umtriebe, gegen wachsende Kriegsgefahr, Aufrüstung und Militarisierung der Gesellschaft sowie für soziale Mindeststandards und für die Rückgewinnung von Eigentum in Volkes Hand geführt werden.

 

Der Ältestenrat ist bereit, weiter tatkräftig mitzuarbeiten.