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Autoindustrie: Umbau starten, Jobs retten

Beschluss des Bundesparteitages am 20.10.2024

Wir wollen Arbeitsplätze retten – nicht die veralteten Geschäftsmodelle der Konzerne und die Boni der Bosse!

Die Lage der deutschen Autoindustrie ist alarmierend: Ford schließt die Fabrik in Saarlouis und kürzt in Köln. Hunderte Betriebe der Zulieferindustrie wie Bosch, Conti, ZF und Mahle haben Werke geschlossen und ihr Personal um über 60.000 Menschen reduziert. Gerade erst hat ZF verkündet, weitere 14 000 Stellen zu streichen. Viele Firmen stehen vor existenziellen Problemen – ohne Konversion droht ihnen die Abwicklung und den Beschäftigten die Arbeitslosigkeit. Jetzt hat die Krise auch die Fahrzeughersteller erreicht. Vor wenigen Wochen hat VW mehrere Tarifverträge aufgekündigt, darunter den seit den 1994 bestehenden Tarifvertrag zur Beschäftigungssicherung. Der Konzern droht mit Werksschließungen und will 5 Milliarden Euro beim Personal einsparen. Schuld sei die Unterauslastung der VW-Werke, vor allem an Standorten mit E-Auto Fertigung.

Das Gespenst der Deindustrialisierung geht um, hunderttausende Jobs sind bedroht. Ursächlich für diese Krise sind die Fehlplanungen und die falsche Produktstrategie der Manager, der rückläufige Autoabsatz – allein in Europa minus zwei Millionen pro Jahr – sowie die Weigerung von Autoindustrie und der Regierung, die Weichen Richtung Verkehrswende zu stellen. Während VW, Mercedes und BMW mit immer größeren und teureren Autos hohe Gewinne machen, müssen die Arbeiterinnen und Arbeiter um ihre Zukunft bangen.

VW ist das beste Beispiel dafür, wie die Autokonzerne versuchen, ihre Profite zu sichern. Die Aufkündigung der Tarifverträge durch VW so kurz vor der Tarifrunde mit der IG Metall in der Metall- und Elektroindustrie ist natürlich kein Zufall, sondern Verhandlungsstrategie. Während 5 Milliarden bei den Beschäftigten eingespart werden sollen, hat VW dieses Jahr 4,5 Milliarden an Dividenden ausgeschüttet. Jetzt fordert VW neue staatliche Kaufprämien für Elektroautos, andere fordern eine Abwrackprämie. Mit solchen Lösungen wollen die VW-Bosse ihre Marktanteile gegenüber der Konkurrenz behaupten: Das Ergebnis sind globale Überkapazitäten zu Lasten von Beschäftigten und der Umwelt. Zudem sind Kaufprämien für E-SUVs Steuergeschenke für Spitzenverdiener. Subventionen dieser Art sind nur ein Strohfeuer, können kurzfristig den Absatz erhöhen und können angesichts der strukturellen Probleme der Automobilindustrie keine Abhilfe schaffen.

CDU, BSW und FDP stellen das Verbrenner-Aus infrage und wollen energieintensive und teure synthetische Kraftstoffe (E-Fuels) etablieren, die Extremisten der AfD sind „stolz auf den deutschen Diesel“, Grüne und SPD begnügen sich mit dem Antriebswechsel – aber niemand setzt sich wirklich für die Beschäftigten ein. Stattdessen dreht sich die Diskussion vor allem darum, dass wir uns zwischen Verbrenner-SUVs und E-SUVs entscheiden sollen. Beide sind keine Lösung. Beide sind kein Beitrag zum Klimaschutz, verbrauchen zu viele Ressourcen und sind für viele Menschen unbezahlbar.

Jobgarantien und Weiterbildungen für die Beschäftigten

Anstatt an alter Technik festzuhalten, damit die Konzerne noch weiter Profite machen können, müssen wir unsere Industrie umbauen, um gute Arbeit zu sichern und zu schaffen. Das geht nur sozial gerecht. Wir brauchen eine Jobgarantie, eine Einkommensgarantie und eine Weiterbildungsgarantie für die Beschäftigten in der Autoindustrie. Sie brauchen gute und verlässliche Perspektiven in einer Industrie mit Zukunft, mit guten Löhnen, Tarifverträgen und sicheren Arbeitsplätzen. Insbesondere die jungen Kolleg*innen und Auszubildenden wollen ihre Zukunft planen können.

Die chinesische Autoindustrie ist den hiesigen Autokonzernen beim Bau von E-Autos meilenweit voraus. Bald werden Hersteller aus China den europäischen Markt mit kleinen und bezahlbaren E-Autos beliefern – nachdem deutsche Autokonzerne jahrzehntelang vom Absatz in China profitiert haben. Eigentümer und Manager der deutschen Autoindustrie haben die Entwicklung ignoriert, weil sie auf kurzfristige Profite setzen: lieber SUVs und Luxusautos mit großer Gewinnmarge als für die Mobilität der Zukunft zu produzieren. Das Ergebnis zeigt sich jetzt:

Während China seine Kfz-Exporte nach Deutschland steigert, sinken die Absatzzahlen deutscher Autos in China. Die EU hat jetzt Strafzölle für die chinesischen Hersteller eingeführt – als gäbe es in Deutschland keine Subventionen, als würde ein Handelskrieg nicht auch die Industrie in Deutschland belasten.

Die Konzern-Bosse in die Pflicht nehmen!

Die Verkehrswende muss mehr als eine Antriebswende sein. Die Mobilität der Zukunft sind moderne und bequeme Busse und Bahnen für mehr öffentlichen Nah- und Fernverkehr. Aber viele Menschen werden z.B. auf dem Land über längere Zeit auch auf ein Auto angewiesen sein. Dafür müssen kleine und kostengünstige E-Autos produziert werden, Kleinbusse, die flexibel im ÖPNV eingesetzt werden können, keine SUVs und Luxuskarossen.

Es braucht politische Steuerung und mehr Mitbestimmung, denn die Unternehmen der automobilen Wertschöpfungskette werden ihrer Verantwortung nicht gerecht: Die großen Konzerne haben die wichtigsten Entwicklungen verschlafen. Die Firmen nutzen die Kompetenzen und Fähigkeiten ihrer Beschäftigten nicht. Die Regierung muss deshalb endlich handeln und Milliarden investieren in den sozial-ökologischen Umbau der Industrie und gute Jobs, damit gute Arbeit und echter Klimaschutz Hand in Hand gehen.

Die Regierung tut nichts, um die Autoindustrie unter Beteiligung der Arbeiterinnen und Arbeiter, der Ingenieurinnen und Ingenieure auf sinnvolle, zukunftsfähige Produktion umzustellen. Mit dem Festhalten an der Schuldenbremse und der Weigerung hohe Vermögen und Superreiche zu besteuern, blockiert sie die dringend notwendigen Investitionen in die sozial-ökologische Transformation.

Wir stellen uns gegen die Deindustrialisierung und für eine Mobilität der Zukunft.

Was es jetzt braucht für den sozial-ökologischen Umbau, für Sicherheit und Gerechtigkeit, für gute Arbeit:

Eine Jobgarantie in allen Branchen, die vom Umbau betroffen sind (Autoindustrie, Schienenfahrzeugindustrie, Stahl, Kohle, Chemie, Zement etc.): Niemand darf durch und nach dem Umbau der Industrie sozial abstürzen – das machen die Beschäftigten, die sich jahrelang den Rücken krumm gemacht haben, zu Recht nicht mit. Insbesondere für Beschäftigte in den kleinteiligen Zulieferer-Werken brauchen wir zudem eine staatliche Weiterbildungsgarantie: Alle, die sich fortbilden wollen, müssen das tun können, egal ob es sich um Weiterbildungen innerhalb oder außerhalb des aktuellen Berufsfelds handelt, egal ob die Unternehmensleitung das will oder nicht.

Industriearbeitsplätze mit Zukunft schaffen: Statt immer mehr (E-)SUVs brauchen wir nicht nur kleine und bezahlbare E-Autos, sondern auch neue Züge, Straßenbahnen und Busse. Um das umzusetzen, brauchen wir Mitbestimmung und Demokratie in den Entscheidungen, was produziert wird. Die Eigentümer und Manager der Autoindustrie fahren den Laden gerade gegen die Wand. Es ist angesichts dieses Versagens nicht mehr hinnehmbar, dass eine winzige Minderheit darüber entscheidet, was produziert wird. iDe Unternehmen der Automobilindustrie sollten gesetzlich das Ziel eines sozial-ökologischen Umbaus verpflichtet werden. Damit ist der share-holder-Value nicht mehr das alleinige und bestimmende Unternehmensziel. Betriebsräte und regionale Transformationsräte müssen Mitbestimmungsrechte erhalten und in wichtige Unternehmensentscheidungen eingebunden werden. Vertreter*innen der Politik vor Ort, der Beschäftigten und Gewerkschaften und Wirtschaftsförderungsinstitutionen können so gemeinsam Konzepte zur Finanzierung und Gestaltung betrieblicher Konversion erarbeiten und in ein Konzept regionaler Strukturpolitik einbetten.

Die Bundesregierung muss zusammen mit den Belegschaften, Gewerkschaften, Wissenschaft, Umwelt- und Sozialverbänden einen verbindlichen Zukunftsplan für die Industrie entwickeln. Die Industriekonzerne müssen verpflichtet werden, diesen Umbau in die Wege zu leiten – und im Interesse des Allgemeinwohls zu realisieren. Bei der Finanzierung der ökologischen und technologischen Modernisierung der Produktion wollen wir die Konzerne und Aktionäre in die Pflicht nehmen. Die Regierung muss den Umbau steuern und konkrete Vorgaben machen. Die Milliarden für den sozial-ökologischen Umbau der Industrie dürfen nicht einfach in die Taschen der Konzerne wandern, sondern muss an Bedingungen gekoppelt werden: betriebliche und gesellschaftliche Mitbestimmung, hohe ökologische Standards, Arbeitszeitverkürzung, Tarifverträge, Jobgarantien für die Arbeiterinnen und Arbeiter. Wo öffentliche Förderung fließt, muss dies mit der Stärkung öffentlicher Kontrolle und Eigentums einhergehen. In der Satzung der IG Metall heißt es: „Aufgaben und Ziele der IG Metall sind: … Überführung von Schlüsselindustrien und anderen markt- und wirtschaftsbeherrschenden Unternehmungen in Gemeineigentum.“ Angesichts der Krise der Automobilindustrie als Schlüsselindustrie und der notwendigen sozial-ökologischen Transformation sind öffentliche Kontrolle, die Demokratisierung von Unternehmen und öffentliches Eigentum dringend notwendig für eine zukunftsfähige, nachhaltige und gute Arbeit sichernde Industrie - und nicht die Steigerung des Aktienwerts und der Dividendenausschüttung.