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Keine Sicherheit durch Entrechtung – Gegen Grundrechteabbau und rassistische Asylpolitik der Bundesregierung – Für eine solidarische Einwanderungsgesellschaft

Beschluss des Bundesparteitages am 20.10.2024

Politiker*innen demokratischer Parteien befinden sich in einem Schäbigkeitswettbewerb, wer noch radikalere Forderungen für Abschottung und Asylverschärfungen äußert. Das geht von Abschiebungen in Kriegs- und Krisengebiete wie Syrien oder Afghanistan, Verhandlungen mit den dortigen menschenfeindlichen Diktaturen, Auslagerung von Asylverfahren in Drittstaaten, Verschärfung von Abschiebehaft und Ausreisegewahrsam bis hin zur Abschaffung des Grundrechts auf Asyl. Und viele dieser bisher von der AfD aufgestellten Forderungen sind bereits umgesetzt oder werden derzeit durch die Bundesregierung geprüft. Die Zustimmung zum Gemeinsamen Europäischen Asylsystem (GEAS), die u.a. eine Inhaftierung von Familien an den europäischen Außengrenzen bedeutet, ist bereits erfolgt. Und getrieben von diesen rassistischen Migrationsdebatten hat die Bundesregierung mit dem sogenannten Sicherheitspaket ein Maßnahmenbündel vorgelegt, das bisherige Forderungen rechtsextremer Kräfte wie der AfD aufnimmt und nicht nur einen massiven Eingriff in Grundrechte darstellt, sondern als Teil einer autoritären Wende demokratische Grundprinzipien angreift. Es enthält offensichtlich verfassungswidrige Sozialleistungskürzungen, die ein Aushungern bestimmter Geflüchtetengruppen bedeuten. Die aktuelle Debatte um Migration und Asyl wird auch nicht aus einem ernsthaften Sicherheitsinteresse geführt, sondern ist in erster Linie eine rassistische Scheindebatte, die von den wahren sozialen Problemen ablenken soll.

Statt sich mit den drängenden Herausforderungen wie explodierenden Mieten, Niedriglöhne, Alters- und Kinderarmut sowie Wohnungslosigkeit auseinanderzusetzen, deklarieren die Regierungs- und nahezu alle Oppositionsparteien Migration zum zentralen Problem. Statt die Verteilungsfrage als den Konflikt zwischen „oben“ und „unten“ zu benennen, wird er auf einen Kampf zwischen „innen“ und „außen“ verschoben und Geflüchtete und Menschen mit Migrationsgeschichte zum „außen“ deklariert und zu Sündenböcken für alles Übel gemacht. Der Rassismus, der diese Debatte durchzieht, ist kein Zufall. Er ist tief verwurzelt in einem System, das Reiche reicher und Arme ärmer macht. Der Staat benutzt rassistische Hetze, um von den wirklichen Problemen abzulenken: dem kaputten Wirtschaftssystem des Kapitalismus, das die Mehrheit der Menschen ausbeutet, während ein paar Wenige profitieren. Migration wird als Bedrohung inszeniert und so verhindert, den Fokus auf die immensen Ungerechtigkeiten und Ungleichheiten in unserer Gesellschaft zu legen und sie ernsthaft anzugehen.

Nicht Migration ist die Ursache für die sozialen Missstände in diesem Land – vielmehr ist es die verfehlte neoliberale Politik, die das Leben für viele Menschen zunehmend unerschwinglich macht. Diese Mobilisierung für eine gesellschaftliche Spaltung der Nichtprivilegierten nützt nur den Reichen und Mächtigen. Dabei ist offensichtlich: Die eigentliche Ursache für Armut und Elend ist das kapitalistische System, das systematisch den Profit über Menschenrechte stellt.

Keine Grenzzäune, keine Abschottungspolitik und keine Asylrechtsverschärfungen werden daran etwas ändern. Stattdessen führen diese Maßnahmen nur zu mehr Leid, indem sie Menschen auf immer gefährlichere Fluchtrouten treiben und sie kriminalisieren. Sie führen dazu, dass diejenigen, die es dennoch schaffen nach Deutschland zu fliehen, entrechtet und in Niedriglohnjobs ausgebeutet werden und nicht die Mittel haben, sich zur Wehr zu setzen.

Nahezu alle Parteien wie CDU, CSU, BSW, FDP und auch die Regierungsparteien SPD und Grüne haben in der Migrations- und Asylpolitik rechte Forderungen und Erzählungen übernommen und damit die AfD weiter gestärkt. Allein Die Linke hat im, Europaparlament, im Bundestag und den Landesparlamenten dagegengehalten.

Und das werden wir weiter tun. Wir gehen keinen Millimeter nach rechts. Wir dürfen es nicht zulassen, dass immer mehr Menschen mit Migrationsgeschichte sich in Deutschland nicht sicher fühlen und sich fragen, ob sie zu ihrem eigenen Schutz das Land verlassen sollen. In dieser historischen Zeit ist es wichtiger denn je, dass wir solidarisch bleiben und uns gegen diese rassistischen Migrationsdebatten stellen – an der Seite der Geflüchteten und Menschen mit Migrationsgeschichte und gemeinsam mit all denjenigen, die das genauso sehen. Dem Rechtsruck und den rassistischen Gesetzen und Debatten halten wir unsere Vision einer Einwanderungsgesellschaft, der gleichen Rechte und Chancen für alle Menschen proaktiv entgegen.

Wir streiten weiter für globale Bewegungsfreiheit, für die Aufnahme von Menschen in Not, für legale Fluchtwege und Aufnahmeprogramme, für den Zugang von Geflüchteten zu Wohnungen statt Massenunterbringung, für Unterricht in Regelschulen statt Containerschulen, für die Aufhebung aller Arbeitsverbote und vollständige Teilhabe.

Für Menschen mit unsicherem Aufenthaltsstatus fordern wir humanitäre Bleiberechts- und Legalisierungsregelungen. Teilhabe muss ab dem ersten Tag umfassend ermöglicht werden, was den Zugang zu Arbeit, Wohnen, Gesundheit, Bildung und sozialen Leistungen umfasst. Alle längerfristig in Deutschland lebenden Menschen müssen auf allen Ebenen ein Wahlrecht unabhängig vom deutschen Pass erhalten und die Einbürgerung muss endlich unabhängig vom Einkommen und sozialem Status möglich werden.

Gegen strukturelle und institutionelle Diskriminierung braucht es Partizipationsgesetze und eine umfassende Reform des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes, die auch öffentliches Handeln umfasst. Die sozialen Rechte und Arbeitsrechte Aller müssen gestärkt werden, damit der Ausbeutung gerade auch von Illegalisierten, Geflüchteten und Menschen mit Migrationsgeschichte Organisierung und Widerstand entgegengesetzt werden kann.

Die Linke muss noch stärker Teil dieser Gegenbewegung zum Kapitalismus und Rassismus sein.

Immer und überall werden wir uns klar gegen eine Politik der Ausgrenzung und Abschottung positionieren und den Kampf um die Deutungshoheit in der Migrationsdebatte führen. Auch werden wir weiter auf die Ursachen von Flucht und Migration hinweisen, die in Kolonialismus, Ausbeutung durch unfaire Handelsbeziehungen, kriegerische Interventionen, durch Klimaverschmutzung verursachten Klimawandel liegen und für die Deutschland und Europa Verantwortung tragen. Diese ungerechten Verhältnisse und die Fluchtursachen gehören bekämpft, aber niemals die Menschen, die deswegen zur Flucht gezwungen sind.

Angesichts der bevorstehenden Beschlüsse zum sogenannten „Sicherheitspaket“ und dem was noch folgen mag, ist es zwingend erforderlich, dass sich Die Linke nicht nur unmissverständlich gegen diese Angriffe auf die Grundrechte und Demokratie stellt, sondern auch gemeinsam mit progressiven Kräften auf der Straße, in den Betrieben, Einrichtungen und überall mobil macht.

Unsere Solidarität gilt den Schwächsten – und unser Ziel ist eine gerechte, soziale und offene Gesellschaft, die niemanden zurücklässt.

Wir nehmen dies zum Anlass, die klaren Haltungen unserer Partei in Zusammenarbeit mit unseren Fachpolitiker*innen im Bereich Asyl und Migration, den zuständigen Bundesarbeitsgemeinschaften sowie der Zivilgesellschaft und Verbänden in weitere Konzepte und praktische Vorschläge zu überführen.