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Menschen mit Migrationsgeschichte, Demokratie und Menschenrechte schützen – AfD-Verbot prüfen!

Resolution des Migrantischen Plenums des Bundesparteitags der Linken am 18.10.2024

Die AfD ist die gefährlichste Partei Deutschlands. Sie hat bereits planvoll und in  Zusammenarbeit mit der außerparlamentarischen Rechten den Diskurs in Deutschland verschoben. Sie treibt die anderen Parteien vor sich her, die zunehmend Positionen der AfD so oder abgemildert übernehmen. Aus der Vergangenheit wissen wir: Rechtsradikale Diskurse und rassistische Hetze münden in tätliche, potenziell tödliche Gewalt. So meldet der Verband der Beratungsstellen für Betroffene rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt e.V. für 2023 einen Anstieg rassistischer Angriffe um 33 Prozent.

Die AfD ist nicht nur über den politischen Diskurs mittelbar für rassistische Hetze und Gewalt mitverantwortlich. Sie fordert diese auch programmatisch, durch zahlreiche Aussagen ihrer Vertreter*innen und deren Beteiligung an Umsetzungsplänen direkt.

Die Recherchen des Medienhauses CORRECTIV zu einem geheimen Treffen am 25. November 2023 in Potsdam legten für eine große Mehrheit offen, wovor antifaschistisch Aktive schon alnge warten: Die AfD plant mit Beteiligung anderer extrem rechter Akteure die massenhafte und systematische Vertreibung und Deportation von Menschen mit Migrationsgeschichte und migrantisierten Menschen mit rechtlichen Mitteln, durch Rechtsbruch bis hin zu Gewalt. Der AfD-Fraktionsvorsitzende Sachsen-Anhalt, Ulrich Siegmund forderte beispielsweise auf dem Geheimtreffen, dass sich das Straßenbild ändern und ausländische Restaurants unter Druck gesetzt werden müssten. Es solle in Sachsen-Anhalt „für dieses Klientel möglichst unattraktiv sein zu leben“. Das ist nichts anderes als eine unverhohlene Gewaltandrohung, und die Liste ließe sich fortsetzen. Klar ist, die AfD ist der parlamentarische Arm der extrem Rechten, sie arbeitet mit Neonazis und neurechten Netzwerken eng zusammen, beschäftigt allein im Bundestag über 100 Rechtsradikale und erhält für all das auch noch Steuergelder, 11 Millionen Euro in 2022, plus Parteispenden.

Das Institut für Menschenrechte stellte schon vor über einem Jahr in einer verfassungsrechtlichen Studie fest, dass die AfD grundgesetzliche Prinzipien wie die Menschenwürde missachte, eine völkisch-nationalistische Grundausrichtung habe und in ihren Programmen und ihrem Handeln rassistisch und menschenverachtend sei. Der offiziell aufgelöste „Flügel“, dem laut VG Berlin bis zu 10.000 Mitglieder rund um den Faschisten Höcke, zugerechnet werden, dominiert inzwischen klar die Partei. Das OVG Münster hat deshalb in seinem Urteil vom 13. Mai über die AfD geurteilt: „Es liegen konkrete und hinreichend verdichtete Anhaltspunkte dafür vor, dass nach dem politischen Konzept der Klägerin jedenfalls Flüchtlingen und anderen Zuwanderern, deutschen Staatsangehörigen mit Migrationshintergrund und deutschen und ausländischen Staatsangehörigen islamischen Glaubens die Anerkennung als gleichberechtigte Mitglieder der rechtlich verfassten Gemeinschaft versagt werden soll.“[1] (S. 58/59). Dies verletze die egalitäre Menschenwürde, wie sie im Grundgesetz verankert ist.

Die Konkretion der Deportationspläne hat viele Menschen in Deutschland erschüttert, Millionen waren auf den Straßen um sich für Menschenrechte und gegen Rechts zu positionieren. Inzwischen sind die Demos aber abgeflaut, Geflüchtetenrechte werden in rasendem Tempo abgebaut und die AfD erzielt Wahrerfolge wie nie zuvor. Eine weitere Dokumentation von Recherche-Nord und taz, die im September ein gemeinsames Treffen von AfDlern und Neonazis zur Planung einer rechtsradikalen Revolution offenlegte, fand kaum noch öffentliche Aufmerksamkeit. Der Beschluss des Bremischen Landtages, ein AfD-Verbot prüfen zu wollen[2], ist auf Bundesratsebene noch nicht durch weitere Bundesländer aufgegriffen worden, obwohl  in Landtagen wie im Abgeordnetenhaus von Berlin entsprechende Anträge der demokratischen Opposition von Linken und Grünen vorliegen. BIPOCs in Deutschland bekommen so den Eindruck, dass die AfD machen kann, was sie will. Dass rassistische Hetze und verfassungsfeindliche Propaganda ohne Konsequenzen bleibt und normalisiert wird. Dass Angriffe zunehmen und man politisch – und nicht selten auch in der konkreten eigenen Sicherheit – schutzlos ist.

Das Gerede von der Brandmauer und die AfD politisch stellen zu wollen ist eine Schimäre, wenn gleichzeitig insbesondere die Union, aber auch die Ampelparteien Forderungen der AfD ganz oder teilweise übernehmen. Die Union mit ihrem rassistischen, armen- und frauenfeindlichen Vorsitzenden und Kanzlerkandidaten ist klar im radikalisierten Konservatismus zu verorten (vgl. Natascha Strobl), und auch Positionen von FDP, SPD und Grünen wären so vor einigen Jahren undenkbar. Diese Parteien kann man von ihrer Verantwortung nicht freisprechen, aber ohne die AfD wäre es zu diesem Ausmaß an Diskursverschiebung nicht gekommen.

Gestern haben Bundestagsabgeordnete aus der Linken, SPD, Grünen, CDU und SSW einen Antrag veröffentlicht, der einen Bundestagsbeschluss herbeiführen soll, ein AfD-Verbot beim Bundesverfassungsgericht zu beantragen[3]. Über ein Parteiverbot nach Artikel 21 Abs. 2 des Grundgesetzes kann nur das Bundesverfassungsgericht entscheiden, antragsberechtigt sind nur Bundestag, Bundesrat und Bundesregierung. Letztere wird diesen Schritt sicher nicht vornehmen, und auch im Bundesrat zeichnet sich bisher nicht ansatzweise eine Mehrheit ab.

Diese parteiübergreifende Initiative der Bundestagsabgeordneten ist deshalb von enormer Bedeutung. Für von Rassismus Betroffene, die mehr als andere unmittelbar auf den Schutz ihrer verfassungsgemäßen Rechte angewiesen sind, ist sie ein existenzieller Hoffnungsschimmer. Die Forderung der Bundestagsabgeordneten greift auf, was viele gesellschaftliche Initiativen und Antifaschist*innen fordern.

Wissend um die politischen Risiken, verfassungsrechtlichen Grenzen und antikommunistischen Historie von Parteiverbotsverfahren überwiegt für uns die Verantwortung gegenüber Schwarzen und migrantisierten Deutschen, Schutzsuchenden, Menschen mit Migrationsgeschichte, Muslim*innen, Jüd*innen, Armutsbetroffenen und prekär Beschäftigten, Gewerkschafter*innen, Frauen, queeren Menschen, Menschen mit Behinderungen und allen weiteren, die von der AfD bedroht sind. Das Grundgesetz enthält als historische Lehre aus dem Holocaust die Möglichkeit (und das Gebot), verfassungsfeindliche Parteien zu verbieten. Entgegen konservativen Annahmen ist die gesellschaftliche Mitte in Deutschland nicht immun gegen Faschismus, wie zuletzt die AfD-Wahlerfolge in Thüringen, Sachsen und Brandenburg gezeigt haben. Die Normalisierung rechtsradikaler Einstellungen lässt sich nicht einfach verbieten- der Kampf um die Köpfe muss auch politisch geführt werden. Es gibt historische Kipppunkte, nach denen es kein Zurück mehr von Autoritarismus und Faschisierung gibt. Demokratie und grundgesetzlich verbriefte Menschenrechte sind kein Automatismus, sie können ausgehöhlt und unterwandert werden. Die AfD tut das planvoll und hat das Potenzial, ihre Pläne umzusetzen. Deswegen müssen wir handeln, bevor es zu spät ist.

 

Wir, das migrantische Plenum des Bundesparteitages der Linken in Halle, sprechen uns für ein Verbotsverfahren gegen die AfD aus. Wir fordern die Gremien, Amts- und Mandatsträger*innen dazu auf, entsprechende Initiativen zu unterstützen. 

Wir fordern sie dazu auf, sich in antifaschistischen Bündnissen vor Ort zu engagieren, diese mit aller Kraft zu fördern und zu stärken und die AfD politisch zu bekämpfen.