LINKE Feministische Forderungen in Zeiten der COVID-19-Pandemie
Eine feministische Resolution an den Bundesparteitag der LINKEN
Einreichende: Feministische Offensive der LINKEN
Steigende Armut, anwachsende Klimaextreme und Umweltverschmutzung, rassistischer Terror, anhaltender Sexismus bei festgefahrenen Ungleichbehandlungen der Geschlechter – all das gilt es anzupacken und zu ändern. Ein System, das einseitig Profitinteressen in den Vordergrund stellt, bietet keine Lösungen an. Die hinzugekommene Covid-19-Pandemie verdeutlicht, auf was es wirklich ankommt.
Die Krise trifft die Ärmsten, die schon vor der Pandemie nicht wussten, wie die Rechnungen bezahlt werden sollen. Sie trifft all jene besonders, die in system- und lebensrelevanten Berufen gerade in Zeiten einer Pandemie Überstunden kloppen – und am Ende doch mit mageren Gehältern nach Hause gehen. Die Krise trifft jene, die tagtäglich versuchen, Erwerbsarbeit und unbezahlte Pflege- und Sorgeverpflichtungen unter einen Hut zu bekommen oder jene, die fliehen mussten, vor Gewalt in der Beziehung oder aus dem eigenen Herkunftsland. Und sie trifft auch die, die nach wie vor um ihre körperliche Selbstbestimmung und für eine umfassende Gesundheitsversorgung kämpfen. Jene, das sind in übergroßer Zahl Frauen. Viele haben Existenzängste oder sind überfordert – aber nicht erst seit der Pandemie. Krisen verschärfen bereits existierende Missstände.
Frauen sind in den systemrelevanten Versorgungsbereichen wie (Lebensmittel-)Handel und im Gesundheitsbereich oder im Homeoffice unabkömmlich, die Öffentliche Versorgungslücke ist jedoch insbesondere auf ihren Rücken abgeladen worden. Mehrheitlich tragen sie wegen fehlender gleichberechtigter Aufgabenverteilung die Mehrfachbelastungen alleine, während sie mit geringerer Bewertung und Bezahlung ihrer Arbeit und Altersarmut konfrontiert sind.
Es ist anzunehmen, dass die wirtschaftlichen Folgen der Covid-19-Pandemie Frauen unzumutbare Härten abverlangen werden, zusätzlich zu den bekannten.
1. Armut überwinden – konsequent feministisch
- Wer hat, der gibt: Vermögensabgaben und -steuern zur Krisenbewältigung.
- Eine armutsfeste und sanktionsfreie Mindestsicherung sowie eine solidarische Mindestrente. Rentenlücke zwischen den Geschlechtern (Gender Pension Gap) schließen.
- Aufstockung des Kurzarbeitsgeldes auf 90 Prozent sowie dessen diskriminierungsfreie Gestaltung (Streichung der Steuerklasse V und die Berechnung aller Lohnersatzleistungen nach Steuerklasse I bzw. IV).
- Lohnfortzahlungen für Familien mit Kindern, insbesondere Alleinerziehende, sowie für Menschen, die privat Pflegearbeit leisten, im Falle eines Lockdowns bzw. einer Quarantäne.
- Überprüfung tariflicher Eingruppierung auf systematische Schlechterstellung von Frauen. Lohnlücke zwischen den Geschlechtern (Gender Pay Gap) schließen.
- Geschlechtssensible Überprüfung von finanzielle Hilfsmaßnahmen, wie zum Beispiel der Konjunkturpakete, der Sozialeinrichtungen und Unterstützungsleistungen (Gender Budgeting).
- Bereitstellung von finanziellen Mitteln für die Länder zur Schaffung von Notunterkünften für Wohnungs- und Obdachlose, bedarfsgerecht auch für besonders verletzbare Gruppen wie Frauen und LSBTIQ*.
- Ausbau barrierefreier digitaler Angebote in Schulen und öffentliche Einrichtungen sowie eine Ausstattung aller Familien mit schulpflichtigen Kindern mit mobilen Endgeräten.
2. Geschlechtsspezifische Gewalt bekämpfen
- Konsequente Umsetzung der Istanbul-Konvention (Übereinkommen zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt).
- Ausbau und finanzielle Absicherung der Gewaltschutzhilfen unter Berücksichtigung von digitaler Gewalt, bedarfsgerecht auch für besonders verletzbare Gruppen, wie zum Beispiel geflüchtete Frauen und LSBTIQ*.
- Bereitstellung zusätzlicher Notunterbringungsplätze für Betroffene von Gewalt.
- Ausbau von barrierefreien und mehrsprachigen Hilfsangeboten, sowohl vor Ort als auch digital.
3. Eine Gesundheitsversorgung für alle und körperliche Selbstbestimmung
- Solidarische Gesundheits- und Pflegeversicherung – Gesundheit in öffentliche Hand.
- Diskriminierungs- und barrierefreie Gesundheitsversorgung sicherstellen, mit besonderem Fokus auf die Bedürfnisse von Menschen mit Behinderungen und chronischen Erkrankungen, Menschen mit Rassismus- und Fluchterfahrungen sowie LSBTIQ*.
- Schwangerschaftsabbrüche legalisieren und diesbezügliche Rechtsnormen raus aus dem Strafgesetzbuch.
- Bundesweite Versorgung von Schwangerschaftsabbrüchen gewährleisten sowie Informationen barrierefrei und mehrsprachig bereitstellen.
- Kostenübernahme von Verhütungsmitteln und Schwangerschaftsabbrüchen durch die Krankenkassen.
- Geburtsbegleitung durch eine Person der Wahl auch in Zeiten einer Pandemie ermöglichen.
- Dezentrale Unterbringung statt Massenunterkünfte für Geflüchtete.
4. Massive Aufwertung der professionellen Sorgearbeit und aller lebensrelevanten Berufe sowie eine gesellschaftliche Umverteilung der unbezahlten Sorgearbeit
- Mehr Zeit zum Leben: Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohn- und Personalausgleich.
- Pflegenotstand stoppen: Löhne hoch, Einführung verbindlicher, tatsächlich arbeitsentlastender
- Personalbemessungszahlen für alle Bereiche der Krankenhäuser sowie der Pflege.
- Sozial- und Erziehungsbereich aufwerten: Löhne hoch, Qualität verbessern, mehr Personal und bessere Arbeitsbedingungen.
- Unbezahlte Sorgearbeit gerecht zwischen den Geschlechtern verteilen (Gender Care Gap beenden).
- Gefahrenzulagen und ausreichende Ausstattung für Gesundheitsschutz.
5. Das soziale Miteinander stärken
- Investitionspflicht: Schuldenbremse überall streichen.
- Lokale (Hilfs-)Projekte finanziell und institutionell absichern, um der Vereinsamung und Vereinzelung in Zeiten der Pandemie entgegenzusteuern.
- Förderung und Ausbau gemeinnütziger und öffentlicher Räume in Stadtteilen und Dörfern zum Zusammenkommen in Corona Zeiten, wenn das eigene Wohnzimmer zu klein ist.
Wir wollen kein Zurück in die alte Normalität – wir können eine bessere Zukunft für alle schaffen. Her mit dem ganzen Leben: Brot und Rosen!