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Sofortinformation des Parteivorstandes

Sitzung am 6. November 2021

Liebe Genossinnen und Genossen,

der Parteivorstand traf sich zu seiner Sitzung, während die Koalitionsgespräche laufen. Die

Verhandlungen zur Bildung der Ampel-Koalition verlaufen zäh. Was durchsickert zeigt, dass – wenn

man die Reichen nicht an der Finanzierung der anstehenden Aufgaben beteiligt – kein tragfähiger

Spielraum für die sozial-ökologische Modernisierung und Transformation des Landes besteht.

DIE LINKE lehnt die in den Ampelverhandlungen von FDP und Grünen geforderte Trennung von Netz

und Betrieb bei der Deutschen Bahn mit dem Ziel von mehr Wettbewerb ab. Statt die notwendige

Verkehrswende voranzubringen, wird Axt an das Bahnsystem gelegt. Denn eine solche Trennung wird

die Bahn weder zuverlässiger, kostengünstiger, bürgerfreundlicher und auch nicht ökologischer

machen. Wir fordern eine Bahnreform. Die DB-AG muss in eine gemeinnützige Gesellschaftsform

überführt und ihr Unternehmensauftrag am Gemeinwohl orientiert werden. Wir orientieren uns

dabei am Erfolgsmodell der Schweizerischen Bundesbahnen, die vom Parlament vorgegebene

verkehrliche Ziele verfolgt und beispielsweise bezogen auf die Verkehrsleistungen doppelt so

effizient wie das privatisierte britische Bahnsystem. Notwendig sind umfangreiche Investitionen in

die Deutsche Bahn – in das Netz, die Wiederinbetriebnahme stillgelegter Strecken in der Fläche, in

die Erweiterung des Fuhrparks. Nur so kann die Verkehrswende gelingen. Dies ist der Kernpunkt

unseres Beschlusses zur drohenden Aufspaltung der Deutschen Bahn AG.

Zur weiteren Auswertung der Wahlergebnisse begrü.ten wir Prof. Dr. Klaus Dörre und Stefan Hebel

in unserer Runde. Beide gaben uns ihre Sicht auf die gesellschaftliche Situation und die Situation

unserer Partei nach der Bundestagswahl wieder. Im Wahlkampf habe – so Klaus Dörre - die LINKE

nicht mit einer Stimme gesprochen und erschien in Zeiten, wo die Leute seriöse Haltegriffe suchen

mit ihrer Zerstrittenheit als eine unseriöse Option. Die LINKE müsse nun all diejenigen sammeln, die

die Nachhaltigkeitsrevolution – als soziale und ökologische Antwort auf die kapitalistische

Wirtschaftsweise - umsetzen wollen. Außerdem schlug Dörre vor, dass man Oppositionsarbeit auf

der Grundlage der 17 Nachhaltigkeitskriterien (SDG) qualifizieren könnte. Klaus Dörre sieht mit der

Ampel die Gefahr eines modifizierten „Weiter so“ - anstehende Probleme wolle man technisiert und

marktgläubig lösen. Letzteres betitelte Stefan Hebel in seinem Beitrag als „GroKo mit anderen

Farben“. Er stellte einen Zusammenhang zwischen dem inhaltlich insgesamt schwachen Wahlkampf

und der – durch das Mantra „Alternativlosigkeit“ – Lähmung der politischen Debatte her.

Gesamtgesellschaftlich würden Visionen und Alternativen nicht diskutiert werden, so dass am Ende

eine Ideologie des Pragmatismus übrig bleiben würde. Hebel schlug unter dem Slogan „Emanzipation

ist unteilbar“ vor, dass die LINKE gleichzeitig utopischer und realistischer werden müsse. LINKE Politik

müsse nicht nur Menschen zusammenführen, sondern gleichzeitig auch Freude machen. So sei eine

LINKE auch wieder eine attraktive Option.

In der anschließenden Diskussion gab es zahlreiche Blickwinkel auf das Thema. Es wurde der

Charakter unserer Partei als einer sozialistischen Sammlungsbewegung hervorgehoben. Diese müsse

einen Positionskorridor bilden, die eine Richtung mit verschiedenen Meinungen aufzeigen, die sich

aber nicht grundsätzlich widersprechen sollten. DIE LINKE solle die Partei der sozialen Garantien in

Zeiten der Transformation sein. Insofern bedürfe es einer Erneuerung unseres Gründungskonsenses,

der Aufklärung verpflichtet. Kritisch wurde die „Rückbesinnung“ auf Themen unserer

Gründungsphase betrachtet. Vielmehr müsse unsere Partei offensive Positionen im anstehenden

Transformationsprozess einnehmen.

Im Anschluss daran stellte ich die aktuellen Schritte der weiteren Auswertung des Wahlergebnisses

vor. Eine Befragung der Mitglieder ist hier vorgesehen, ebenso Treffen mit innerparteilichen

Strukturen, Teilnahme an regionalen Auswertungsrunden etc. Hinzu kommt, dass die Vorsitzenden

zur nächsten PV-Sitzung einen ersten Vorschlag für die strategische Planung vorlegen werden. Der

Parteivorstand begrü.te Überlegungen für eine Studie zum Wahlausgang, so dass vorliegende

Anträge für erledigt erklärt wurden.

In der allgemeinen Verständigung sprachen wir über die Konstituierung des Bundestags und unserer

Fraktion. Amira Mohamed Ali und Dietmar Bartsch wurden als Fraktionsvorsitzende und Jan Korte als

Fraktionsgesch.ftsführer gewählt. In Mecklenburg-Vorpommern und Berlin laufen die

Koalitionsverhandlungen noch. Bodo Ramelow ist derzeit der amtierende Bundesratspräsident. Zur

öffentlichen Diskussion um die Bezirksbürgermeisterwahl in Berlin-Pankow wurde nochmal darauf

hingewiesen, dass ohne vorherige Zusagen der demokratischen Parteien Sören Benn nie angetreten

wäre. Die nachfolgenden Interpretationen und Falschinformationen weisen wir zurück.

Der Klimagipfel in Glasgow müsste Beginn des radikalen Umsteuerns sein. Einen gleichnamigen

Antrag beschloss der PV und fordert u.a. eine Reduktion der Emissionen um mindestens 80 Prozent

im Vergleich zu 1990 bis zum Jahr 2030, eine soziale und ökologische Verkehrswende stärken und

den Kohleausstieg bis 2030 möglich machen. Das Ziel muss im novellierten Klimaschutzgesetz

festgeschrieben werden. Dieses muss die kommende Bundesregierung innerhalb der ersten 100 Tage

vorlegen. Flankiert werden soll das mit einem konkreten Maßnahmenplan, wie die Umsetzung der

Klimaziele gleichzeitig sozial abgefedert und gerecht finanziert werden können. Hier fordern wir

Mindestbestandteile wie ein kostengünstiges/kostenfreies Grundkontingent für Strom und

Heizkosten, die Abschaffung der Pendlerpauschale und die Einführung eines Mobilitätsgelds für alle

sowie die komplette Übernahme des CO2-Preises für das Heizen durch die Vermieter.

Vor dem Hintergrund der explodierenden Corona-Infektionszahlen beschlossen wir den Antrag

"Solidarität hilft: Gesundheit vor Profite!". Darin fordern wir, die kostenlose Test-Infrastruktur sofort

wieder in Kraft gesetzt werden muss. Testen, Testen, Testen ist muss bleiben - auch für Geimpfte.

Gesundheitsschutz darf keine Frage des Geldes sein. Nicht die Beschäftigten, sondern Staat und

Arbeitgeber sind in der Verantwortung, für Sicherheit am Arbeitsplatz zu sorgen. Die Arbeitgeber

müssen nachweisen, dass der Gesundheitsschutz in der Pandemie umgesetzt ist. Sie müssen

verpflichtendes Tests am Arbeitsplatz zur Verfügung stellen. Die Beschäftigten haben, wo möglich,

ein Recht auf Homeoffice. Lohnersatzleistungen müssen wieder für alle Menschen in Quarantäne

gelten! Die Arbeitgeber müssen verpflichtet werden, ihren Beschäftigten – z.B. über die Betriebsärzte

– proaktiv ein Impfangebot, auch für Boosterimpfungen, zu unterbreiten.

Anträge zur Senior*innenpolitik, zur Prozessbeobachtung HDP und zur Unterstützung der Proteste

gegen den AfD-Parteitag wurden einstimmig beschlossen.

Die Informationsvorlage zur Mitgliederentwicklung wurde erfreut zur Kenntnis genommen. Die

Gesamtmitgliederzahl zum 30.09.2021 betrug 61.243. Das Durchschnittsalter lag bei 52,60 Jahren,

der Frauenanteil bei 36,6%. DIE LINKE verzeichnete im 3. Quartal 2021 einen Anstieg der

Mitgliederzahlen (+1.444/+2,4%). Neue Mitglieder konnten im 3. Quartal 2021 insgesamt 2.664

gewonnen werden, von diesen waren 36% weiblich und 76,31% jünger als 36 Jahre. Die Anzahl der

Eintritte hat damit gegenüber dem vorherigen Quartal (1168) um 1.496 zugenommen.

Die Vorlage Satzungskommission wurde zur Kenntnis genommen.

Die beiden vom Februar-Parteitag überwiesenen Anträge zu Lateinamerika und zu Palästina wurden

an die Internationale Kommission überwiesen. Der vom Juni-Parteitag überwiesene Antrag zur

Mitgliederzeitung wurde zurückgestellt. Der vom Juni-Parteitag überwiesene Antrag „Leitantrag oder

Leidantrag“ wurde in gekürzter Fassung einstimmig beschlossen.

Außerdem informierte ich über die Situation der LINKEN im Saarland in Vorbereitung der

Landtagswahl 2022.

 

Mit solidarischen Grü.en

Jörg Schindler

 

Beschlüsse: www.die-linke.de/partei/parteistruktur/parteivorstand/2020-2022/beschluesse/