Sitzung vom 30. November 2021
Liebe Genossinnen und Genossen,
vor dem Hintergrund der hohen Corona-Zahlen traf sich der Parteivorstand zur Diskussion möglicher Maßnahmen. Dr. Cihan Celik gab uns einen Überblick über die aktuelle Situation innerhalb der vierten Welle. Auf Basis der Wochenberichte des RKI zeigte er Entwicklungen, Gemeinsamkeiten und Unterschiede zu den vorhergehenden Wellen. Auch wenn der Impfschutz mit der Zeit etwas nachlasse, zeigen die Zahlen gleichzeitig, dass eine Impfung stabil vor Hospitalisierung, schwerem Krankheitsverlauf und Tod schützt. Ebenso sprach er über die angespannte Situation in den Krankenhäusern, die u.a. durch Personalnotstand geprägt ist. Aber auch die gesellschaftlichen Diskussionen u.a. zum Impfen finden ihren Weg in die Krankenhäuser und führen zu hitzigen Debatten mit Patient/innen. Die Perspektive sieht er – bei Achtsamkeit, geschlossenen Impflücken etc. – darin, dass man Covid als gefährliche Infektionserkrankung für Risikogruppen anerkennen muss. Jedoch wird die Gesellschaft einen Umgang ohne gesellschaftliche Einschränkungen finden können.
Für den Facharzt für Allgemeinmedizin, Kai Uwe Helmers, ist auch die Covid-Pandemie eine Klassenfrage. Je ärmer, desto höher die Wahrscheinlichkeit von Ansteckungen. In Hamburg organisiert er öffentliche Impfaktionen u.a. in Parteibüros der LINKEN. Helmers sieht Impfungen, Masken etc. als Akt der Solidarität für andere. Eine Impfpflicht sieht er u.a. als Arbeitsschutz, da die Beschäftigten im Gesundheitssektor ein extrem hohes Risiko für Ansteckungen haben. „Auf dem Bau trägt ja auch jeder einen Helm“. Bezogen auf Schulen plädierte er u.a. für Impfmaßnahmen in Schulen, um dort – das zeigen die aktuellen Zahlen des RKI – die Inzidenz-zahlen zu senken.
Ein drittes Statement machte Claudia Bernhard, Gesundheitssenatorin in Bremen. Die Hansestadt hat die bundesweit höchste Impfquote. Sie stellte dar, dass sie sehr früh damit angefangen haben, die Menschen persönlich anzusprechen, Stadtteilarbeit zu machen, Communities einzubinden, Sprachprobleme überbrücken, Impftrucks losschicken. Eine Impfpflicht sieht sie skeptisch, da es noch viele Punkte zur Steigerung der Impfquote gibt, die noch nicht ausgereizt wurden: Strukturen seien bundesweit längst nicht ausreichend genutzt, es gibt einen Impfstoffmangel etc. Wichtig ist ihr auch, dass sie soziale Brennpunkte aktiv im Blick behalten und mit einbeziehen.
Für Thüringen beschrieb die Landesvorsitzende Ulrike Grosse-Röthig ähnliche, umfangreiche Aktivitäten. Jedoch wies sie darauf hin, dass sie einen großen, harten Kern von Impfgegnern in Thüringen haben, der teilweise aggressiv mobilisiert. Das ist der Grund, weswegen sich der Landesparteitag für eine bundesweite Impfpflicht aussprach.
In der weiteren Debatte wurde sich dem Thema von sehr unterschiedlichen Seiten genähert. So seien mildere Mittel zur Steigerung der Impfquote noch nicht ausgeschöpft, die Debatte um eine Impfpflicht ist eine Ablenkung vom Politikversagen, der exekutiver Druck der jüngeren Zeit führe bereits zu höheren Impfquoten. Alle Mitglieder des Parteivorstandes waren umfassend einig darüber, dass die Bundesregierung in der Bekämpfung der Corona-Pandemie massiv versagt hat. Unsere Alternativen für die
Eindämmung der 4. Welle sind klar: Wiedereröffnung der Impfzentren, schnelle Impfangebote, auch aufsuchend und zielgruppenbezogen, Ausbau und endlich Ausfinanzierung des Gesundheitssystems, angemessene Bezahlung der Pflegekräfte, nicht zuletzt internationale Solidarität bei der Bekämpfung der Pandemie. Deshalb müssen die Impfstoffpatente umgehend freigegeben werden. Kontrovers wurde durch die Mitglieder die Frage beantwortet, ob auch für mögliche weitere Wellen eine allgemeine Impfpflicht befürwortet werden sollte. Letztlich sprach sich der Parteivorstand mit einer Mehrheit dafür aus, dies als ultima ratio in unseren Maßnahmenkatalog aufzunehmen, der insgesamt mit breiter Mehrheit beschlossen wurde.
Mit solidarischen Grüßen
Jörg Schindler