Keine Zerschlagung der DB – für eine integrierte Bürgerbahn
Beschluss des Parteivorstandes vom 6. November 2021
DIE LINKE lehnt die in den Ampelverhandlungen von FDP und Grünen geforderte Trennung von Netz und Betrieb bei der Deutschen Bahn mit dem Ziel von mehr Wettbewerb ab. Statt die notwendige Verkehrswende voranzubringen, legen sie damit eine Axt an das Bahnsystems. Denn eine solche Trennung wird die Bahn weder zuverlässiger, kostengünstiger, bürgerfreundlicher und auch nicht ökologischer machen. Im Gegenteil: Die Erfahrungen anderer Länder wie Großbritannien zeigen die negativen Folgen eines privatisierten und auf Wettbewerb ausgerichteten Bahnsystems. Aus gutem Grund wurde in Frankreich vor einigen Jahren die ausgegliederte Infrastruktur wieder in die staatliche Eisenbahngesellschaft zurückgeführt.
Die Bahn ist ein komplexes System, das eine enge Abstimmung und Kooperation zwischen Netz und Betrieb erfordert. Eine integrierte Planung von Netz und Betrieb ist eine wichtige Bedingung für ein funktionierendes Bahnsystem. Bei einer Trennung von Netz und Betrieb aber wird jedes Teilunternehmen versuchen sein eigenes Betriebsergebnis zu optimieren – auch wenn dies auf Kosten anderer Bereiche geht. Ein integrierter Konzern schafft dagegen die Möglichkeit einer gesamtwirtschaftlichen Betrachtung über die einzelnen Unternehmensbereiche hinweg. So kann eine Bahnverbindung isoliert betrachtet unwirtschaftlich, aber aufgrund ihrer Netzwirkung unter gesamtwirtschaftlichen Gesichtspunkten notwendig und sinnvoll sein. Private Bahnen jedoch werden eine Strecke nur betreiben, wenn es betriebswirtschaftlich rentabel ist. So hat Flixtrain seinen Betrieb in der Pandemie eingestellt. Wettbewerb auf der Schiene erzeugt zudem unwirtschaftliche Parallelstrukturen z.B. bei der Verwaltung und der Instandhaltung. Wettbewerb durch Ausschreibungen ist mit hohen Transaktionskosten verbunden und führt zu einem Monopol auf Zeit, das politisch nicht mehr kontrollierbar ist. Nicht erfüllte vertragliche Leistungen werden häufig mit Strafzahlungen abgegolten, eine Verbesserung der Leistung ist damit meist nicht verbunden. Wettbewerb auf der Schiene führt nicht nur zu schlechteren Leistungen für die Fahrgäste, er geht auch zu Lasten der Beschäftigten. Private Eisenbahnunternehmen zahlen in der Regel schlechtere Tarife und haben oft schlechtere Arbeitsbedingungen. Aus all diesen Gründen lehnt DIE LINKE eine Wettbewerbsorientierung in der Bahnpolitik ab.
DIE LINKE fordert eine neue Bahnreform. Mit der neoliberalen Bahnreform von 1994 wurde die DB in eine profitorientierte Aktiengesellschaft umgewandelt. Im Gefolge wurden im Konzern eine Vielzahl von eigenwirtschaftlich arbeitenden Unternehmenseinheiten im Konzern gebildet. Die bei einer Trennung von Netz und Betrieb bestehenden Probleme bestehe heute teilweise schon im Konzern. Als Aktiengesellschaft muss sie sich primär am Profit orientieren. Die DB-AG muss deshalb in eine gemeinnützige Gesellschaftsform überführt und ihr Unternehmensauftrag am Gemeinwohl orientiert werden. Wir orientieren uns dabei am Erfolgsmodell der Schweizerischen Bundesbahnen (SBB). Sie verfolgt vom Parlament vorgegebene verkehrliche Ziele, ist ein Unternehmen, in dem Netz und Betrieb integriert sind, hat ein dicht getaktetes Verkehrsangebot bei hoher Qualität und Pünktlichkeit und ist bezogen auf die Verkehrsleistungen doppelt so effizient wie das privatisierte britische Bahnsystem. Notwendig sind umfangreiche Investitionen in die Bahn – in das Netz, die Wiederinbetriebnahme stillgelegter Strecken in der Fläche, in die Erweiterung des Fuhrparks. Nur so kann die Verkehrswende gelingen.
Auch hier zeigt die Schweiz wie es anders geht: Während 2020 in Deutschland pro Kopf lediglich 88 Euro in die Schieneninfrastruktur investiert wurde waren es in der Schweiz 440 Euro.