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Beschluss 2023/366

Kindergrundsicherung

Beschluss der Parteivorstandsberatung

Die Bundesregierung wird selbst immer mehr zur Blockade für den sozialen und ökologischen Fortschritt. Zentrale Reformprojekte ihres eigenen Koalitionsvertrages, wie z. B. die Kindergrundsicherung, werden nicht umgesetzt, weil SPD & Grüne der FDP offenbar die finanzpolitische Richtlinienkompetenz zugestehen. Ihr Festhalten an der „Schuldenbremse“ verhindert gute Jobs, Klimawende und einen funktionsfähigen Sozialstaat. Der massive Aufrüstungskurs in Folge der „Zeitenwende“ entzieht dem Sozialetat zugleich weitere Mittel. Die Ampel setzt die falschen Prioritäten und investiert lieber in Panzer statt in Kinder. So wird der soziale Zusammenhalt zugunsten eines Konjunkturprogramms für die Rüstungsindustrie aufs Spiel gesetzt - dabei hat die NATO längst mit Abstand die höchsten Rüstungsausgaben weltweit. Diese Prioritätensetzung der Ampel ist ein fataler Fehler - und bedeutet eine schwere Hypothek für unsere Zukunft.

Vorübergehend wurde die Preiskrise durch die Aussetzung der „Schuldenbremse“ und damit einhergehenden Entlastungen seitens der Bundesregierung zumindest etwas gedämpft. Doch jetzt soll die Sparpolitik wieder greifen, während Steuererhöhungen für Multimillionäre und Milliardäre ausgeschlossen werden - und die Inflation hoch bleiben und die Krisen weiter zu eskalieren drohen. Nicht einmal die Krisenprofiteure werden ordentlich zur Kasse gezogen, obwohl sie oft astronomische Gewinne eingefahren haben. Die Ampel schützt sogar Krisengewinner, indem vergangene Zufallsgewinne auf dem Strommarkt unangetastet und Übergewinne auf dem restlichen Energiemarkt viel zu gering besteuert werden. Diese Gewinne landen (direkt oder indirekt) wieder bei den Superreichen. Das macht ihre ordentliche Besteuerung durch eine umfassende Steuerreform samt Vermögensteuer und wirksamer Erbschaftsteuer umso wichtiger. Solch eine Politik würde nicht nur die eskalierende Ungleichheit reduzieren, sie würde auch den finanziellen Spielraum des Staates erweitern. Das wäre die Voraussetzung für die Einlösung des Wahlversprechens „mehr sozialer Gerechtigkeit“ von SPD und Grünen. 

Eine Zeitenwende für Gerechtigkeit ist nötig - und möglich. Die Bundesregierung, und insbesondere der Bundeskanzler, muss die Einführung der Kindergrundsicherung jetzt ganz nach oben auf die Tagesordnung setzen, damit dem Skandal der Kinderarmut in Deutschland endlich angemessen begegnet wird. Mittlerweile ist jedes fünfte Kind von Armut betroffen. Die Bundesregierung darf nicht weiter wegschauen.

Wir schlagen eine Kindergrundsicherung vor, die hält, was die Grünen bislang nur versprechen - nämlich Kinderarmut tatsächlich zu bekämpfen. Dazu wollen wir das Kindergeld für alle Kinder auf 328 Euro monatlich erhöhen. Von dieser „1. Säule“ unserer Kindergrundsicherung profitieren alle Familien. Kinder aus armen Familien erhalten dann zusätzlich einen Zuschlag. Diese „2. Säule“ unserer Kindergrundsicherung richtet sich an Kinder, deren Eltern auf den Bezug von „Bürgergeld“ angewiesen sind oder durch niedriges Erwerbseinkommen nur ihren eigenen Unterhalt sicherstellen können. Der Zuschlag soll altersgestaffelt sein, denn Grundschulkinder brauchen mehr als Kindergartenkinder und Jugendliche mehr als Grundschulkinder. Er beginnt bei 219 Euro (für 0-5-jährige Kinder) und geht über 277 Euro (für 6-13-jährige Kinder) bis auf 353 Euro (für 14-17-Jährige bzw. Volljährige bis zum ersten Schulabschluss inkl. Abitur). Hinzu kommen bei Bedarf eine „3. Säule“ für kinderbezogene Wohn- und Heizkosten sowie eine „4. Säule“ für einmalige und besondere Bedarfe (z. B. Klassenfahrten).

Eine echte Kindergrundsicherung muss eine Leistung für alle Kinder sein. Das verhindert Stigmatisierung und verringert Bürokratie, da sie die bisherigen restriktiven und komplizierten Leistungen für Kinder einkommensarmer Familien (wie z. B. den „Kinderzuschlag“ oder das „Bildungs- und Teilhabepaket“) ersetzt. Der Zugang zu unserer Kindergrundsicherung ist niedrigschwellig. Der Antrag kann in Familienbüros erfolgen, die dezentral und bürgernah eingerichtet werden (z. B. in Jugendämtern). Leicht verständlich, transparent, sozial gerecht und armutsfest – dafür steht die LINKE Kindergrundsicherung.

Die Finanzierung so einer Kindergrundsicherung ist ohne weiteres möglich, wenn die Blockadehaltung bei Steuern und Schulden aufgegeben wird. Dazu muss man sich mit den Superreichen, den Krisenprofiteuren und den Ideologen der Sparpolitik anlegen.

Wir fordern dafür erstens ein gerechtes Steuersystem samt Vermögensteuer und -Abgaben, um die Superreichen und die Krisenprofiteure jetzt endlich zur Kasse zu bitten. Zweitens braucht es die dauerhafte Abschaffung der Schuldenbremse, die der Wirtschaft, der Klimawende und den Menschen schadet - und bis es so weit ist, die weitere Nutzung der entsprechenden Ausnahmeregel durch die Bundesregierung. Drittens eine Entschuldung der Kommunen durch einen "Altschuldenfonds" des Bundes, um ihnen die vor allem vom Bund verursachten Kosten abzunehmen. Viertens wollen wir unnötige Ausgaben umwidmen und schädliche Subventionen streichen, wie zum Beispiel beim schwarzen Loch Bundeswehr oder den klimaschädlichen Steuerprivilegien für Konzernflotten.

Schon ein Teil dieser Maßnahmen würde reichen, um eine echte Kindergrundsicherung zu ermöglichen. Das zeigt ironischerweise auch Bundesfinanzminister Lindner selbst. Während er die zusätzlichen Milliarden für arme Kinder infrage stellt, fordert er weiterhin mit der Abschaffung des Rest-Soli eine Entlastung der Reichsten, sogar in ähnlichem Umfang wie die Kindergrundsicherung. Das zeigt: Eine echte Kindergrundsicherung ist vor allem eine Frage des politischen Willens – und der richtigen Prioritäten.