Sofortinformation des Bundesgeschäftsführers über die Beratung des Parteivorstandes am 8./9. Oktober 2022
Liebe Genossinnen und Genossen,
am vergangenen Wochenende traf sich der Parteivorstand zu einer zweitägigen Online-Beratung. Im Mittelpunkt unseres Austausches zu aktuellen Fragen stand die sich verschärfende multiple Krisensituation, die uns mit der Krise der Demokratie, der zunehmenden Rechtsentwicklung, der weiteren Eskalation des Krieges in der Ukraine, der Energiekrise und ihrer Folgen vor große Herausforderungen stellt. Die Diskussion zur Rolle der LINKEN war auch verbunden mit einer Verständigung über die aktuelle innerparteiliche Situation. Als LINKE wollen wir unsere Forderungen und Antworten auf diese Krisen klar kommunizieren, gemeinsame Inhalte nach vorne stellen und weiterhin Druck auf die Ampelregierung ausüben.
Mit der Teuerungskampagne und den sozialen Protesten im „heißen Herbst“ hat sich DIE LINKE erfolgreich in den Entlastungsauseinandersetzungen positioniert. Zum Stand der Kampagne gab ich einen ausführlichen Rückblick auf die Aktivitäten und Maßnahmen sowie einen Ausblick auf die weitere Kampagnen- und Parteiarbeit. Zum Austausch zu den Protesten und Fragen der Mobilisierung begrüßten wir zwei Gäste. Zunächst gab Gerd Wiegel (Referent für Rechtsextremismus und Antifaschismus der Bundestagsfraktion) einen Überblick über die bisherigen Proteste von rechts und beschrieb, wie die extreme Rechte versucht, die sozialen Proteste für sich zu vereinnahmen. Ines Schwerdtner (Jacobin Magazin) stellte die Kampagne „Genug ist genug“ (https://www.wirsagengenug.de/) vor, die sich gegen die steigenden Preise und die soziale Schieflage richtet und beispielhaft für Bündnis- und Mobilisierungsarbeit
ist. Das „Genug ist genug“-Bündnis bietet den Kreisverbänden die Möglichkeit zur Organisierung vor Ort. In der gemeinsamen Diskussion wurde betont, dass die Bündnisstrukturen gegen rechts gestärkt werden und sozialpolitische Forderungen in den Vordergrund gestellt werden müssen.
Der Parteivorstand beschloss den Antrag der Parteivorsitzenden „Gerechtigkeit in der Krise schaffen: Übergewinne und Vermögen konsequent besteuern!“ (https://www.die-linke.de/?id=3665&tx_news_pi1%5Bnews%5D=84792). Wir fordern, dass Konzerne in Deutschland deutlich stärker besteuert werden sollen, um u.a. Entlastungspakete zu finanzieren. Mit Hilfe der Quellensteuer können Steueroasen geschlossen werden und es wäre das Einspielen von bis zu 28 Milliarden Euro möglich.
DIE LINKE unterstützt die Großdemonstrationen des Bündnisses „Solidarischer Herbst“ und der Parteivorstand beschloss einen Aufruf zur Mobilisierung zu den Demonstrationen, die am 22. Oktober in mehreren Städten Deutschlands stattfinden werden (https://www.solidarischer-herbst.de/).
Aus aktuellem Anlass bekräftigte der Parteivorstand in einem weiteren Beschluss seine volle Solidarität mit den feministischen Protesten und dem Aufstand gegen die Mullah-Diktatur im Iran.
Für das Präsidium des Bundesausschusses berichtete Gunhild Böth von der vergangenen Beratung des Bundesausschusses am 17./18. September. Hervorgehoben wurden die Beschlüsse der vom Parteitag überwiesenen Anträge zur Gründung einer Kommission zur Reform der Partei- und Entscheidungsstrukturen sowie des Leitantrages „DIE LINKE aufbauen“. Schwerpunktthema der nächsten Bundesausschusssitzung am 19./20. November wird die Europawahl 2024 sein.
Ein weiterer Schwerpunkt der Beratung am Samstag war der Mitgliederentscheid zum Bedingungslosen Grundeinkommen. Einleitend wurde über den Verlauf und die genauen Ergebnisse des Entscheids informiert. Den Mitarbeiter:innen der Bundesgeschäftsstelle und den ehrenamtlich Helfenden aus dem Landesverband Berlin wurde für ihren Einsatz für die erfolgreiche Umsetzung gedankt. Im Ergebnis des Mitgliederentscheids ist der Parteivorstand aufgefordert, dem Bundesparteitag eine entsprechende Änderung des Parteiprogramms zur Einarbeitung eines linken bedingungslosen Grundeinkommenskonzeptes vorzuschlagen. Zur Debatte über das weitere Verfahren begrüßten wir Vertreter:innen der BAG Grundeinkommen. Gemeinsam diskutierten wir, wie die Konzeptentwicklung zu organisieren und konstruktiv zu gestalten ist. Auf dieser Grundlage wird zur kommenden Sitzung des Parteivorstandes eine Vorlage zur Umsetzung des Entscheids erarbeitet.
Im Rahmen der weiteren Umsetzung des P13 zur feministischen Erneuerung der Partei beschloss der Parteivorstand das Verfahren für die Besetzung der Feministischen Kommission.
Mit einer Informationsvorlage zu wichtigen Jahrestagen, die von der Historischen Kommission zusammengestellt wurden, stellte ich dem Parteivorstand wichtige erinnerungspolitisch relevante Jubiläen und Jahrestage vor, die 2023 die Aufmerksamkeit der Partei verlangen. Die Landesverbände und Fraktionen sind gebeten, diese Jubiläen zu nutzen und die jeweiligen Initiativen vor Ort zu unterstützen.
Ein weiterer Beschluss des Parteivorstandes befasste sich mit solidarischer Klimapolitik und der Unterstützung für Menschenrechtsaktivist*innen und Linke aus Ägypten, wo im November die UN- Klimakonferenz COP27 stattfinden wird. DIE LINKE fordert eine nachhaltige Klimapolitik, die globale Ungleichheiten in den Fokus nimmt und Menschenrechtsverletzungen aktiv bekämpft.
Zudem wurde die Einrichtung einer Datenbank „Gewerkschaftsaktiv“ beschlossen, in der in Gewerkschaften und Betrieben aktive Mitglieder erfasst werden, um Möglichkeiten der Vernetzung zu schaffen.
Der zweite Beratungstag am Sonntag stand ganz im Fokus der Vorbereitungen des Europawahlkampfes. Den Einstieg in diesen Tagesordnungspunkt gab Heinz Bierbaum mit einem Bericht zur Europäischen Linken (EL). Heinz informierte über die anstehenden zentralen Termine des Europäischen Forums in Athen im Oktober ( https://europeanforum.eu/) und des EL-Kongresses im Dezember in Wien, auf dem unter anderem eine neue Führung gewählt wird. Schwerpunkt des Berichts waren die politischen Weichenstellungen für die kommenden Jahre und die damit verbundenen zentralen Forderungen der EL, auch in Hinblick auf die Europawahlen. Es wurde betont, dass DIE LINKE eine besondere Verantwortung für die Arbeit der EL trägt.
Der Parteivorstand sprach Heinz Bierbaum einen besonderen Dank aus für sein langjähriges Wirken als Vorsitzender der Internationalen Kommission und seine Verdienste als Präsident der Europäischen Linken.
Als Grundlage für die weitere Diskussion zum Herangehen an den Europawahlkampf lagen dem Parteivorstand mehrere Informationsvorlagen vor. Martin Schirdewan stellte die Überlegungen der Vorsitzenden zur kommunikativen Rahmung unseres Europawahlkampfes 2024 vor - „Für eine starke Linke in Europa - für ein linkes Europa“. Darin werden erste Leitlinien beschrieben, konkrete Ansatzpunkte und europaweite Mobilisierungsmöglichkeiten sowie zentrale Kommunikationslinien vorgeschlagen. Ergänzend dazu stellte ich die strategischen und organisatorischen Orientierungen vor, die als Grundlage für eine frühzeitige Vorbereitung des Europawahlkampfes dienen sollen. Ein weiterer Beitrag zur Debatte lag mit einer Wortmeldung der Fraktionsvorsitzendenkonferenz vor. Der Parteivorstand tauschte sich daraufhin zu den vorgeschlagenen Herangehensweisen aus, diskutierte einzelne Aspekte und Herausforderungen für die Europawahlvorbereitungen. In einem fortlaufenden Prozess sollen die Überlegungen gemeinsam weiterentwickelt und konkretisiert werden.
Das Projekt „School of Europe“ wurde vorgestellt und für die Teilnahme an den im Dezember 2022 beginnenden Seminaren geworben, bei denen sowohl inhaltliche europapolitische Fragestellungen eine Rolle spielen als auch Argumentationstrainings und praktische Fähigkeiten zur Aktivierung, Kampagnenfähigkeit und Mobilisierung.
Der Parteivorstand berief mich als Bundesgeschäftsführer zum Wahlkampfleiter für die Europawahl 2024. Hier bedankte ich mich für das mir entgegengebrachte Vertrauen. Ein weiterer Beschluss zur Europawahl wurde mit der Bestätigung des Grobfinanzplan für den Wahlkampffonds gefasst.
Abschließend informierte ich über den Termin für den Europaparteitag 2023, der am 18./19. November 2023 in Augsburg stattfinden wird und die Termine der kommenden Parteivorstandssitzungen. Die nächste Beratung des Parteivorstandes wird am 12./13. November stattfinden.
Die Beschlüsse des Parteivorstandes sind öffentlich und können auf der Website der Partei gefunden werden unter Beschlüsse: DIE LINKE. (die-linke.de).
Solidarische Grüße
Tobias Bank Bundesgeschäftsführer