Abwanderung aus sorbischem Schulwesen nimmt weiter zu
Zur Schülerabwanderung aus dem zweisprachigen deutsch-sorbischen Bildungsgang in der Oberlausitz erklärt der Sprecher der Arbeitsgemeinschaft Ethnische Minderheiten Heiko Kosel:
Nach der Schließung der Sorbischen Mittelschulen in Crostwitz und Panschwitz-Kuckau ist es zu einer verstärkten Abwanderung von Schülerinnen und Schülern aus dem zweisprachigen deutsch-sorbischen Bildungsgang nach Abschluss der Grundschule gekommen. Einen entsprechenden Trend bestätigte die Staatsregierung auf meine Anfragen im Sächsischen Landtag im Juni 2006 und im September 2008. Nach den nunmehr für das Schuljahr 2010/2011 vorgelegten statistischen Angaben hält dieser besorgniserregende Trend nicht nur weiter an, sondern verschärft sich durchgehend in absoluten Zahlen und in der Tendenz auch prozentual. So erhöhte sich der Anteil der Schülerinnen und Schüler, die nach Absolvierung einer sorbischen Grundschule den begonnenen zweisprachigen Bildungsgang nicht fortsetzen, von 21,5 Prozent (2008/2009) auf 26,3 Prozent (2010/2011).
Besonders prekär ist die Situation in Panschwitz-Kuckau – die dortige Sorbische Mittelschule wurde 2007 auf Betreiben der Sächsischen Staatsregierung geschlossen. Hier setzten schon im Schuljahr 2008/2009 42,1 Prozent der Abgänger der Sorbischen Grundschule den zweisprachigen Bildungsgang nicht fort; im Schuljahr 2010/2011 werden es 47,8 Prozent sein.
Eine Abwanderung aus dem zweisprachigen deutsch-sorbischen Bildungsgang in dieser Größenordnung darf nicht länger tatenlos hingenommen werden. Nach Artikel 6 Absatz 1 Satz 2 der Sächsischen Verfassung hat der Freistaat Sachsen das Recht der Sorben auf Bewahrung ihrer Identität sowie auf Pflege und Entwicklung ihrer Sprache und Kultur zu gewährleisten und zu schützen und dies "…insbesondere durch Schulen." Es ist aus diesem Grund vor allem mit Blick auf die hohen Abwanderungsraten in Panschwitz-Kuckau absolut unverständlich, wenn die Staatsregierung an der Auffassung festhält, dass Schließungen sorbischer Mittelschulen "nicht infrage zu stellen wären". Hier ist nicht nur der Kultusminister, sondern auch der Ministerpräsident selbst in der Pflicht – und dies nicht nur als Sorbe und Einwohner von Panschwitz-Kuckau, sondern vor allem aufgrund der o. g. verfassungsrechtlichen Verpflichtungen, die jeder Ministerpräsident in besonderer Weise zu erfüllen hat.