Nicht nur Folklore, sie sind vor allem das sorbische Volk!
Zur Zukunft der Stiftung für das sorbischen Volk erklären die SprecherInnen der AG Ethnische Minderheiten Renate Harcke und Heiko Kosel:
Der Haushaltsausschuss des Bundestages hat am Donnerstag ein Kulturinvestitionsprogramm in Höhe von 400 Mio Euro beschlossen. Kulturstaatsminister Bernd Neumann feierte dies als „sensationellen Erfolg“, “die Kulturnation Deutschland ist mit dieser wichtigen Zukunftsentscheidung gestärkt worden, hieß es aus dem Bundeskanzleramt. Für die Sorben sind gerade einmal 600.000 (gesperrte) Euro abgefallen. Dennoch würdigten die in Ober- bzw. Niederlausitz direkt gewählten Bundestagsabgeordneten Michalk und Reiche dies gebührend. Dass die Haushaltslage “schwierig” sei, räumten sie zugleich ein.
Maria Michalk und Steffen Reiche beschönigen nicht nur die Lage, sie verkleistern vor allem die Rolle ihrer Fraktionen in den Haushaltsberatungen des Bundes. Mit der Sperrung eines Drittels aller für die Stiftung vorgesehenen Bundesmittel tragen CDU/CSU und SPD die Verantwortung dafür, dass die Kultur- und Sprachentwicklung der Sorben 2008 nicht entsprechend den europäischen Minderheitenabkommen stattfinden wird.
Nach der Entscheidung im Bundestag ist die Haushaltssituation der Stiftung nicht nur einfach "schwierig", sie ist katastrophal. Während im ersten Haushaltsentwurf der Stiftung ein Bedarf an Bundeszuschüssen von 8,4 Mio Euro angemeldet war, wird die Stiftung nun 5 Mio zur freien Verfügung haben. Bei den Brandenburger Zuschüssen sind 600.000 von 2.600.000 Euro gesperrt. Ergo fehlen mindestens 4 Mio. Auf dieser Basis wird es keinen Haushalt geben, der die unikaten sor-bischen Institutionen in ihrem Bestand sichert und zugleich die so wichtigen Projektmittel vor allem im Bereich der Revitalisierung der sorbischen Sprache nachweist.
Hinter den nüchternen Zahlen des Bundeshaushalts steht letztendlich die Frage, ob die Sorben (Wenden) in der Bundesrepublik eine Zukunft haben. Dieses Volk hat seit Jahrhunderten unter deutscher Politik gelitten; Zwangsmaßnahmen des Staates, eine gezielte Germanisierungspolitik war die Regel, Umsiedlungen infolge des Braunkohleabbaus ab Ende des 19.Jahrhunderts taten das ihre. Ein liberaler Umgang mit dem Sorben (Wenden) war in den letzten 850 Jahren die Ausnahme. So ist aus einem Volk, dass zwischen Elbe/Saale und Oder/Neiße einmal Mehrheitsbevölkerung war, eine kleine Minderheit geworden, der 60.000 Menschen angehören. Das sorbische Volk ist vom Aussterben bedroht, wenn nicht mit finanzieller Unterstützung ihres Mutterlandes, der Bundesrepublik Deutschland gegen gesteuert wird.
Diesen historischen Hintergrund sollte die Politik im Blick haben, wenn im Bundestag und in den Landtagen von Brandenburg und Sachsen Haushaltsentscheidungen anstehen. Die Sorben sind eben keine "Einrichtung” wie andere auch, die mit mehr oder auch weniger öffentlichen Zuschüssen klar kommen muss. Sie sind ein Volk, ein geschützte nationale Minderheit in Europa.