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betrieb & gewerkschaft

12 Euro Mindestlohn jetzt!

Jutta Krellmann und Klaus Ernst

Im Wahlprogramm für die Bundestagswahl fordert DIE LINKE eine Erhöhung des Mindestlohns auf 12 Euro. Seit dem 1. Januar 2017 beträgt der Mindestlohn 8,84 Euro; das hat die Mindestlohnkommission letztes Jahr so entschieden. Diese soll laut Gesetz dabei in einer Gesamtabwägung prüfen, welche Höhe des Mindestlohns geeignet ist, um einen Mindestschutz der Beschäftigten ebenso zu gewährleisten wie funktionierende Wettbewerbsbedingungen, ohne Beschäftigung zu gefährden. Zudem soll sich der Mindestlohn nachlaufend an der Entwicklung der Tariflöhne orientieren.

Keine Berücksichtigung findet allerdings die Tatsache, dass der Mindestlohn mit einem deutlich zu niedrigen Niveau eingeführt wurde. Die Bundesregierung hat aber einen Mindestlohn von 8,50 Euro pro Stunde eingeführt, was bedeutet, dass Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer immer noch Löhne unterhalb der Niedriglohnschwelle erhalten dürfen. Diese Schwelle lag laut Statistischem Bundesamt bereits im Jahr 2010 bei 10,36 Euro pro Stunde. Ein Mindestlohn, der diesen Namen verdient, sollte immer gewährleisten, dass Niedriglohnbeschäftigung abgeschafft wird. 8,50 Euro pro Stunde waren und sind dafür viel zu wenig.

Zur Erläuterung: Die Niedriglohnschwelle liegt bei zwei Dritteln des Medianlohnes. Der Median ist jener Lohn, welcher die Beschäftigten in zwei gleich große Gruppen einteilt und dann genau in der Mitte liegt. Die eine Hälfte verdient demnach weniger und die andere Hälfte mehr als den Medianlohn. Diese Berechnung der Niedriglohnschwelle ist international anerkannt und ermöglicht, dass die Bestimmung des Mindestlohns sich aus dem Lohnsystems selbst ableitet. Das Statistische Bundesamt ermittelt die Niedriglohnschwelle für Deutschland alle vier Jahre.

Rechnet man die Niedriglohnschwelle von 10,36 Euro aus dem Jahr 2010 anhand der sogenannten "goldenen Lohnregel" bis zum Jahr 2015 fort, kommt man auf einen Wert von rund 12 Euro pro Stunde. Die goldene Lohnregel besagt, dass der verteilungsneutrale Spielraum ausgeschöpft wird, indem die jährliche Zuwachsrate der Arbeitsproduktivität je Erwerbstätigenstunde sowie das Inflationsziel der Europäischen Zentralbank von "unter, aber nahe zwei Prozent" (1,9 Prozent) berücksichtigt wird. Folgt man dieser Regel, wird eine weitere Umverteilung von den Löhnen und Gehältern zu den Gewinnen der Unternehmen verhindert.

Im Parteiprogramm fordert DIE LINKE, dass der Mindestlohn 60 Prozent des Durchschnittslohns betragen soll. Dies folgt ebenfalls der Logik, dass der Mindestlohn eine abgeleitete Größe aus dem vorhandenen Lohngefüge sein muss, da er dessen untere Grenze bilden soll. Im Jahr 2015 lagen laut Verdiensterhebung des Statistischen Bundesamtes die Bruttostundenverdienste von sozialversicherungspflichtigen Voll- und Teilzeitbeschäftigten ohne Sonderzahlungen durchschnittlich bei 20,44 Euro. 60 Prozent davon sind gute 12 Euro. Daher sollte der Mindestlohn ab 1. Januar 2017 auf 12 Euro pro Stunde erhöht werden. Eine Erhöhung des Mindestlohns auf 12 Euro verhindert zudem, dass Beschäftigte nach 45 Beitragsjahren im Alter eine Rente erhalten, die unterhalb des Grundsicherungsniveaus liegt. Nach Berechnungen der Bundesregierung musste ein Lohn dafür letztes Jahr schon mindestens 11,68 Euro pro Stunde betragen.

Jutta Krellmann, Gewerkschaftspolitische Sprecherin und Sprecherin für Arbeit und Mitbestimmung der Fraktion DIE LINKE im Bundestag; Mitglied der LAG Niedersachsen

Klaus Ernst, stellvertretender Fraktionsvorsitzender und Leiter des AK "Wirtschaft, Arbeit und Finanzen" der Fraktion DIE LINKE im Bundestag