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Der politische Streik: Materialien zu einem Tabu

Buchvorstellung

Als vor vierzig Jahren am 1. Mai 1968 Zehntausende gegen die Verabschiedung der Notstandsgesetze durch die Große Koalition von CDU/CSU und SPD in Bonn demonstrierten, wurde auch die Forderung nach einem politischen Streik laut.

Trotz großer Beteiligung von Gewerkschafterinnen und Gewerkschaftern an der Anti-Notstandskampagne, konnte sich der DGB damals nicht zu weit reichenden Arbeitsniederlegungen in den Betrieben entschließen. Mehr noch: Im Gegensatz zu vielen kapitalistischen Nachbarländern (Frankreich, Belgien, Italien) galt die Debatte um den politischen Streik als Tabuthema.

Dennoch kennt auch die bundesdeutsche Gewerkschaftsgeschichte politische Streiks. Anfang der 50er Jahre fanden in der Auseinandersetzung um die Betriebsverfassung oder zum Erhalt der Montanmitbestimmung politische Streiks statt. In der Auseinandersetzung um den Antistreikparagraphen (§116 AFG) Mitte der 80er war dies ebenso. In Jüngster Zeit haben die Arbeitsniederlegungen der deutschen Hafenarbeiter im Kampf gegen das Port Package der EU-Kommission ein positives Beispiel gegeben. Ungeachtet der Beispiele ist die vorherrschende Auffassung, dass in Deutschland politischer Streik nicht erlaubt, nicht möglich ist.

Oskar Lafontaine hat die Debatte um den politischen Generalstreik neu angefacht. Ein erstes Zeichen, dass sich auch in den Gewerkschaften etwas bewegt, war die Annahme des Antrages A58 auf dem ver.di-Bundeskongress 2007. Der Beschluss lautet: "Angesichts des massiven Abbaus sozialer und demokratischer Rechte darf das Streikrecht nicht länger auf tariffähige Ziele begrenzt bleiben. Wir fordern den Bundesvorstand auf, sich für ein allumfassendes Streikrecht nach den Maßgaben der europäischen Sozialcharta, einschließlich des politischen Streiks und des Generalstreiks, einzusetzen; die Gewerkschaftsmitglieder über seine Notwendigkeit zu informieren und für Aktivitäten zu mobilisieren."

Nunmehr liegt erfreulicherweise ein Buch, "Der politische Streik – Materialien zu einem Tabu", von Veit Wilhelmy, Sekretär der IG BAU und Funktionär der SPD-AfA aus Hessen, vor. In einer Kurzbeschreibung kennzeichnet Prof. Dr. Christoph Butterwegge das Buch wie folgt: "Mit der vorliegenden Broschüre hat Veit Wilhelmy ein lange vernachlässigtes Thema theoretisch fundiert, aber auch praxistauglich besetzt, das künftig in den Gewerkschaften und auf der Linken einschließlich der linken Sozialdemokratie größere Beachtung finden wird. Diese mit viel Gespür für die Schlüsselthemen unserer Zeit gestaltete Broschüre, der ich eine weite Verbreitung nicht nur unter Gewerkschafter(inne)n wünsche, leistet einen nützlichen Beitrag dazu, eines der letzten Tabus unserer Gesellschaft zu brechen."

Mit dieser Vorstellung wollen wir unseren Beitrag dazu leisten.

AG Betrieb & Gewerkschaft

 

Veit Wilhelmy, Der politische Streik. Materialien zu einem Tabu, Fachhochschulverlag Der Verlag für Angewandte Wissenschaften (Band 143), Frankfurt, 2008, 148 S. ISBN 978-3-940087-17-1