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Janine Wissler und Martin Schirdewan

Die LINKE wieder stark machen – packen wir’s an!

Von Janine Wissler und Martin Schirdewan

Beim Bundesparteitag haben wir intensiv diskutiert und klare Beschlüsse getroffen. Als neu gewählte Parteivorsitzende begreifen wir das Vertrauen der Delegierten als Auftrag. Wir werden als Team eng zusammenarbeiten. Wir wollen DIE LINKE wieder stark machen – durch ein deutliches Profil. Eine linke Partei ist kein Selbstzweck. Die Beschäftigten und Erwerbslosen, die sich jetzt Sorgen machen, wie sie Rechnungen und Nachzahlungen bezahlen sollen, erwarten von uns zu Recht Antworten. Die Themen liegen auf der Hand. Wir haben fortschrittliche Alternativen zur Politik der Ampel. Aber wir müssen dafür sorgen, dass sie bei den Menschen ankommen und in der Öffentlichkeit durchdringen. Jetzt geht es darum, zu zeigen: Mit uns ist wieder zu rechnen! Packen wir es gemeinsam an.

 

  1. Gemeinsam in die Offensive.

Inflation, Preisexplosion und drohende Wirtschaftskrise haben dramatische Folgen. Viele Familien wissen schon jetzt nicht mehr, wie sie ihren Kindern Geburtstagsschenke oder eine gesunde Ernährung ermöglichen sollen, weil das Geld dafür fehlt. Währenddessen gehen die Gewinne vieler Unternehmen und die Dividenden ihrer Aktionäre durch die Decke. Wenn Politiker nun vom „Frieren für den Frieden“ reden, ist das nicht nur zynisch, sondern für viele Menschen eine reale Bedrohung.

Nötig ist ein Entlastungspaket, das seinen Namen verdient.Die Lasten der Krise endlich gerecht verteilenund die nötige Energiewende mit massiven öffentlichen Investitionen vorantreiben. LINKE Politik muss konkret und lebensnah, radikal und realistisch sein. Deswegen setzten wir auf:

  •  einen sozialen Klimabonus von 125 Euro im Monat pro Haushalt und 50 Euro pro weiterem Haushaltsmitglied für Menschen mit niedrigem und mittleren Einkommen. Außerdem Erhöhung der Sozialleistungen um 200 Euro pro Monat.
  • einen Preisdeckel für Energie! Niemand darf durch Heizkosten und Miete in den Ruin getrieben werden. Wir wollen eine Deckelung der Energiepreise durch eine staatliche Aufsicht, ein kostengünstiges Grundkontingent für Heizenergie, Strom und Wasser und eine ökologisch sinnvolle soziale Preisstaffelung.
  • Für alle Kinder: ein kostenfreies Mittagessen in Kita und Schule. Um die steigenden Nahrungsmittelpreise zu stoppen, wollen wir die Spekulation mit Nahrungsmitteln verbieten.
  • Mietendeckel bundesweit, mit dem Mieterhöhungen gestoppt und überhöhte Mieten gesenkt werden.
  • Umverteilung der Krisengewinne durch eine Übergewinnsteuer und massive Investitionenfür eine sozial-ökologische Wende. Milliarden müssen pro Jahr zusätzlich in Bus und Bahn investiert werden, um Verbindungen auszubauen und Ticketpreise dauerhaft zu senken.

Für diese Forderungen wollen wir im Herbst auf die Straße gehen und Aktionen machen, das Gespräch mit den Menschen in ärmeren Kommunen und Stadtteilen suchen, Initiativen in Kommunal- und Landesparlamenten einbringen. Mit Gewerkschaften, Sozialverbänden, sozialen Bewegungen und Netzwerken sowie Initiativen wie #Ichbinarmutsbetroffen wollen wir die Chancen für ein gesellschaftliches Bündnis ausloten. Ein Ratschlag im Herbst kann der Anfang einer breiten Bewegung sein. Es stehen harte Verteilungskämpfe an – lasst uns dafür sorgen, dass sie nicht nur von „oben“ geführt werden. Wenn die Regierung Schulden für das größte Aufrüstungsprogramm in der Geschichte der Bundesrepublik machen will, aber für Menschen mit niedrigen und mittleren Einkommen, für Rentnerinnen und Studierende in Not kein Geld da ist, haben wir eine historische Verantwortung. Gegen die soziale Kälte der Ampel braucht es einen heißen Herbst der Gegenwehr!

 

 

  1. Moderne Gerechtigkeitspartei. Die LINKE weiterentwickeln.

Ein »Zurück« zur politischen Konstellation der 2000er-Jahre und der Zeit, in der die LINKE gegründet wurde, kann es nicht geben. Wir wollen die Partei weiterentwickeln. Das bedeutet nicht, unsere Grundsätze aufzugeben, sondern unser Programm in einer veränderten Zeit mit neuem Leben zu füllen. Gerechtigkeit umfasst mehr als Sozialpolitik. Es geht auch um Bildungsgerechtigkeit, um Engagement gegen Rassismus und für gleiche soziale Rechte für alle. Um Klimagerechtigkeit und eine gerechte Weltwirtschaftsordnung, ohne die es keinen dauerhaften Frieden geben kann. Wir sind überzeugt: wenn es uns als moderne sozialistische Gerechtigkeitspartei gelingt, die unterschiedlichen Themen zu einer glaubwürdigen Alternative zu bündeln, werden wir wieder stärker.

Die Klimakrise ist auch eine soziale Frage. Die Menschen, die sich vorstellen können, links zu wählen, erwarten von uns, dass wir uns ebenso für gute Arbeit einsetzen wie für konsequenten Klimaschutz. Der Parteitag hat dazu einen klaren Kurs beschlossen. Die Linke ist die kämpferische Stimme für Gerechtigkeit und konfliktbereit für einen sozial-ökologischen Umbau. Unser Alleinstellungsmerkmal und Ansatzpunkt dabei kann die Eigentumsfrage werden - zusammen mit den vielen Initiativen zum Wohnen, zur Energieversorgung, zur Verkehrswende, Gesundheitsversorgung und Pflege. Als LINKE haben wir gute Alternativen – wie das Klima-Job-Programm und die Bürger*innenbahn – wir müssen sie bekannter und greifbarer machen. Unser Ziel ist die Stärkung des Öffentlichen gegen die Dominanz von Konzernen undProfitinteressen. Eine gute Zukunft für alle gibt es nur jenseits des fossilen Kapitalismus!

Die Zukunftsthemen sozial-ökologischer Transformation der Wirtschaft und Arbeitswelt sowie Frieden und die Zukunft Europas werden die gesellschaftlichen Auseinandersetzungen der nächsten Jahre prägen. Wir wollen hier unser Profil schärfen, ohne in einem jahrelangen Prozess der programmatischen Selbstbeschäftigung zu verschwinden.

 

  1. Konsequent für Demokratie, Frieden und Abrüstung

Der Parteitag hat ein klares Signal gesendet: die LINKE steht solidarisch an der Seite der Menschen in der Ukraine und verurteilt die russischen Kriegsverbrechen. Wir stehen überall ein für Menschenrechte und Völkerrecht - gegen autoritäre Tendenzen. Allen Geflüchteten muss geholfen werden, egal, wo sie herkommen. Wir stimmen nicht ein in den Chor von Hochrüstung, Militär und immer mehr Waffen. Wir machen Alternativen zur Logik des Krieges stark. Deswegen fordern wir effektive Sanktionen gegen Oligarchen statt Profite für Rüstungskonzerne, sind die mahnende Stimme gegen eine Eskalation des Krieges und stellen uns als einzige Partei im Bundestag klar gegen die Aufrüstungspolitik der Regierung. Das weltweite Wettrüsten ist brandgefährlich. Wir werden auch jetzt – nachdem die 100-Milliarden-für die Bundeswehr im Bundestag beschlossen wurden – unsere Stimme für eine ganz andere „Zeitenwende“ hin zu Deeskalation und Abrüstung erheben. Frieden gibt es nicht mit Aufrüstung, sondern nur mit gemeinsamer Sicherheit und Initiativen für Abrüstungs- und Sicherheitsverträge. Wir wollen den Klimawandel bekämpfen, schneller unabhängig von fossilen Energien werden und soziale Gerechtigkeit schaffen. Wir rufen zu Protesten gegen die Aufrüstungspolitik der Bundesregierung auf, wie demnächst am internationalen Friedenstag, dem 1. September.

Unser Nein zu Waffenexporten und Aufrüstung ist richtig und wird von vielen Menschen geteilt. Russlands Angriffskrieg macht unsere Kritik an der NATO nicht obsolet, wie Erdogans Vorgehen gehen die Kurden zeigt. Zugleich stehen wir, wie alle politischen Kräfte, denen etwas an Frieden in Europa gelegen ist, vor der Herausforderung, über eine europäische Friedensordnung neu zu diskutieren.

 

  1. Es geht nur gemeinsam

Die Herausforderung ist klar: wir müssen unsere Positionen – anders als in der letzten Zeit -  geschlossen nach außen kommunizieren. Wer für DIE LINKE ein Mandat bekleidet, hat ihr gegenüber auch eine Verpflichtung. Das gebietet der Respekt vor der Basis und dem Parteitag. Als Vorsitzende werden wir nach außen deutlich machen, wofür die LINKE steht. Es geht nur gemeinsam – mit klar definierten politischen Gemeinsamkeiten und mit dem Willen sich im Interesse der Partei solidarisch einzubringen. Unsere Partei ist mehr als die Summe ihrer Einzelteile und Strömungen, zusammen können wir klüger und stärker werden. Wir wollen den Dialog mit den Mitgliedern, den Landesvorständen und der Bundestagsfraktion verstärken. Der Parteivorstand hat hier eine besondere Verantwortung und die Aufgabe, die verschiedenen Ansätze und Ideen unserer pluralen Partei zu einer klaren Linie zu verbinden. Dafür muss sich die Parteivorstandsarbeit verändern, wir brauchen mehr Team und andere Arbeitsweisen.

Wir wollen einen feministischen Kulturwandel fördern, der die gesamte Partei mitnimmt, Verletzungen heilt statt neue zu erzeugen. Das braucht Zeit und Bereitschaft zur solidarischen Diskussion. Wir werden dazu Bildungs- und Diskussionsangebote schaffen.

 

  1. Mitgliederpartei stärken – Wahlkämpfe vorbereiten.

Wir müssen jetzt die Weichen stellen, um die nächste Bundestagswahl erfolgreich zu bestreiten. Als nächstes geht es darum, mit aller Kraft und als ganze Partei die anstehende Landtagswahl in Niedersachsen gemeinsam erfolgreich zu bestreiten.  Wir wollen die anstehenden Landtagswahlkämpfe aus der Bundesgeschäftsstelle mit aller Kraft unterstützen und den Prozess der Abstimmung von Landes- und Bundesebene verbessern. 2024 stehen die Europawahlen an, ein Jahr vor der Bundestagswahl. Wir wollen mehr Menschen von unseren Alternativen für ein soziales, klimagerechtes und friedliches Europa überzeugen. Mit diesem Ziel vor Augen, beginnen wir schon in diesem Herbst mit der Vorbereitung der Europawahlen.

Auch unsere Strukturen müssen sich weiterentwickeln: wir wollen eine Struktur – Reformkommissioneinrichten, die innerhalb eines Jahres Vorschläge macht, wie wir nach außen schlagkräftiger werden; Kreis-, Landesverbände und Bundesebene besser koordiniert bekommen und Räume für Diskussion auch außerhalb von Antragsverfahren stärken.

DIE LINKE wird da (überdurchschnittlich) gewählt, wo sie in der Gesellschaft, über die politische und ehrenamtliche Arbeit und den Alltag unserer Mitglieder, verankert ist. Daher setzen wir auf eine Mitgliederoffensive.Unser Ziel: 100.000 Mitglieder bis 2030. Für die Mitgliedergewinnung sind die bundesweite Öffentlichkeits- und Kampagnenarbeit, die Parteiarbeit vor Ort und die Kommunalpolitik, die Verankerung in der linken und weiteren Zivilgesellschaft entscheidend. Wir müssen diese Ebenen stärker zusammen denken. Wir wollen die gewerkschaftliche Verankerung der LINKEN stärken, v.a. in industriellen Transformationsbereichen und Dienstleistungssektoren mit hohem Anteil prekärer Beschäftigung (wie Pflege- und Gesundheitsberufe; Handel und Logistik, Kita und Weiterbildung). Vorschläge dafür wollen wir mit dem Gewerkschaftsrat und mit den Landesverbänden entwickeln.