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Asche und Exportüberschuss

Von Michael Schlecht, MdB, Chefvolkswirt Fraktion DIE LINKE und Gewerkschaftspolitischer Sprecher im Parteivorstand DIE LINKE

Seit Tagen legt Vulkanasche den Flugverkehr lahm. Wirtschaftsminister Brüderle zeigt sich besorgt. 40 Prozent der deutschen Exporte wird über den Luftverkehr transportiert. In Anbetracht der hohen Abhängigkeit Deutschlands vom Export ein Problem.

Dass die gigantischen Exportüberschüsse ein dauerhaftes und viel größeres Problem sind, wird von Brüderle, Merkel und Schäuble nicht verstanden. Seit 2002 hat Deutschland einen Außenhandelsüberschuss von mehr als einer Billion Euro erzielt. Dieser kann von den Abnehmerländern nur durch Verschuldung finanziert werden. Deshalb das Finanzdesaster vor allem der USA und der europäischen Südländer. Jetzt rächt sich das deutsche Exportmodel. Da die Verschuldung nicht fortführbar ist, stockt der Export. Und dies ist viel brisanter als isländische Asche.

Wirtschaftsminister Brüderle verteidigt die deutschen Exporterfolge. Deutschland habe sich seinen Exportüberschuss durch exzellente Produkte redlich verdient. Dies ist nur die halbe Wahrheit. Seit 2000 sinken die deutschen Reallöhne. Mit diesem Lohndumping erhielten deutsche Unternehmer eine Streitaxt zur Eroberung ausländischer Märkte. Die deutschen Lohnstückkosten sind seit 2000 nur um sieben Prozent angestiegen während im Schnitt der Euroländer – ohne Deutschland – der Zuwachs bei 27 Prozent lag.

Wie kann die Binnenwirtschaft belebt, Importe gesteigert und der deutsche Exportüberschuss zurückgefahren werden? Darüber gibt es mittlerweile eine breite Debatte unter Ökonomen unterschiedlichster Ausrichtung. Nur im deutschen Bundestag herrscht eine Mischung aus plattem Unverständnis, Ignoranz und Tabuisierung. Trotzig heißt es: "Die anderen sollen so wettbewerbsfähig werden wie wir". Deshalb wird jetzt die Agenda 2010 nach Griechenland exportiert.

Besonders beliebt ist die Empfehlung "Steuern und Abgaben runter". Die FDP-Logik "Mehr netto fürs Brutto" soll die Binnennachfrage voranbringen. Mit Steuersenkungen werden jedoch die Einnahmen des Staates beschnitten. Dies führt zu Ausgabenkürzungen und damit einer Schwächung der Nachfrage. Hinzu kommt, dass gesteigerte Nettolöhne nie in vollem Umfang nachfragewirksam werden da ein Teil gespart wird, vor allem bei höheren Einkommen.

Binnennachfrage lässt sich vor allem steigern wenn die Löhne – präzise: die Bruttolöhne – wieder deutlich steigen. Dann müssen aber die Ursachen für das Lohndumping beseitigt werden. Vor allem muss die Agenda 2010 weg. Als Sofortmaßnahme brauchen wir den gesetzlichen Mindestlohn mit zehn Euro und das Arbeitslosengeld II in Höhe von 500 Euro. Alleine dies würde zu einer wachsenden Nachfrage von rund 40 Milliarden Euro führen.

Hinzu kommen müssen mehr Staatsausgaben. Für eine bessere Bildung, zur Sanierung der Infrastruktur und für den ökologischen Umbau. Notwendig ist ein öffentliches Zukunftsprogramm in Höhe von 100 Milliarden Euro jährlich. DIE LINKE hat ein Steuerkonzept mit 160 Milliarden Mehreinnahmen bei Reichen und Vermögenden. Das Herzstück ist die Millionärsteuer. Oberhalb einer Million soll Vermögen mit fünf Prozent besteuert werden. Dies bringt 80 Milliarden Euro, in NRW allein 17 Milliarden Euro.

Ohne Umverteilung von oben nach unten wird es keine höhere Binnennachfrage und kein höheres Wachstum geben.