Auslandseinsätze der Bundeswehr in Afrika
Zum Truppenbesuch der Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer in Niger und Mali erklärt Tobias Pflüger, stellvertretender Parteivorsitzender und verteidigungspolitischer Sprecher der Linksfraktion, der mitgereist ist:
In drei Stationen in Niamay in Niger, in Bamako / Koulikoro in Mali und in Gao in Mali haben wir uns einen Einblick in die drei Auslandseinsätze der Bundeswehr (Gazelle, EUTM Mali, MINUSMA) in der Sahel-Region verschafft.
In Niger läuft die Ausbildungsmission Gazelle durch das Kommando Spezialkräfte der Marine (KSM). Tobias Pflüger: "Wir kritisieren, dass der Auslandseinsatz Gazelle in Niger obwohl er 'Gefecht an Waffen' beinhaltet, ohne Mandat des Deutschen Bundestages läuft. Ich fordere die Bundesregierung auf, diesen mandatslosen Zustand zu beenden und wenn schon Soldatinnen und Soldaten im Niger sind, ein Mandat für die Militärmission Gazelle vorzulegen. Weder den eingesetzten Soldatinnen und Soldaten noch der Öffentlichkeit ist damit gedient, wenn diese Situation der Rechtsunsicherheit bestehen bleibt."
Problematisch sind die enge militärische Zusammenarbeit und die Lieferung von Kriegsgeräten an die Regierung in Niger. Die Regierung des Niger ist für Menschenrechtsverletzungen verantwortlich, wie die Einschränkung der Medienfreiheit und (langfristige) Festnahmen von Menschenrechtsaktivist*innen. Es scheint, als suche die Bundesregierung explizit die militärische Zusammenarbeit mit dem Land, um durch ausgebildete nigrische Soldaten auch Unterstützung zur Migrationsabwehr zu erhalten - Menschenrechtsverstöße sind da nur zweitrangig. Wir fordern die Bundesregierung auf, die militärische Zusammenarbeit mit Niger zu beenden!
In Koulikoro besuchten wir das Ausbildungslager, in dem die Bundeswehr-Soldaten der Mission EUTM Mail untergebracht sind. Neben den Ausbildern sind eine Reihe weitere Einrichtungen in teils prekären Umständen untergebracht wie beispielsweise ein Bundeswehr-Lazarett. Die Ausbildungsinhalte der Bundeswehr-Ausbildern erstrecken sich von Menschenführung bis hin zu Scharfschützenausbildung, es geht aber vor allem um die Ausbildung zur "Gefechtsfähigkeit". Ein Teil der malischen Soldaten wird vor allem ausgebildet, um später im Norden Malis zu kämpfen und Krieg zu führen. Insbesondere diese Teile der Bundeswehrausbildung sind kritisch zu sehen.
In Gao besuchte die Delegation das Bundeswehrlager Camp Castor, in dem neben den deutschen MINUSMA-Einheiten weitere Staaten ihre Militär-Einheiten untergebracht haben. Nebenan befinden sich ein UN-Lager und das Lager der französischen Kampfmission Operation "Barkhane". Zur problematischen Zusammenarbeit und Unterstützung durch Bundeswehr-Einheiten mit und für die französische Kampfoperation Barkhane, gab es vor Ort unterschiedliche Angaben. Klar ist, es findet eine enge Abstimmung statt. Ich fordere die Bundesregierung auf, die Kooperation der Bundeswehr mit der Mission Barkhane einzustellen, die Barkhane-Mission ist eine heftige Kampfoperation und hat eine klare post-koloniale Ausrichtung.
Unklar blieb, was mit den umfangreichen Daten, die die Bundeswehr durch ihre Aktivitäten erfasst bei der UN / MINUSMA passiert. So werden umfangreich Daten zur Lageeinschätzung u.a. von Drohneneinsätzen erfasst. Es drängt sich der Eindruck auf, dass hier vor allem zur Eigensicherung Informationen gesammelt werden, aber die Nutzung der Daten, die an die UN/MINUSMA gehen, bleibt völlig unklar.
Bei MINUSMA selbst wird das Agieren der Regierung und des Militärs von Mali zunehmend kritisch gesehen, richten sich doch zu viele ein in der derzeitigen Situation und unternehmen fast nichts, um z.B. zu einer Aussöhnung im Norden zu kommen. Eine Umsetzung des Friedensabkommens, das ja die Grundlage der UN-Mission war, rückt in weite Ferne, weil lokale Akteure, die damals eine wichtige Rolle gespielt haben, nicht mehr oder kaum mehr existieren. Dass die UN-Mission MINUSMA so noch eine Grundlage hat, ist zu bezweifeln. Zudem wird die "Sicherheitslage" im Süden immer schlechter. Die Bundesregierung kann hier nicht weiter auf eine bedingungslose Unterstützung der Regierung in Mali setzen, so wird die Situation nicht besser für die Menschen vor Ort.
Dass die Rückkehr eines Teilkontingentes von Bundeswehrsoldatinnen und -soldaten von MINUSMA durch die Reise von Annegret Kramp-Karrenbauer zwei Tage verschoben werden musste, sorgte nachvollziehbarerweise für schlechte Stimmung bei Soldatinnen und Soldaten.
Zusammengefasst sehe ich mich nach der Reise nach Niger und Mali darin bestätigt, dass DIE LINKE die Einsätze Gazelle, EUTM Mali und MINUSMA ablehnt und ablehnen wird.