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Matthias Höhn

Behörden und Politiker stecken mit der NSA unter einer Decke

Statement von Bundesgeschäftsführer Matthias Höhn auf der Pressekonferenz im Berliner Karl-Liebknecht-Haus am 8. Juli 2013

Ich würde gerne eingangs zu drei Themen kurze Bemerkungen machen: zum einen zum NSA-Skandal, zweitens zum Thema Eurofighter und letztlich zum Treffen der EU-Finanzminister.

unächst zum NSA-Skandal: Spätestens mit dem Interview von Edward Snowden in der heutigen Ausgabe des "Spiegels" ist sehr klar belegt, wie eng die Zusammenarbeit zwischen NSA und den deutschen Behörden und Geheimdiensten war. Das geht weit über das "normale" Maß an Informationsaustausch hinaus. Die beschriebene Intensität der Zusammenarbeit lässt endgültig daran zweifeln, dass die Regierung Merkel und die deutschen Behörden davon nichts wussten. Geheimdienste und Bundesregierung waren ganz offensichtlich sehr klar über Prism, über Tempora und über den Umfang der Überwachung informiert. Diese großen Zweifel muss Frau Merkel, muss Minister Friedrich endgültig ausräumen, und zwar nicht irgendwann, sondern jetzt. Wir werden als LINKE dafür sorgen, dass dieses Thema nicht im Sommerloch versandet, sondern weiter auf der politischen Agenda bleibt. Vor dem Hintergrund dieser Informationen und dieser Sachlage ist die Reise des Innenministers in die Vereinigten Staaten nicht viel mehr als eine Alibiveranstaltung. Wenn er Bescheid wusste, kann er sich die Reise in die USA sparen, um Aufklärung zu finden. Stattdessen sollte er lieber nach Moskau reisen und Edward Snowden sicher nach Deutschland holen. Durch das hundertmillionenfache Abschöpfen von Informationen sind die Belange Deutschlands, Deutschlands politische Interessen massiv betroffen. Millionenfach ist Recht gebrochen, bzw. gebeugt worden. Nur Edward Snowden kann darüber zur Aufklärung beitragen. Er braucht deshalb unsere Solidarität und auch unseren Schutz. Deswegen sollte die Bundesregierung umgehend Paragraph 22 des Aufenthaltsgesetzes anwenden und ihn hier sicher nach Deutschland holen. DIE LINKE unterstützt im übrigen die Online-Petition an den Deutschen Bundestag und auch den Appell von Kempeck, der bereits 150.000 Unterschriften gefunden hat.

Zweite Bemerkung zum Thema Eurofighter: Der Eurofighter wird ganz offensichtlich sehr viel teurer als geplant. Die bewilligten 14,7 Milliarden Euro für die Beschaffung von 180 Maschinen sind bereits ausgeschöpft. Wenn sich jetzt Vertreter der Regierungskoalition hinstellen und behaupten, Deutschland brauche nicht mehr so viele Maschinen, man käme auch sozusagen mit gut der Hälfte aus, dann liegt der Verdacht nahe, dass die Bundesregierung und insbesondere das Verteidigungsministerium sich die Verträge von den Waffenlobbyisten zum wiederholten Male haben diktieren lassen. Der Verteidigungsminister de Maizière hat im Zusammenhang mit der Drohnenaffäre schon einmal vorgebeugt und darauf hingewiesen, dass kein einziges Beschaffungsverfahren dieser Größenordnung ohne Probleme sei. Ganz offensichtlich sind Kostensteigerungen und Lieferverzögerungen für ihn naturgegeben. Schon aus diesem Grund ist es das Beste, und das haben wir seit langer Zeit immer wieder gefordert, auf Aufrüstungsprojekte grundsätzlich zu verzichten. Diese Jets braucht niemand. Das Mindeste, was ich vom Verteidigungsminister derzeit erwarte, ist, dass er im Haushalt des Ministeriums Klarheit schafft und die tatsächlichen Kosten für diese Aufrüstung offenlegt. Spätestens dann wird offensichtlich werden, dass der Umbau der Bundeswehr hin zur internationalen Einsatzfähigkeit nicht nur politisch falsch ist, sondern auch ein wirtschaftliches Fiasko darstellt. Egal ob der selbsternannte "Selbstverteidigungsminister" nun aus der Schusslinie genommen wird und als NATO-Generalsekretär gehandelt wird - an diesen Spekulationen werde ich mich nicht beteiligen -, scheint heute schon Fakt zu sein, dass de Maizière wohl in die Geschichte eingehen wird als einer der erfolgreichsten Beschaffungslobbyisten der Rüstungsindustrie.

Letzte Bemerkung, zum EU-Finanzministertreffen: Der Druck, der jetzt wieder auf Griechenland erzeugt wird, ist aus unserer Perspektive unverantwortlich. Die Drohungen, etwaige Raten von 8 Milliarden Euro auszusetzen, sind nicht mehr als ein Ablenkungsmanöver. Ganz offensichtlich hat Frau Merkel ein hohes Interesse daran, die Rechnung ihrer Politik gegenüber den Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern erst nach der Bundestagswahl offenzulegen. Die Fortsetzung der bisherigen sogenannten Rettungspolitik für Griechenland und die Troikareform wäre unverantwortlich. Die griechische Wirtschaft ist am Boden. Die Gesellschaft droht zu zerfallen. Im Übrigen ist die Zerstörung der griechischen Wirtschaft auch eine Veruntreuung deutscher Steuergelder. Kein Land, das in dieser Weise kaputtgespart wird, wäre in der Lage, die ausgezahlten Kredite zurückzuzahlen. Nimmt man die vermeintliche Hilfe für Griechenland von mittlerweile über 207 Milliarden Euro zusammen, die überwiegend für Tilgungen und Zinsen an die Gläubiger und Banken gebraucht wurden und berücksichtigt man die Programme zum Rückkauf von Anleihen, dann wird sehr deutlich, dass diese Griechenland-Rettung zu 100 Prozent eine Bankenrettung war. Die griechische Wirtschaft hat seit Beginn der Krise 20 Prozent der Wirtschaftskraft eingebüßt. Die Jugendarbeitslosigkeit liegt bei 62 Prozent. Das Einkommen der Griechen ist im Durchschnitt um 38 Prozent gesunken. Was Griechenland, was die Krisenländer brauchen, sind Aufbauprogramme statt dieser Art von Zerstörungsprogrammen, um den Ländern eine Perspektive zu geben und die Demokratie in Europa zu stabilisieren. Einen Schuldenschnitt für die Krisenländer, höhere Löhne vor allen Dingen auch in Deutschland, niedrigverzinste Direktkredite der EZB und eine europaweite Vermögensabgabe sind unsere Forderungen und sind ein gangbarer Weg aus der Krise.

Herzlichen Dank!