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Kurzinformation

Die „Gaspreisbremse“ der Bundesregierung

Ein Subventionsprogramm für Wohlhabende und Unternehmen

  • Gaspreisbremse der Regierung ist sozial und ökologisch ungerecht
  • Reiche Haushalte mit hohem Energieverbrauch bekommen am meisten
  • Die Unternehmen bekommen riesige Subventionen geschenkt
  • DIE LINKE Antwort: Energiepreisdeckel mit Grundkontingenten und kostenlosem Sockel; Preisanstieg im Hochverbrauch

 

Viele europäische Länder haben schon „Energiepreisdeckel“ eingeführt. Die erste Idee der Bundesregierung war, die Bevölkerung über eine „Gasumlage“ an den Preissteigerungen zu beteiligen. Das ist inzwischen zurückgenommen. Dann wurde eine Expert*innen-Kommission eingesetzt, die Vorschläge für einen Gaspreisdeckel entwerfen sollte. Die Vorschläge für private Haushalte sowie kleine und mittlere Unternehmen (unabhängig von ihrer wirtschaftlichen Lage) liegen jetzt vor.

Für private Haushalte wird ein zweistufiges Entlastungsprogramm vorgeschlagen:

  1. Im Dezember 2022 werden die Abschlagszahlungen für Gas und Fernwärme vom Staat übernommen. Die Versorgungsunternehmen sollen auf die Erhebung der Abschlagszahlung verzichten und sie vom Staat erstattet bekommen. Mögliche Überschüsse oder Rücklagen der Versorger werden dafür nicht angetastet.
  2. Ab März 2023 soll dann die eigentliche Gaspreisbremse kommen. Dazu wird ein Grundkontingent an Gas und Fernwärme staatlich subventioniert. Es soll jeweils 80 % des für September 2022 veranschlagten Verbrauchs umfassen. Der dafür berechnete Betrag reduziert sich nicht, auch wenn weniger Energie verbraucht wird. Dies soll als Energiesparanreiz wirken. Das Grundkontingent beim Gas ist bei 12 Ct/kWh „gedeckelt“, bei der Fernwärme bei 9,5 Ct/kWh. Für den Verbrauch darüber gilt jeweils der Marktpreis. Ein höherer Preis für Vielverbrauch ist nicht vorgesehen.

Für Industrieunternehmen soll eine Gaspreisbremse bereits zum 1. Januar 2023 kommen. Das Grundkontingent dafür umfasst 70 % des letztjährigen Verbrauchs und ist bei einem Preis von 7 Ct/kWh „gedeckelt“. Die staatlich subventionierte Gasmenge kann von den Unternehmen auch am Markt veräußert werden. Dies soll ein Anreiz zum Energieeinsparen sein. 

Die von der Kommission vorgeschlagene Form der Gaspreisbremse ist sozial ungerecht. Ein Haushalt in einer Zwei-Raum-Wohnung wird genauso behandelt wie einer mit Villa und Swimmingpool: Beide bekommen ihre unterschiedlich hohen Energieverbräuche zu 80 % subventioniert. Haushalte mit hohem Einkommen und viel Energieverbrauch werden in Euro gerechnet stärker entlastet als die mit geringem Einkommen und weniger Energieverbrauch. Für Haushalte mit geringem und mittlerem Einkommen ist ein (subventionierter) Preis von 12 Ct/kWh für das Gasgrundkontingent immer noch sehr hoch (zum Vergleich: Ende 2021 lag der durchschnittliche Gaspreis bei 7,5 Ct/kWh). Der Gaspreis für Industrieunternehmen wird dagegen bei 7 Ct/kWh gedeckelt.

Die gegenwärtige Explosion der Energiepreise hat eine wesentliche Ursache auch in der Liberalisierung der Energiemärkte. Statt der bis dahin üblichen Preisgestaltung durch die öffentliche Hand wird der Preis über Strom- und Gasbörsen bestimmt. Es dominieren kurzfristige Geschäfte, die über Spotmärkte abgewickelt werden, auf denen es zu preistreibender Spekulation kommt.

Der Vorschlag der Kommission deckelt die durch Spekulation hochgetriebenen Marktpreise nicht, sondern bezahlt sie aus öffentlichen Gelder. Die Unternehmen dürfen mit überschüssigen Energiemengen auf diesem kurzfristigen Markt handeln –  damit wird die kurzfristige Spekulation weiter angetrieben, statt sie zu begrenzen.

Vorschläge, wie der Energiemarkt selbst reguliert werden kann, fehlen komplett: Preisobergrenzen auf den Energiemärkten, Extrasteuern auf kurzfristige Spekulationsgewinne, eine allgemeine Besteuerung von Übergewinnen. Im Gegenteil: Die Gewinne der Unternehmen werden durch die staatliche Subvention gesichert.

Die Bundesregierung hat auch eine „Strompreisbremse“ angekündigt. Sie soll kommen, wenn klar ist, wie die dafür vorgesehenen Übergewinne der Energiekonzerne abgeschöpft werden können. Die Stromrechnungen können jedoch nicht warten, sondern müssen bezahlt werden. Die Menschen brauchen auch beim Strompreis eine Antwort, wie sie die nächste Zeit damit klarkommen sollen. Es muss gelten: Preisdeckel müssen sozial gerecht sein und ökologisch lenken. Markt- und Einkaufspreise müssen auch reguliert werden.

DIE LINKE Antwort auf die Energiepreiskrise heißt: Energiemärkte regulieren, Energiekonzerne in die öffentliche Hand[1] und Energiepreise deckeln!

Um die Einkaufpreise und die Preise für die Endverbraucher*innen zu regulieren, braucht es eine grundsätzliche Wende in den Handels- und Eigentumsstrukturen (vgl. PV-Beschluss 2022/254[2]). Die Liberalisierung der Energiemärkte ist gescheitert. DIE LINKE fordert:

  • eine Deckelung des Energiepreises an der Börse. Kraftwerke mit höheren Kosten als die staatlich festgelegte Preisgrenze – insbesondere Gaskraftwerke – erhalten einen Ausgleich der Mehrkosten. Spanien und Portugal praktizieren dies schon so, die Strommarktpreise dort betragen nur 25 Prozent der deutschen Preise.
  • eine Übergewinnsteuer für dieExtraprofite, die aus den explodierten Börsenpreisen entstanden sind.
  • eine europaweite Finanztransaktionssteuer gegen den Hochfrequenzhandel an den Börsen, der die Energiepreise spekulativ hochtreibt.

Sozial gerechte und ökologisch sinnvolle Energiepreisdeckel für die Verbraucher*innen

DIE LINKE fordert seit Jahren einen Strompreisdeckel, der ein kostenfreies oder kostengünstiges Grundkontingent mit einer starken Preisprogression im Hochverbrauch verbindet (ebd.). Dieses Konzept ist sozial und ökologisch gerecht: Der Energieverbrauch steigt im oberen Einkommensbereich steil an. Das Grundkontingent muss so ausgestaltet sein, dass die Entlastung bis zum Durchschnittsverbrauch greift, oberhalb des Durchschnittsverbrauchs aber teurer wird – so ist Grundversorgung für alle gesichert und es werden Anreize zum Energiesparen gesetzt.

Ohne Einberechnung des Heizstroms legen wir als Grundkontingent beim Strompro Person1 200 kWh jährlich fest. Das entspricht in etwa dem durchschnittlichen Stromverbrauch pro Person von Haushalten im mittleren Einkommensbereich („5. Dezil“).[3] Damit können Haushalte mit geringem und mittlerem Einkommen ihren (weitgehend notwendigen) Strombedarf abdecken.[4]

25 % dieses Grundkontingents sind ein kostenfreier Sockelbetrag (für alle). Die Preise sind so gestaltet, dass der Durchschnittsverbrauch stabil im Preis bleibt. Alles bis 10 % unterhalb des Durchschnitts wird billiger und schafft damit Anreize zum Stromsparen. Ab 110 % des Verbrauchs steigen die Preise bis auf 70 % Zuzahlung bei doppeltem Durchschnittsverbrauch.

Dieses Modell ist ein gutes Vorbild für eine sozial und ökologisch gerechte Deckelung des Gaspreises. Der durchschnittliche Wärmeverbrauch im mittleren Einkommensbereich liegt bei 5 846 kWh pro Jahr und Person für alle Energieträger (Heizöl, feste Brennstoffe, Strom, Gas, Fernwärme). Davon werden 2 540 kWh für Gas verbraucht. Ein 4-Personen-Haushalt im mittleren Einkommensbereich verbraucht somit gut 10 000 kWh Gas im Jahr. Haushalte, die auf weniger Quadratmetern und in Mehrfamilienhäusern mit einem durchschnittlichen Verbrauch wohnen, kommen vollständig in den Genuss der Deckelung. Haushalte, die auf größerem Fuß leben, müssen einen Teil ihres Verbrauchs zu einem höheren Preis beziehen und haben damit einen Anreiz, Energie zu sparen. Wir schlagen vor, dass die Differenz zwischen Marktpreis und Grundkontingent zu 80 % über staatliche Zuschüsse finanziert wird. Die verbleibende Differenz von 20 % werden auf den Verbrauch oberhalb des Grundkontingents aufgeschlagen. Auf diese Weise werden Haushalte mit höherem Verbrauch (also die wohlhabenderen Haushalte, die mit weniger Personen auf mehr Fläche wohnen) an der Subvention des Grundkontingents beteiligt, indem sie selbst einen Teil ihres Subventionsbetrags zurückgeben. Billiger als ohne Deckelung ist es trotzdem für alle.

Hinweis an die Leser*innen

Der Bereich Strategie & Grundsatzfragen in der Bundesgeschäftsstelle der Partei DIE LINKE erstellt regelmäßig Informationsmaterialien zu politisch relevanten Themen, Kontroversen und Ereignissen (z.B. Parteitage anderer Parteien, Gewerkschaftstage, Wahlen). Die Informationspapiere dienen der parteiinternen Information und Diskussion und sind mit diesem Link zugänglich: https://filebox.die-linke.de/index.php/s/Qr6BByzALLqFjmT

 


[1]Vgl.: Energiekonzerne vergesellschaften; Hintergrundinformation; https://filebox.die-linke.de/index.php/s/nMy9qHiw5AbSiiy

[2]https://www.die-linke.de/partei/parteidemokratie/parteivorstand/parteivorstand-2022-2024/detail-beschluesse-pv/ein-heisser-herbst-gegen-die-soziale-kaelte-der-regierung-preise-und-profite-deckeln-klima-schuetzen/

[3]  Vgl. Benjamin Held, Einkommensspezifische Energieverbräuche privater Haushalte. Eine Berechnung auf Basis der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe. In: Wirtschaft und Statistik, Heft 2, 2019, S. 72-85

[4] Zur inhaltlichen Herleitung und Begründung liegt ein ausführliches Hintergrundpapier aus dem Bereich Strategie & Grundsatzfragen vor. Darin werden auch die verschiedenen Ansätze für Energiepreisdeckel dargestellt.