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Die große Koalition hat keine Strategie zur Bewältigung der Krise

Statement des Bundesgeschäftsführers der LINKEN, Dietmar Bartsch, auf der Pressekonferenz am 26. Januar 2009 im Berliner Karl-Liebknecht-Haus

Statement als Video- und Audio-Datei

Einen schönen guten Tag, meine Damen und Herren, ich will heute etwas zu drei Punkten etwas sagen: Im geschäftsführenden Vorstand spielte das geplante Konjunkturprogramm der Bundesregierung nochmal eine Rolle. Wir können nach wie vor nicht erkennen, dass die große Koalition in irgendeiner Weise eine Strategie zur Bewältigung der Krise hat. Es ist nicht zu erkennen, was die große Koalition wirklich zu tun gedenkt. Auch das, was angekündigt ist, liegt bisher in Gesetzesform nicht vor. Nur eins ist klar, das Stützen von Banken und von Großaktionären hat Priorität. Das kritisieren wir. Wir betrachten insgesamt das Agieren der großen Koalition als unzureichend. Das Agieren ist sozial unausgewogen, ist sozial ungerecht. DIE LINKE tritt dafür ein, dass öffentliche Investitionen verstärkt werden. Wir sind dafür, dass insbesondere bei Hartz-IV-Beziehern, bei Rentnerinnen und Rentner dafür gesorgt wird, dass die Binnennachfrage erhöht wird, und wir sind für ein wirkliches Strukturprogramm. Es wäre notwendig, dass Deutschland in neue Technologien investiert, das Land zukunftsfähig gemacht wird. Genau an dieser Stelle vermissen wir das Agieren der Bundesregierung, die eine Ankündigungspolitik betreibt, und damit den Anforderungen, die jetzt anstehen, nicht gerecht wird.

DIE LINKE in Berlin hat entschieden, dass sie dem Gesamtpaket so wie es angekündigt wurde nicht zustimmen kann. Das unterscheidet uns von den Grünen, die ja ohne Kenntnis der realen Gesetzeslage schon Zustimmung signalisiert haben. Das ist schon ein beachtenswerter Vorgang, wenn man die Landesregierung in Berlin ermuntert, zuzustimmen, obwohl man im Bundestag zunächst ganz andere Positionen vertreten hat. Das wird bei der LINKEN in dieser Form so nicht geschehen.

Eine zweite Bemerkung sei mir gestattet: Morgen ist der Gedenktag für die Opfer des Nationalsozialismus. Ich erinnere gerne nochmal daran, dass es damals die kleine PDS-Fraktion war, die diese Anregung gegeben hatte, die dann umgesetzt worden ist. Ich will klar und deutlich sagen: Rechtsextremismus ist nachwievor eine Gefahr in Deutschland. Es ist kein Randproblem, sondern es ist ein Problem mitten in der Gesellschaft. Der morgige Gedenktag sollte Anlass sein, erneut über Wege und Möglichkeiten der Bekämpfung des Rechtsextremismus nicht nur dachzudenken, sondern aktiv zu werden. DIE LINKE wird weiterhin ihren Beitrag leisten. Für mich ist besonders verwerflich, dass die Berliner NPD für den 27. Januar eine Mahnwache unter dem Motto „Stoppt den israelischen Holocaust im Gasa“ angemeldet hat. Das ist eine ungeheuerliche Provokation. DIE LINKE wird sich an den Proteste gegen diese Mahnwache beteiligen. Es ist der unsägliche Versuch der NPD, die Opfer in Gaza für antisemitische Propaganda zu instrumentalisieren.

Drittens sei mir gestattet, eine Bemerkung zu den Äußerungen von Franz Müntefering in der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“ zu sagen: Franz Müntefering versucht hier offensichtlich bewusst uns in eine Nähe von national und sozial zu setzen. Das ist völlig inakzeptabel. Ich weise das hier noch einmal mit aller Entschiedenheit zurück. Nichts aber auch gar nichts hat unsere Politik etwa mit der Politik der NPD oder anderer rechtsextremistischer Parteien zu tun.

Natürlich werden in Deutschland und im Deutschen Bundestag auch nationale Entscheidungen getroffen, ob es die Gesundheitsreform ist, die wir kritisiert haben, oder die Mindestlöhne in der letzten Woche waren. Das sind selbstverständlich Entscheidungen nationaler Parlamente. Aber uns hier zu unterstellen, dass wir keine Partei sind, die selbstverständlich in Europa agiert, die proeuropäisch ist, das ist wirklich nicht hinzunehmen. Ich glaube, dass hier Franz Müntefering den ziemlich untauglichen Versuch macht, die SPD zu einigen. Es ist ein deutliches Zeichen von Nervosität bei der SPD. Es ist so, dass sie offensichtlich den nächsten anstehenden Wahlen mit großer Sorge entgegensieht. Das ist nach Bayern und Hessen verständlich. Aber es wird so sein, wer mit diesen Vergleichen agiert, dem werden auch Wählerinnen und Wähler dann die rote Karte zeigen.

DIE LINKE ist zum Beispiel eine Partei, die für einen europäischen Mindestlohn eintritt. Wir sind dafür, dass es soziale Standards in Europa gibt. Also ohne Wenn und Aber: Wir sind eine internationalistische Partei. Ich möchte auch darauf hinweisen: Lothar Bisky ist der Vorsitzende der Europäischen Linkspartei, auch das widerspricht dem, was Franz Müntefering gesagt hat. Ich hoffe, dass das eine einmalige Entgleisung ist. Ich hoffe, dass der Wahlkampf in der Sache hart und deutlich, aber doch fair geführt wird und dass man nicht versucht, über Denunziation uns in eine Ecke zu stellen, wo wir in keiner Weise hingehören. Gerade wir – auch im Hinblick auf unsere Geschichte – haben, was antifaschistische Positionen betreffen, überhaupt keinen Nachholbedarf.