DIE LINKE geht selbstbewusst in den Wahlkampf
Statement des Bundesgeschäftsführers Dietmar Bartsch nach der Beratung des Geschäftsführenden Parteivorstandes:
Guten Tag, meine Damen und Herren, wir haben – wie nicht anders zu erwarten war – heute im Geschäftsführenden Vorstand als erstes über die Situation in Hessen geredet. Wir haben ja alle die Ereignisse der letzten Woche zur Kenntnis nehmen müssen und sind natürlich ob der Entwicklung nicht sonderlich glücklich. Aber es ist völlig klar, DIE LINKE wird sich der anstehenden Herausforderung stellen. Wir werden sehr selbstbewusst in diesen Wahlkampf gehen und fürchten auch keine Neuwahlen. Wir haben selbstverständlich das Ziel, stärker im nächsten hessischen Landtag vertreten zu sein. Wir werden den Wählerinnen und Wählern ein inhaltliches Angebot unterbreiten. Das wird sich nicht prinzipiell vom letzten Angebot unterscheiden – wir wollen ein Angebot für mehr Demokratie, für Chancengleichheit in der Bildung und für soziale Gerechtigkeit in Hessen unterbreiten. Eines unserer Ziele in Hessen war und ist die Abwahl von Roland Koch, selbst wenn die Umfragen im Moment nicht darauf hindeuten, dass das möglich ist. Aber wir werden dieses Ziel weiter im Auge behalten. Man hat in Hessen ja bei der Abschaffung der Studiengebühren deutlich sehen können, was linke Mehrheiten erreichen können – in dem Falle für Studentinnen und Studenten und für Familien. Wir wollen in Hessen einen Politikwechsel. In dieser Woche wird sich die Parteispitze mit der hessischen Parteispitze treffen, da werden notwendige Vorbereitungen und mögliche Unterstützung für den Wahlkampf besprochen werden. Wir werden den hessischen Wahlkampf mit den Parteivorsitzenden und anderen Prominenz aktiv unterstützen.
Ich will eine Bemerkung machen zur Situation der hessischen SPD. Es waren sehr schnelle Entwicklungen in den letzten Tagen, und ich habe mit Interesse zur Kenntnis genommen, dass es nunmehr einen neuen Spitzenkandidaten gibt – Herrn Schäfer-Gümbel. Interessant ist, dass dieser nun den schönen Satz gesagt hat: „Sag niemals nie“. Auf der einen Seite könnte man sagen, das ist eine positive Entwicklung, wird doch nunmehr vor der Wahl auch ein Bündnis mit der Partei DIE LINKE nicht ausgeschlossen. Ich finde das allerdings auch problematisch, weil das auch heißt, dass es möglich ist, mit der CDU in eine Regierung zu gehen. Und das allerdings finde ich schon beachtenswert, wenn jemand sagt: Ich kann eigentlich mit jedem. Das heißt ja, dass man offensichtlich weniger auf inhaltliche Prioritäten setzen will. Ich finde das sehr beunruhigend. Das zeugt von der anhaltenden Orientierungslosigkeit der SPD. Jetzt wird offensichtlich versucht, so ungefähr alles abzudecken. Das ist schon ein eigenartiges Ding. Ich sage darum noch einmal: Die LINKE wird eigenständig und für ihre Inhalte in die Wahlkämpfe gehen. Und ich wiederhole noch einmal: Wir gehen sehr selbstbewusst und streben an, unser Ergebnis zu verbessern.
Wir haben heute im Parteivorstand auch über die Verantwortung der Bundes-SPD für die entstandene Situation gesprochen, denn es ist ja gerade auch von den wechselnden Parteiführungen vieles getan worden, um Andrea Ypsilanti Knüppel in den Weg zu werfen.
Eine Bemerkung will ich noch machen zu den Äußerungen des Wochenendes bzw. des Montags. Ich habe mit Interesse das Interview von Franz Müntefering im „Spiegel“ zur Kenntnis genommen. Auch Herr Struck hat sich ja geäußert, dass man nunmehr auch mit der LINKEN auf der Landesebene, und zwar generell, zusammenarbeiten kann. Da gab es viele Fragen und Aufgeregtheiten. Ich kann daran überhaupt nichts Spannendes empfinden. Hier wird ein Stück Normalität hergestellt. Ich kann da nur raten, dass man doch bitte inhaltliche Kriterien für die Zusammenarbeit mit anderen Parteien aufstellt. Es kann doch keinen anderen Maßstab geben. Selbstverständlich wird die SPD immer versuchen, auch in Regierungsverantwortung zu kommen. Das ist doch auch völlig legitim. Aber wenn es wirklich so ist, dass eigentlich die Inhalte keine Rolle mehr spielen – wenn ich in die Länder schaue, wo im nächsten Jahr auch Wahlen sind, wenn ich Herrn Matschie richtig verstanden habe – das ist völlig wirr! Dem ist es egal, mit wem er koaliert, da geht es überhaupt nicht mehr um das Bildungsangebot in Thüringen oder darum, ob man öffentlich geförderte Beschäftigung will usw. Dort ist alles möglich, es gibt nur eines, was angeblich klar ist: Er wird nicht Koalitionspartner der LINKEN, wenn die LINKE stärker wird. Das aber ist nun sehr sicher, dass die LINKE stärker wird als die SPD. Ich kann darum Herrn Matschie nur raten, nicht den Fehler von Frau Ypsilanti zu wiederholen, das könnte nach der Wahl relativ traurig sein.
Ein zweiter Schwerpunkt, zu dem ich etwas sagen will ist die Vorbereitung der Europawahlen. Zu diesem Tagesordnungspunkt war heute das Präsidium des Bundesausschusses auf der Geschäftsführenden Parteivorstandssitzung zu Gast. Es ging um eine Verständigung zur Aufstellung der Europaliste, die wir am 1. März nächsten Jahres in Essen auf der Delegiertenkonferenz wählen. Dazu wird es im Dezember einen Personalvorschlag geben, der dann im Januar 2009 im Bundesausschuss behandeln wird. Ich will hervorheben, dass der Geschäftsführende Parteivorstand und das Präsidium des Bundesausschusses die Spitzenkandidatur von Lothar Bisky einmütig unterstützt haben. Das finde ich nicht überraschend, aber es freut mich natürlich. Lothar Bisky ist ja, wie Sie wissen, Vorsitzender der Europäischen Linkspartei. Wir werden im Europawahlkampf sowohl für das Ergebnis der LINKEN, aber auch darüber hinaus auch für die Europäische Linkspartei Verantwortung haben. Das ist für uns eine große Herausforderung. Zur Europaliste vielleicht noch soviel: Wir werden 16 Kandidatinnen und Kandidaten in Einzelwahl wählen und insgesamt eine Liste mit 30 Kandidatinnen und Kandidaten mit der Wahl auf dem Parteitag aufstellen. Sie wissen, wir arbeiten am Europawahlprogramm. Der Entwurf ist veröffentlicht, die Partei ist jetzt aufgefordert, bis November Veränderungen vorzuschlagen. Danach werden wir im Januar dieses Europawahlwahlprogramm als Leitantrag verabschieden, und diesen dann auf dem Parteitag diskutieren und entscheiden zu können.
Eine letzte Bemerkung, die ich machen möchte, was die Rentenangleichung Ost – West betrifft. Nun ist das ein Punkt, der bei uns eine zentrale Bedeutung hat. Wir haben ja eine Rentenkampagne, die in den Ländern vorangetrieben wird. Laut „Spiegel“ will die Bundesregierung offensichtlich erst ab 2020 die Renten in Ost und West einheitlich berechnen. Das ist wirklich ein Skandal. Das heißt nämlich, dass es erst weitere 50 Jahre später eine reale Rentenangleichung Ost – West geben wird. Es ist also letztlich die Verschiebung auf den Sankt-Nimmerleins-Tag – und das wird die Linke nicht akzeptieren. Hier werden wir die besonderen Interessen der Ostdeutschen im nächsten Bundestagswahlkampf deutlich artikulieren, denn das darf so nicht sein. Damit werden die Lebensleistungen vieler Ostdeutscher nicht anerkannt. Wieso gibt es so viele Jahre nach der deutschen Einheit noch diese Unterschiede? Das ist nicht akzeptabel. Ich bin sicher, dass diese Thematik noch nicht abschließend entschieden ist, denn wir werden spätestens, wenn die Wahlen im nächsten Jahr entschieden sind, dieses Thema erneut aufrufen. Die jetzige Entscheidung wird die LINKE nie akzeptieren.