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DIE LINKE hat das deutsche Parteiensystem verändert

Statement von Oskar Lafontaine auf der Pressekonferenz in der Berliner Kulturbrauerei

DIE LINKE ist erst vor zwei Jahren gegründet worden. Wir hatten das Ziel, uns bei der Bundestagswahl noch einmal zu stärken. Wir hatten das Ziel, neben den ostdeutschen Landesparlamenten auch mindestens in drei westdeutschen Landesparlamenten erfolgreich zu sein. Wir haben das Ziel jetzt deutlich übertroffen. In sechs westdeutschen Landesparlamenten sind wir nun vertreten. Wir haben bei der Bundestagswahl ein zweistelliges Ergebnis nach so kurzer Zeit erreicht. Man kann also ohne Übertreibung sagen: DIE LINKE hat das deutsche Parteiensystem endgültig verändert. Wir haben jetzt ein Fünf- oder Sechs-Parteien-System.

Wir denken jetzt an die Aufgaben, die bewältigt werden müssen. Es ist bisher keiner Regierung gelungen, den Bankensektor zu regulieren. Vielmehr wird derzeit der nächste weltweite Crash vorbereitet, weil nirgendwo die Finanzindustrie gehindert wird, ihre fatalen Geschäfte weiter zu betreiben. Es ist ja ein offenes Geheimnis, dass sowohl die Wallstreet-Manager also auch die Banker hier in Deutschland sagen, wir machen alle weiter wie bisher, nur es soll niemand merken. Das ist eine große Herausforderung, weil die jetzige Krise bereits zum Verlust von Billionen Werten geführt hat und zum Verlust von Millionen Arbeitsplätzen, um die Hauptauswirkungen einmal zu benennen. Dass die Politik unfähig ist, darauf mit entsprechenden Regulierungen zu reagieren, ist fatal.

Vor diesem Hintergrund ist es paradox, dass in einer Zeit, in der der Staat in den Vordergrund rückt und in der die Regulierung weltweit, aber auch national angesagt ist, dass in dieser Zeit die beiden politischen Kräfte eine Mehrheit erhalten haben, die im Grunde genommen gegen die politischen Notwendigkeiten stehen. Die Christdemokraten etwas weniger, aber die Freien Demokraten an erster Stelle. Eigentlich hätte man jetzt eine Koalition gebraucht, die den Aufgaben der Zeit gewachsen ist, nämlich die Rolle des Staates und insbesondere die Regulierung neu zu definieren. Es ist bedauerlich, dass es nicht dazu gekommen ist. Da wird jetzt das Augenmerk auf die deutsche Sozialdemokratie zu werfen sein, die einen wesentlichen Anteil am Wahlergebnis hat, weil es ihr nicht gelungen ist, ihre Wähler zur Wahlurne zu bringen.

Mit der entstandenen schwarz-gelben Mehrheit muss die Frage beantwortet werden, wie weiterer sozialer Kahlschlag verhindert werden kann. Da spielt der Bundesrat jetzt eine besondere Rolle. Er rückt in das Blickfeld der deutschen Politik und damit auch das Verhalten der Sozialdemokratie in den einzelnen Ländern. Im Saarland ist das beantwortet. Das brauche ich nicht weiter zu vertiefen. Wie das in Brandenburg ausgehen wird, wird man sehen. Wie das in Thüringen ausgehen wird, wird man sehen. Auf jeden Fall müsste jetzt die Sozialdemokratie ihre Hauptaufgabe darin sehen, alles zu tun, um den zu befürchtenden Sozialabbau zu stoppen. Damit würde Nordrhein-Westfalen schon nach kurzer Frist zur entscheidenden Wahl. Der bundespolitischen Bedeutung für die Mehrheiten im Bundesrat entsprechend wäre das im Mai nächsten Jahres dann eine kleine Bundestagswahl.

Wir werden unseren Weg der programmatischen Vorhut trotz der ständigen Anfeindungen und unkorrekten Berichterstattung fortsetzen. Ich habe wieder in vielen Kommentaren gehört, DIE LINKE stelle die richtigen Fragen, habe aber keine Antworten. Eine solche Darstellung ist völlig frei von jeder Sachkenntnis. Damit müssen wir leben. Es müsste doch aufgefallen sein, dass in der Schlussphase des Wahlkampfes SPD und CDU auf Rezepte der LINKEN zurückgegriffen haben, indem sie erklärt haben, die Börsen- und Finanzspekulationen eindämmen zu wollen. Kurz vor der Wahl sind sie für eine Börsenumsatzsteuer, die weltweit durchaus in vielen Staaten eine Rolle spielt, bzw. dafür, dass wir die Finanzmarkttransaktionen besteuern wollen. Das sind alles Vorschläge der LINKEN. Ich rufe Ihnen einen weiteren Vorschlag nochmal in Erinnerung, den wir schon auf zwei Parteitagen gemacht haben: Wir brauchen einen Dollar-Ersatz als Leitwährung im internationalen Währungsgefüge. Renommierte Nationalökonomen vertreten diese Forderung. Ich prognostiziere Ihnen, in spätestens drei Jahren werden auch andere Parteien diesen Vorschlag aufgreifen.

Letzter Punkt: Wir gehen davon aus, dass jetzt die neue Koalition endgültig mit dem undemokratischen Missbrauch aufhört, DIE LINKE vom Verfassungsschutz beobachten zu lassen. Ich fordere die neue Regierung auf, diese undemokratische Attitüde einzustellen. Und die FDP als Bürgerrechtspartei wird den Test auf ihre Glaubwürdigkeit machen, ob sie in der Lage ist, diese Praktiken von Bananenrepubliken abzustellen oder nicht. Ich weise daraufhin, dass wir von über 5 Millionen Wählerinnen und Wählern den Auftrag in einer parlamentarischen Demokratie haben und dass die Verhaltensweise der bisherigen Regierung Merkel völlig inakzeptabel war.