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DIE LINKE ist eine Partei in Europa

Statement von Bundesgeschäftsführer Dietmar Bartsch auf der Pressekonferenz im Berliner Karl-Liebknecht-Haus

Statement als Video- und Audio-Datei

Einen schönen guten Tag, meine Damen und Herren, wie angekündigt, möchte ich zur Vorstandssitzung etwas sagen, aber ein aktueller Anlass, nämlich die Demonstration in Dresden und die Folgen danach haben veranlasst, als erstes dazu Stellung zu nehmen.Zunächst einmal bin ich sehr froh, dass deutlich über zehntausend Menschen an der Demonstration "Gehdenken" gegen Rechtsextremis und Geschichtsfälschung teilgenommen haben. DIE LINKE war vor Ort und auch bundesweit sehr aktiv bei der Unterstützung dieser Demonstration. Ich bin sehr froh, dass außerparlamentarische Initiativen, Gewerkschaften, die SPD, die Grünen und auch meine Partei gemeinsam dort demonstriert haben und ein klares und deutliches Zeichen gesetzt haben. Natürlich ist für mich erschreckend, dass es auf der Rückfahrt einiger Busse zu diesen verheerenden Vorkommnissen gekommen ist. Es ist offensichtlich so, dass Busse der Gewerkschaften und der LINKEN überfallen worden sind. Wie wir erfahren haben, ist auch ein Mitglied meiner Partei schwer verletzt worden und wird nach unserer Kenntnis heute operiert. Ich verurteile den feigen Überfall der Nazis auf das Schärfste und wünsche allen Verletzten gute Besserung und möglichst baldige Genesung.Das brutale Auftreten der Nazis hat natürlich eine völlig neue Qualität, und ich gehe davon aus, dass wirklich schnellstmöglich dieser Überfall aufgeklärt wird und die Täter konsequent bestraft werden. Ich will auch anmerken, dass offensichtlich zumindest, was die Abfahrt der Busse betrifft, das Polizeikonzept nicht stimmig war. Es kann nicht sein, dass bei der Abfahrt derartige Vorkommnisse möglich sind. Ich will klar und deutlich auch die Polizei auffordern, beim Sicherheitskonzept zukünftig derartiges zu beachten. Soweit mir bekannt ist, gibt es jetzt auch entsprechende Sonderkommissionen. Also nochmal: schnellstmögliche Aufklärung und konsequente Bestrafung der Täter.Nun zur Vorstandssitzung, die wir am Samstag hier in diesem Raum stattgefunden hat: Wie in der einen oder anderen Zeitung schon zu lesen war, stand das Wahlprogramm zum Europaparteitag im Mittelpunkt. Es wurden diverse Anträge behandelt, die das Europawahlprogramm auch positiv verändert haben. Ich will nochmal klar und deutlich sagen: Es gibt keine Debatte pro- oder antieuropäisch. DIE LINKE agiert in Europa. DIE LINKE ist eine internationalistische Partei ohne Wenn und Aber. Deshalb ist es uns jedoch nicht verboten, kritisch auf die Zustände in Europa zu blicken und auch unsere Positionen sehr deutlich zu machen. Es ist so, dass wir auch die europäischen Errungenschaften verteidigen, ohne Wenn und Aber, und trotzdem behalten wir uns vor, grundsätzliche Kritik zu äußern, wie das ja auch bei unserer Klage in Karlsruhe deutlich wird. Ich habe mit Interesse den Artikel in der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" gelesen. Ich werde auch zitiert. Das ist auch alles soweit in Ordnung. Nur will ich schon darauf aufmerksam machen, dass genau die kritisierte Passage, eine ist, die ist am Samstag verändert wurde. Da steht also nicht mehr drin, dass sich die EU an Kriegen beteiligt, sondern die Formulierung ist jetzt richtiger Weise: "Mehr noch: Europäische Staaten sind an Kriegen beteiligt."Der Artikel hat übrigens noch was Positives gebracht, nämlich dass wir heute am Montag jetzt 12 Akkreditierungen mehr von Journalistinnen und Journalisten zum Europaparteitag haben. In diesem Sinne kann man ja da nur einen positiven Bezug darauf nehmen. Also: Ohne Wenn und Aber, DIE LINKE ist eine Partei in Europa. Wir nehmen positiven Bezug auf Europa. Wir finden uns aber mit Zuständen der Ungerechtigkeit und insbesondere, dass Europa oder europäische Staaten sich an Kriegen beteiligen, so nicht ab.Ein weiterer Punkt, der eine Rolle auf der Vorstandssitzung spielte, war die Vorbereitung der Konferenz der LINKEN unter dem Titel "60 Jahre Grundgesetz: Offen für eine neue soziale Idee", die wir 6. und 7. März in Leipzig durchführen. DIE LINKE will die Verankerung sozialer Grundrechte als eine mögliche Weiterentwicklung des Grundgesetzes auf der Konferenz diskutieren und einen Bezug zu anderen geschichtsträchtige Daten, beispielsweise der Jahre 1989, 1949, 1919 und andere vornehmen.Eine vierte und letzte Bemerkung, die ich machen will, hat mit den Ereignissen des Wochenendes zutun hat: das Konjunkturpaket und seine Folgen. Ich bin wirklich erstaunt, welche Erkenntnisse da zustande kommen. Am meisten hat mich natürlich verwundert, dass sowohl Herr Steinbrück als auch Frau Merkel kritisiert haben, dass es Bonuszahlungen an Manager gibt. Das ist schon ein starkes Stück. Die Bundesregierung hat den Bankenschirm aufgemacht. Die Bundesregierung hat dafür gesorgt, dass großzügig Mittel an die Banken gegangen sind, damit es kein Bankensterben gibt und hat offensichtlich versäumt, darauf hinzuwirken, dass es keine Bonuszahlungen gibt. Es kann doch nicht wahr sein, dass hier Manager, die Banken in ganz schwierige Situationen führten, dann trotzdem Millionen erhalten. Das kann wirklich nicht sein. Wenn man Verträge gestaltet, dass so etwas möglich ist, dass trotzdem Boni gezahlt werden, dann haben Herr Steinbrück und Frau Merkel versagt.Ich will auch eine Bemerkung zur HRE machen: Das, was da abläuft, ist für niemanden mehr verständlich. Den insgesamt bis zu 100 Milliarden, die dort verbürgt, teilweise auch schon geflossen sind, steht ein Börsenwert gegenüber, der nur noch im Millionenbereich ist, das ist mit rationalem Verstand überhaupt nicht mehr zu fassen. Die Verstaatlichung hätte lange geschehen müssen. Das haben wir im Übrigen seit Wochen gefordert. Eine weitere Verzögerung ist unseres Erachtens wirklich absurd. Hier muss gehandelt werden und nicht eine Milliarden-Überweisung oder eine Milliarden-Bürgschaft nach der anderen vorgenommen werden.Ich bin auch einigermaßen erstaunt, was es für neue Forderungen aus der SPD gibt: Mit Interesse habe ich gelesen, dass Herr Steinbrück nunmehr eine Börsenumsatzsteuer fordert. Das freut mich natürlich sehr. Das fordern wir seit langem und ich habe es an dieser Stelle auch mehrfach schon gesagt, dass wir in Deutschland so etwas wie in Großbritannien, in Schweden oder in Frankreich einführen sollten. Jetzt fordert Herr Steinbrück, das im SPD-Wahlprogramm zu verankern. Das ist sehr positiv. An diesem Beispiel sieht man erneut, dass links wirkt. Es ist schon eigenartig, dass beim Mindestlohn, bei der Begrenzung der Managergehälter unsere Forderungen aufgenommen werden, ohne allerdings dann auch nur den kleinsten Bezug zu denjenigen, die sich hier in der Gesellschaft und in den Parlamenten dafür engagiert haben, vorzunehmen. Ich will vor allem hoffen, dass diese Forderungen nicht ausschließlich was mit Wahlkampf zutun haben. Diese Gefahr sehe ich, dass in den Wahlkampfzeiten jetzt umfangreich darüber geredet wird und dass am 28. September das alles in den Schubladen verschwindet. Wir hatten eine ähnliche Situation bereits bei den letzten Wahlen, wo umfangreich darüber geredet wurde, dass es mit der SPD keine Mehrwertsteuererhöhung geben werde. Die Mehrwertsteuererhöhung ist dann allerdings sehr zügig vorgenommen worden. Und auch andere Dinge waren eigentlich anders besprochen. Also ich hoffe, dass es sich nicht um Taschenspielertricks handelt und dass die SPD hier unlauter versucht, Stimmen zurückzugewinnen. Ich wünsche mir, dass diese Dinge ernsthaft angegangen werden und dass die SPD im Wahlkampf nicht Versprechungen macht, die dann nicht eingehalten werden.Dankeschön!