DIE LINKE lehnt Waffenlieferungen ab - in den Irak und grundsätzlich
Der Parteivorstand der LINKEN hat in seiner Sitzung am 31. August im Vorfeld der Bundestagssitzung zu den geplanten Waffenlieferungen in den Irak einmütig den folgenden Beschluss gefasst:
Am Montag, 1. September 2014, will die Bundesregierung über Waffenlieferungen in den Irak den Bundestag debattieren und die tags zuvor getroffene Entscheidung der Bundesregierung durch eine namentliche Abstimmung im Bundestag unterstützen lassen. Die Waffen - wohl Panzerabwehrwaffen vom Typ Milan, G36 Gewehre und - via Italien - Maschinengewehre vom Typ MG42 sowie Nachtsichtgeräte und umfangreich Munition soll an die so genannten Peschmerga, Kämpfer der Kurdisch Demokratischen Partei (KDP) von Masud Barsani gehen. DIE LINKE lehnt diese Waffenlieferungen im konkreten wie grundsätzlich ab. Deshalb wird die Fraktion DIE LINKE am 1. September bei der Abstimmung gegen diese Waffenlieferungen stimmen.
Gregor Gysi hat am 12. August die zentralen Argumente benannt: "Ich war und bleibe ein Gegner von deutschen Waffenexporten. Deutschland hätte nach 1945 beschließen müssen, nie wieder an Kriegen verdienen zu wollen. Seit 1990 gab es nur falsche und schlimme Angriffskriege von NATO-Ländern sowie Bürgerkriege. Erstmalig erleben wir, dass eine Terroristenarmee islamistischer Söldner von außen - unter Begehung zahlreicher Morde - versucht, den Irak und Syrien zu erobern. Die Ursachen liegen in dem völlig falschen und wahnsinnigen Krieg der USA gegen den Irak von 2003, an der falschen Politik gegenüber Syrien, an der falschen Politik dergegenwärtigen irakischen Regierung und an der Tatsache, dass die türkische Regierung die terroristischen Söldner der ISIS unbehelligt durch die Türkeimarschieren ließ. … Ich finde es ungeheuerlich, dass die Bundesregierung an Länder wie Saudi-Arabien und Katar, aus denen heraus die ISIS-Armee bezahlt wird, unzählige Waffen liefert."
Die Bundesregierung wird mit der direkten Waffenlieferung an eine - von mehreren Konfliktparteien vor Ort zur Kriegspartei. Die Berichte besagen, dass es weniger die Peschmerga als vielmehr die der PKK nahestehenden Kämpfer/innen der kurdischen Partei der Demokratischen Union (PYD) aus dem benachbarten Syrien waren, die Yeziden vor Ort gerettet haben. Das PKK-Verbot ist völlig kontraproduktiv, DIE LINKE fordert eine Aufhebung des PKK-Verbots.
Waffenlieferungen bedeuten, dass Menschen an diesen Waffen auch ausgebildet werden müssen. Ein so genannter Endverbleib der jetzigen Rüstungslieferungen bei den vorgesehenen Empfängern kann sowieso kaum garantiert werden, bei diesen Waffenlieferungen ist das noch unwahrscheinlicher. Es besteht sogar die Möglichkeit, dass denjenigen, denen angeblich durch diese Waffenlieferungen geholfen werden soll (vor allem Yeziden und andere Minderheiten), später Opfer genau dieser Waffen werden könnten (vgl. Süddeutsche Zeitung vom 29. August 2014).
Die Bundesregierung verstößt mit dem jetzigen Beschluss zu Rüstungsexporten offen gegen das Kriegswaffenkontroll- und Außenwirtschaftsgesetz sowie die eigenen "Politischen Grundsätze der Bundesregierung zum Rüstungsexport".
Schon bisher wurden an kriegsführende Staaten Waffen geliefert, Gregor Gysi hat hier z.B. Saudi-Arabien oder Israel benannt. Nun sollen erstmals offiziell deutsche Kriegswaffen an nichtstaatliche kriegsführende Empfänger (die Peschmerga) gehen. Das ist ein Präzedenzfall und weiterer Türöffner für spätere Rüstungsexporte.
Angeblich wollte die Bundesregierung - so war zumindest Sigmar Gabriel zu vernehmen - Rüstungsexporte einschränken, dies ist mit dem geplanten Rüstungsexport völlig hinfällig. DIE LINKE fordert die Bundesregierung auf, auf politischer Ebene massiv auf die befreundeten Staaten Türkei, Saudi-Arabien und Katar Druck ausüben, damit deren Unterstützung und Finanzierung der IS-Einheiten sofort beendet wird.
DIE LINKE befindet sich mit ihrer Ablehnung von Waffenlieferungen auch - so ergeben Umfragen - bei der Mehrheit der bundesdeutschen Bevölkerung.
Im Übrigen sind - nach Analyse von Militärexperten - die US-Luftangriffe gegen die IS-Einheiten offensichtlicheinzustufen als wirkungslos bis kontraproduktiv. Militärische Lösungen - auch durch andere Formen von Militäreinsätzen gibt es nicht.
Die internationalen Akteure müssen in dieser Krise nach drei gleichberechtigten Prämissen handeln: akute Konflikteindämmung, politische Deeskalation und humanitäre Hilfe. Dies darf nicht die Stunde von Interventionen werden. Ein dritter Irakkrieg ist keine Lösung Dies muss dieStunde der Vereinten Nationen werden.
Wirkliche Hilfe für die Menschen vor Ort ist allenfalls durch umfangreiche humanitäre Hilfe möglich, darauf muss der Fokus liegen. Dafür muss alles getan werden. Die Bundesregierung muss großzügig Flüchtlinge aus der Region aufnehmen. Offene Grenzen für Menschen in Not. Die Bundesregierung lenkt mit den Waffenlieferungen von den eigentlichen Notwendigkeiten auch ab.
Tabubruch für neue deutsche Außenpolitik
Die deutsche Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen benennt offen, um was es bei den Waffenlieferungen an die irakisch-kurdischen Peschmerga auch geht: "Wichtiger als die Frage, ob und welche Waffe wir am Ende liefern, ist die Bereitschaft, Tabus beiseite zu legen und offen zu diskutieren." Sie sieht die Debatte um die Waffenlieferungen auch im Kontext der Debatte um eine neue militarisierte Außenpolitik, die Bundespräsident Joachim Gauck angestoßen hat. DIE LINKE wendet sich klar gegen diesen Tabubruch. Im 100. Jahr der Wiederkehr des Beginns des ersten Weltkriegs und dem 75. Jahrestag des Beginns des zweiten Weltkriegs ist unser Petitum klar: Nie wieder Krieg und nie wieder Krieg von deutschem Boden aus!
Es zeugt nicht gerade von historischer Sensibilität ausgerechnet am 1. September, dem Tag an dem die deutsche Wehrmacht vor 75 Jahren Polen überfiel und damit den zweiten Weltkrieg auslöste, und der seither - vor allem von Gewerkschaften und Friedensbewegung - als Antikriegstag bzw. Weltfriedenstag begangen wird, eine tabubrechende Abstimmung über deutsche Waffenlieferungen in Kriegsgebiete vom Bundestag billigen lassen zu wollen.
Im Bundestagswahlprogramm der LINKEN heißt es: "Jede Waffe, die aus Deutschland exportiert wird, dient der Aufrüstung eines anderen Landes, fördert Unterdrückung und macht es möglich, dass anderswo in der Welt Konflikte gewaltsam ausgetragen und Kriege geführt werden. DIE LINKE fordert ein Verbot aller Rüstungsproduktion und Rüstungsexporte - ohne Ausnahmen." Dies trifft grundsätzlich und auch konkret zu, für die jetzt geplanten Waffenlieferungen der Bundesregierung an die Peschmerga-Kurden.