Die politischen Schwerpunkte unserer künftigen Arbeit
Lothar Bisky, Vorsitzender der Partei DIE LINKE, auf der Pressekonferenz im Berliner-Karl-Liebknecht-Haus zu den Ergebnissen der Vorstandssitzung
Nächstes Wochenende werden sich in Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg die Landesverbände gründen. Am vergangenen Wochenende hat sich der Landesverband Bremen konstituiert. Landessprecher sind Axel Troost und Cornelia Bath. Der Vereinigungsprozess ist weit voran geschritten. Der Zug ist nicht mehr aufzuhalten. Wir dürfen aber dabei nicht vergessen, wozu wir da sind – die Sorgen der Menschen in die Parlamente zu tragen. Deshalb freue ich mich, dass wir uns wieder mehr den Inhalten zuwenden können. Ich merke, die SPD will jetzt die Probleme erfolgreich lösen, die es ohne SPD gar nicht gäbe. Darauf will ich aber nicht weiter eingehen, sondern auf die Sitzung des Parteivorstandes am Samstag, auf der wir die politischen Schwerpunkte der künftigen Arbeit bestimmt haben.
Das sind: die Weiterführung der Mindestlohnkampagne in Verbindung mit dem Kampf gegen Lohndumping, Befristung von Arbeitsverhältnissen, Minijobs, Leiharbeit und Hartz IV; der Kampf gegen Altersarmut und gegen die Rente mit 67; die Restaurierung des Sozialstaates, die Sicherung der öffentlichen Daseinsvorsorge und sozialer Dienstleistungen und unser friedenspolitisches Engagement, vor allem für den Abzug der Bundeswehr aus Afghanistan und die Stärkung der zivilen Hilfe.
Die Kampagne für einen gesetzlichen Mindestlohn wird weitergeführt und inhaltlich erweitert. DIE LINKE fordert die gesetzliche Begrenzung der Leiharbeit und die Verbesserung der Arbeits- und Lebensbedingungen für die Beschäftigten in den Leiharbeitsbetrieben. Einen entsprechenden Beschluss hat der Parteivorstand gefasst.
Leiharbeit boomt. Rund 800.000 Beschäftigte müssen in Leiharbeit arbeiten. Sie sind massivem Lohndumping ausgesetzt. Durchschnittlich verdienen sie 40 Prozent weniger als die Stammbelegschaften. Die zeitlich unbegrenzten Leiharbeitsverhältnisse, die wechselnden Arbeitsplätze und die Unsicherheit des Arbeitsplatzes machen eine normale Lebensplanung unmöglich. Die Bundesregierung hat sich bisher selbst geringfügigen Verbesserungen auf europäischer Ebene widersetzt.
Kernforderungen der LINKEN für die gesetzliche Regelung zur Leiharbeit sind:
für gleiche Arbeit sowie gleiche Arbeitsbedingungen mindestens die gleiche Vergütung erhalten
zusätzlich zur Entlohnung fordern wir eine Flexibilitätsvergütung, die kann auch in Form von bezahlter Freistellung abgegolten werden kann
eine Befristung der „Entleihung“ auf maximal sechs Monaten in einen Betrieb
Leiharbeitsfirmen dürfen ihre Beschäftigten nur unbefristet beschäftigt, damit erhalten diese den vollen Kündigungsschutz nach Ablauf der 6monatigen Wartezeit. Der Einsatz als „Streikbrecher“ ist verboten.
Eine der größten politischen Herausforderungen in Deutschland ist die Kinderarmut. Auch mit diesem Thema hat sich der Parteivorstand beschäftigt. Die Politik der Großen Koalition und der Vorgängerregierung hat dazu geführt, dass 2,5 Millionen Kinder auf oder unter Sozialhilfeniveau leben müssen. Warme Worte von Vizekanzler Müntefering helfen den Betroffenen nicht. Arme Kinder können nicht warten, bis die Debatte in der SPD um die katastrophalen Folgen von Hartz IV gerade für Kinder endlich praktische Politik werden. Seit vier Jahren weise ich darauf hin, dass Hartz IV zu mehr Kinderarmut führt und wurde von der SPD dafür immer wieder der Lüge bezichtigt. Jetzt liegen die Zahlen auf dem Tisch.
DIE LINKE fordert von der Bundesregierung endlich wirksame Maßnahmen zur Überwindung von Kinderarmut. Dazu gehören:
1. Ausbau der öffentlichen Infrastruktur für Kinder
- Einführung eines Rechtanspruch auf Bildung, Betreuung und Erziehung in Kindertageseinrichtungen bis zum 10. Lebensjahr
- Beschleunigten Ausbau gebührenfreier, öffentlicher und steuerfinanzierter Kitas
- Abschaffung des gegliederten Schulsystems und die Einführung der Gemeinschaftsschule
2. Ausbau der öffentlichen Infrastruktur darf nicht zu Lasten der finanziellen Unterstützung von Kindern gehen
- Entsprechende Pläne der SPD lehnen wir ab
- Kinder müssen einen eigenständigen Anspruch auf Grundsicherung haben
- Kindergeld darf nicht länger auf Hartz IV angerechnet werden
- Der Kinderzuschlag soll ausgebaut werden und Kindern ein Existenzminimum von 420 Euro garantieren
3. Folgen der Armut bekämpfen
- Wiedereinführung der Einmalzahlung für den Schulbedarf bei Hartz IV und finanzielle Unterstützung bei Schulbüchern und Klassenfahrten;
- Keine Anrechnung von Geschenken zur Jugendweihe, Konfirmation, Kommunion etc.
- Ausbau der Mittagsverpflegung an Kitas und Grundschulen; jedes Kind hat Anspruch auf ein gesundes, vollwertiges und gebührenfreies Mittagessen.
DIE LINKE wird mit ihrer Kita-Kampagne für diese Ziele streiten. Der Parteivorstand hat die Fraktionen im Bundestag, den Landtagen, Kreistagen und Stadträten aufgefordert, das Problem der Kinderarmut stärker zu thematisieren und entsprechende Anträge einzubringen.