Dieser Parteitag wird Zeichen setzen
Statement von Dietmar Bartsch auf der Pressekonferenz im Berliner Karl-Liebknecht-Haus
Statement als Audio- und Video-Datei
Einen schönen guten Tag, meine Damen und Herren, lassen Sie mich, bevor ich zu meinen Punkten komme, als Erstes eine Bemerkung zum Bildungsstreik der Lernenden und Studierenden, der aktuell stattfindet, machen. DIE LINKE unterstützt diesen Bildungsstreik sowohl inhaltlich als auch ganz konkret mit der Jugend- und Studierendenorganisation in vielen Städten und vor allem noch mal in besonderer Weise inhaltlich. Das ist ein ganz wichtiger Punkt aus unserer Sicht, und es ist ein Armutszeichen für die Politik, dass Betroffene zu solchen Mitteln greifen müssen.
Nun zu den anstehenden Dingen. Als erstes möchte ich eine Bemerkung zu unserem Bundesparteitag machen. Wir haben noch 104 Tage bis zur Bundestagswahl. Wir haben gerade in der Wahlleitung zusammengesessen und auch einen Blick voraus vorgenommen. Der Parteitag wird vor allen Dingen eine Aufgabe haben, nämlich unser Bundestagswahlprogramm abschließend zu entscheiden. Wir gehen in den Parteitag mit Zuversicht. Wir haben ein umfangreiches Antragsheft. Das zeugt von der Lebendigkeit der Partei. Es sind insgesamt über 1000 Einzelanträge, was sicherlich auch die Arbeitsaufgabe deutlich macht. Wir wollen auf dem Parteitag deutlich machen: Eine starke LINKE ist für ein soziales Land notwendig. Das werden wir zeigen. Wir wollen eine Politik für die Beschäftigten machen, für Rentnerinnen und Rentner, Studentinnen und Studenten. Dieses Zeichen wird vom Parteitag gesetzt werden. Es ist so – wie Sie wissen –, dass in Wahlkämpfen Glaubwürdigkeit, hier hat DIE LINKE seit ihrer Existenz viel erreicht, und Geschlossenheit wichtig sind. Daran werden wir nicht nur appellieren, sondern wir wollen das auch auf dem Parteitag dokumentieren.
Zweitens möchte ich noch eine Bemerkung nach der Europa- und Kommunalwahlen machen. Ich will den Focus auf einen Punkt richten: die Union. Die hat es eigenartigerweise geschafft, eine gewaltige Niederlage, wenn man sich die Prozentzahl bei der Europawahl, aber auch wenn man sich die Kommunalwahlergebnisse anschaut, in allen Ländern hat die Union heftig verloren, in einen Erfolg umzumünzen. Dafür gibt es meines Erachtens auch Gründe. Es ist so, dass die Politik, insbesondere der Kanzlerin, auf den 27. September ausgerichtet ist. Wenn ich dann die Ankündigungen höre, es wird keine Mehrwertsteuererhöhung geben und es wird keine Einschnitte in die Sozialsysteme geben, dann frage ich mich natürlich: Wenn dort gleichzeitig keine Finanzierungsvorschläge gemacht werden, wie will denn die Union die Aufgabe in irgendeiner Weise angehen? Das ist unglaubwürdig, und das ist im Übrigen nicht mal politisch, wenn man seine Politik auf den Wahltag und nicht auf die Notwendigkeiten im Lande ausrichtet. Die Verliererin der Kommunalwahl und der Europawahl geriert sich hier - und das haben sie wiedermal erfolgreich hingekriegt - als eine Siegerin. Das ist ein großes Problem. Ich habe das am Wochenende bereits gesagt und ich bleibe dabei: Diese Politik, die dahintersteht, ist eine neoliberale Politik, die werden wir angreifen. Die CDU/CSU und auch die FDP werden unsere Hauptgegner im Wahlkampf sein.
Drittens eine Bemerkung zum Parteitag der Sozialdemokraten: Der Parteitag kann darüber nicht hinwegtäuschen, dass die Sozialdemokraten in schwerem Wasser sind. Vieles, was Steinmeier gesagt hat, klingt wirklich interessant. Manches ist sogar begrüßenswert. Ich will daran erinnern: Wer regiert dieses Land seit über zehn Jahren? Die Verantwortung für diese Situation, ist zu einem wesentlichen Teil natürlich bei den Sozialdemokraten zu suchen. Sie hat die Agenda 2010 verabschiedet. Wer ist für die Hartz-IV-Gesetzgebung zuständig? Wer hat die Rente mit 67 letztlich angeregt und durchgesetzt? Das ist bei allem Schönen, was da im Wahlprogramm stehen mag, natürlich ein ganz großes Problem für die Sozialdemokraten. Vieles war ein Stückweit Pfeifen im Walde. Trotzdem, auch das bleibt meine Position: Die Sozialdemokratie deutet an, dass sie vielleicht zur sozialdemokratischen Politik zurückfinden kann. Deswegen werbe ich auch ausdrücklich für einen Politikwechsel in Thüringen, dem Saarland und in Sachsen. Sie wissen, DIE LINKE strebt in diesen Ländern das Amt des Ministerpräsidenten an. Für diesen Politikwechsel werbe ich. Da ist selbstverständlich auf Landesebene die SPD der erste Partner. Auf der Bundesebene ist eine Zusammenarbeit auch mit diesem Wahlprogramm der SPD ausgeschlossen. Bei der Bundestagswahl wird mit der Entscheidung für DIE LINKE auch die Entscheidung getroffen, wie das Land nach dem 27. September aussieht, wer die Zeche für die Krise zahlen wird.
Ein kurzer Rückblick sei mir noch einmal auf den Wahlsonntag gestattet. Zu den Europawahlen ist schon sehr viel gesagt worden. Da will ich nur nochmal hervorheben, dass wir zugelegt haben, dass wir einen Abgeordneten mehr haben, dass dort jetzt die vorbereitenden Arbeiten für die Fraktion laufen. Aber ich will den Focus besonders darauf legen, dass wir vor dem 7. Juni rund 5500 Kommunalvertreterinnen und Kommunalvertreter hatten, jetzt ca. 6000. Die abschließende Zahl kann ich deshalb noch nicht genau sagen, weil teilweise immer noch ausgezählt wird. Ich will nochmal besonders den Erfolg an der Saar hervorheben. 264 KommunalvertreterInnen – das ist natürlich eine hervorragende Grundlage, wo Parteiaufbau auch im Sinne einer linken, einer sozialistischen Volkspartei in besonderer Weise befördert werden kann. Dieses Ergebnis ist ein herausragendes. Und ich will auch darauf verweisen, dass DIE LINKE bei den Kommunalwahlen – insbesondere in den neuen Bundesländern – ihren Gestaltungsanspruch deutlich gemacht hat. Wir sind in nicht wenigen Städten wieder stärkste Partei geworden. Natürlich freut mich besonders, dass wir in meinem Wahlkreis, in Schwerin, wieder die Nummer 1 sind, aber auch in Städten wie Rostock, Chemnitz, in Borna, wo wir die Oberbürgermeisterin stellen, und in Suhl sind wir stärkste Partei. Wir haben unsere Stärke in den Kommunen ausbauen können.