Zum Hauptinhalt springen

Ein Pakt gegen soziale Kälte und für gesellschaftlichen Zusammenhalt

Kurz vor Weihnachten müssen wir feststellen: Trotz aller Sonntagsreden der Bundesregierung bröckelt der Zusammenhalt. Viele Menschen fühlen sich isoliert und einsam. Die Preise steigen. Räume für Begegnungen sind zunehmend Räume, die Geld kosten: Eintritt ins Museum, Essen im Restaurant usw. Auch zuhause sind viele Menschen allein – und können sich wegen der hohen Preise weder gutes Essen noch Energie und Strom leisten.

Mit Hängen und Würgen hat die Regierung einen Haushalt vorgelegt. Im Kern: Sozialkürzungen – beim Bürgergeld, Wohngeld, Renten-Zuschüssen und Kürzungen bei Solarenergie und Umbau von Heizungen. Mit dem Klima geht es weiter abwärts, die Zukunftssorgen der Menschen nehmen zu. Was über die Diskussion um die plötzliche Lücke im Haushalt leicht in den Hintergrund gedrängt wird: der Haushalt hat von vornherein keine angemessene Antwort auf Pflegenotstand, Wohnungsnot und Bildungskrise gegeben. Die versprochenen Kindergrundsicherung war schon abgeräumt. Tanken und Heizen wird über die Erhöhung des CO2-Preises für alle teurer werden. Das versprochene Klimageld wird nicht eingeführt. Um die Lücke im Haushalt zu füllen, wird die Regierung  öffentliches Eigentum bei Post und Bahn verkaufen. Wenn davon gesprochen wird, dass „Bundeseigentum“ verkauft wird, klingt es, als hätte es nichts mit uns allen zu tun. Tatsächlich geht es um öffentliches Eigentum, Eigentum von uns allen. Privatisierung bedeutet: andere sollen daraus Profit schlagen. Die Bürger*innen werden dafür bezahlen.

80 Mrd. Euro werden aufgrund von Steuererleichterungen für Superreiche jedes Jahr nicht eingenommen. Auf 100 Mrd. Euro werden die Mindereinnahmen aufgrund von Steuerbetrug von Millionär*innen und Milliardär*innen geschätzt. Die Schere zwischen arm und reich öffnet sich weiter. Die Milliardär*innen der Republik erhöhen ihren Reichtum pro Jahr mindestens um 10 Prozent. Aber die Regierung lehnt eine Vermögensteuer ab. Die Botschaft ist klar: Die Regierung fühlt sich den Superreichen verpflichtet und macht Politik in ihrem Interesse. Auf Kosten der Mehrheit, auf Kosten von Hetze gegen Ärmere und auf Kosten der Zukunft des Planeten.

Ein Viertel aller Deutschen fühlt sich „sehr einsam“, wie die Deutsche Depressionshilfe in diesem Jahr feststellte. Fast die Hälfte fühlt sich einsam - und nur ein gutes Viertel ist nicht einsam. Dieses Unglück sollte unsere Gesellschaft nicht hinnehmen. Es ist daher richtig, dass die Bundesregierung das Problem nun anerkennt und die Familienministerin letzte Woche eine nationale Strategie gegen Einsamkeit vorgelegt hat. Doch die Strategie ist nur ein Sammelsurium aus Maßnahmen, die bereits geplant waren.

Es braucht dringend eine Politik, die den Zusammenhalt wirklich stärkt. Zusammenhalt entsteht nicht aus moralischen Aufrufen und warmen Worten. Er besteht aus Strukturen, aus öffentlichen Angeboten und Dienstleistungen. Aus Orten der Begegnung, Strukturen des Gemeinsamen – gemeinsames Lernen, gemeinsames Sorgen, gemeinsamer Kultur. Jenseits von Markt und Profit, in denen die Menschen im Mittelpunkt stehen. Um diese Strukturen des Gemeinsamen zu schaffen und zu stärken, wollen wir Pakt gegen soziale Kälte und für gesellschaftlichen Zusammenhalt vor.

 

Er besteht aus drei Teilen:

 

  1. Investitionen in Sofortmaßnahmen gegen Einsamkeit & für mehr Zusammenhalt

 

Armut als das wesentliche Risiko für Einsamkeit und soziale Isolation blendet die Ampel völlig aus. Dabei ist der Zusammenhang zwischen Armut und Einsamkeit längst bewiesen. Würde die Bundesregierung Menschen tatsächlich aus der Einsamkeit holen wollen, sollte sie die wachsende Armut im Land nicht weiter ignorieren. Mehr als 17 Millionen Menschen waren schon 2022 von Armut und sozialer Ausgrenzung bedroht. Dagegen vorzugehen wäre allerdings teurer als bloße Symptombekämpfung. Insgesamt gilt: Zusammenhalt braucht stabile kommunale Strukturen und Institutionen wie Bibliotheken, Vereine, Nachbarschaftszentren und Sportstätten. Auch das kostet Geld.

Deswegen fordert Die Linke eine bedarfsgerechte Finanzierung und Unterstützung für die oft völlig überschuldeten Kommunen. Damit sie Hilfsangebote und die öffentliche Infrastruktur vor Ort dauerhaft finanzieren und jenseits der unmittelbaren Pflichtausgaben wie Straßen und Feuerwehren ausbauen können, auch im Hinblick auf neue, kreative Ansätze (wie z.B. eine „Kontakt-App“, analog zur „Corona-Warn-App“.).

Es ist einfach nicht wahr, dass es kein Geld für eine funktionierende Daseinsvorsorge gibt. Wir finanzieren die Strukturen des Gemeinsamen mit  einer Milliardärsteuer und der Wiedereinführung der Vermögensteuer, die Ländern und Kommunen zu Gute kommt.

 

  • In den Zusammenhalt Vorort investieren! Im Jahr 2022 wurden in den Kommunen insgesamt allein Investitionsrückstände in der Höhe von 166 Milliarden Euro veranschlagt.  Es braucht daher massive Investitionen Vorort und endlich einen Altschulden-Fonds für die Kommunen. Bei Investitionsmitteln braucht es einen Vorrang für strukturschwache Regionen und sozial abgehängte Kommunen und Stadtteile. So schaffen wir Kommunen mit mehr Lebensqualität für alle: bezahlbares Wohnen, gute wohnortnahe Gesundheitsversorgung, kurze Wege, weniger Lärm, mehr Parks und Urban Gardening, Nachbarschaftszentren, Spielplätze und Sportanlagen, preiswerte und klimafreundliche Naherholungsangebote.
  • Isolation überwinden, Armut bekämpfen! Es  braucht einen höheren Mindestlohn von 15 Euro, eine tatsächlich gesellschaftliche Teilhabe ermöglichende Erhöhung von Bürgergeld und Grundsicherung auf eine sanktionsfreie Mindestsicherung in Höhe von 1.200 Euro und vor allem eine echte Kindergrundsicherung, die Kinder aus armen Familien mit bis zu 681 Euro pro Monat unterstützt. Das würde die Armut im Handumdrehen massiv reduzieren und die Menschen zur Teilhabe befähigen.
  • Zur besseren Finanzierung der sozialen Infrastruktur, von Bildung, Kitas, Gesundheit, Pflege und ÖPNV braucht es eine Vermögensteuer, die erst oberhalb von einem Nettovermögen von einer Million mit einem Prozent greift und bis auf fünf Prozent ab 50 Millionen Euro ansteigt. Schon das würde 100 Milliarden Euro an Mehreinnahmen für Länder und Kommunen bedeuten. Für Vermögen oberhalb der Grenze von einer Milliarde Euro wollen wir zudem einen Sondersteuersatz („Milliadärsteuer“) von zwölf Prozent anlegen. Das würde von den 226 Milliardär*innen im Land 81,63 Mrd. Euro bringen. 
  • Zur Bewältigung der akuten Krisenlasten fordern wir eine einmalige, progressiv ausgestaltete Vermögensabgabe auf Vermögen von mehr als 2 Millionen Euro (bzw. bei einem Betriebsvermögen von über fünf Millionen Euro). Sie wird einmalig erhoben, kann aber über 20 Jahre gestreckt in Raten gezahlt werden und würde über 300 Milliarden Euro für den Bundeshaushalt einbringen.
  1. Preisstopp für Lebensmittel: Damit sich alle das Weihnachtsessen leisten können.

Die Preise für Lebensmittel steigen. Viele Menschen wissen nicht, wie sie über den Monat kommen. Seit dem Regierungsantritt der Ampel im Herbst 2021 sind die Lebensmittelpreise um fast 30 % gestiegen. Besonders hart trifft es Menschen, die wenig Einkommen haben. Gleichzeitig gehen die Profite der Lebensmittelkonzerne durch die Decke. Die Konzerne treiben die Preise hoch und damit die Inflation an. Die Besitzer*innen der Lebensmittelkonzerne gehören zu den reichsten Deutschen und haben ihre Milliarden-Vermögen um mehr als die Inflation gesteigert[1]. Die Eigentümer*innen der großen Lebensmittelkonzerne bereichern sich, während die große Mehrheit der Bevölkerung höhere Preise für Lebensmittel zahlen muss. Und die Ampel-Regierung schaut zu.

Die Linke setzt sich dafür ein, dass sich jede und jeder das Weihnachtsessen leisten kann:

  • Wir wollen die Supermarktkonzerne in die Pflicht nehmen: Die vier großen Supermarktketten (Aldi, Edeka, Rewe und die Schwarz-Gruppe mit Lidl und Kaufland) müssen einen Warenkorb aus Grundnahrungsmitteln zu einem festgelegten Höchstpreis anbieten. Der Höchstpreis des Warenkorbs muss sich am Bürgergeld-Regelsatz für Nahrungsmittel und alkoholfreie Getränke orientieren.
  • Der Warenkorb wird in einer Expert*innengruppe zusammengestellt: Die Supermärkte erarbeiten gemeinsam mit Verbraucherschutzorganisationen und Wissenschaftlicher*innen, welche Grundnahrungsmittel in den Warenkörben enthalten sein müssen. Lebensmittel-preiswächter überprüfen die Supermärkte. Wer falsch spielt, muss Strafzahlungen leisten.
  • Die Extra-Profite der Lebensmittelkonzerne müssen mit einer Übergewinnsteuer eingezogen und zum Wohl der Allgemeinheit eingesetzt werden. Übergewinne aus Krieg und Krisen wollen wir mit 90 Prozent besteuern.

 

 

3. Damit niemand friert und im Dunkeln sitzen muss – Strom- und Gaspreise deckeln!

Die Bundesregierung lässt die Strom- und Gaspreisdeckel zum Jahresende auslaufen und tut so, als sei die Inflation bei den Energiekosten vorbei. Aber die aktuellen Preise für Strom und Gas liegen noch weit oberhalb der Preise vor Beginn des Ukraine-Kriegs. Noch immer liegen viele Verträge und Tarife über dem Preisdeckel. Den Bürger*innen droht mit dem Jahreswechsel für das nächste Jahr eine zusätzliche, teilweise massive Belastung. Bei Erdgas liegt der Anstieg der Kosten teilweise bei bis zu 60 Prozent.

Wir wollen nicht, dass die Menschen frieren oder im Dunkeln sitzen, weil das Geld zum Monatsende wieder knapp ist. Die Preisdeckel für Strom und Gas müssen sozial gerecht gemacht werden – und im Jahr 2024 unbedingt bestehen bleiben!

Die Linke fordert:

  • Verbraucher Entlasten! Der von der Bundesregierung geplante Preisdeckel ist für Menschen mit niedrigen Einkommen immer noch zu hoch, um die Inflation wirksam zu bekämpfen. Die Linke fordert einen Preisdeckel beim Gas von 8 Cent/kWh statt 12 Cent und 30 Cent/kWh statt 40 Cent beim Haushaltsstrom. (Das gedeckelte Preisniveau orientiert sich damit am Marktpreis des Jahres 2021).
  • Menschenwürde schützen! Jährlich werden gegen Hunderttausenden Menschen in Deutschland Strom- und Gassperren verhängt und zehntausende Zwangsräumungen vollstreckt, sogar im Winter. Das ist Menschen unwürdig. Strom- und Gassperren sowie Zwangsräumungen  ohne Anschluss-Unterbringung müssen gesetzlich verboten werden.
  • Energiesoli! Wir wollen, angelehnt an den Vorschlag der „Wirtschaftsweisen“, einen Energie-Soli für Reiche. Menschen mit sehr hohen Einkommen haben einen höheren Energieverbrauch und profitieren deshalb absolut am stärksten von der Strom- und Gaspreisbremse. Für eine sozial gerechte Finanzierung fordert Die Linke deshalb einen Energie-Soli als Zuschlag auf die Einkommen-, Lohn- und Kapitalertragsteuer in Höhe von 5,5 Prozent ab einem Jahreseinkommen von 80.000 Euro (pro Person) einzuführen.
  • Klimageld endlich einführen! Angesichts der steigenden Co2-Preise braucht es endlich das versprochene Klimageld als Entlastung für einen sozial gerechten Klimaschutz. Wir fordern ein soziale Klimageld von 200 Euro monatlich für alle mit einem Einkommen von heute bis zu 4000 Euro brutto im Monat.

 


[1] Edeka hat den Gewinn von 2020 bis 2022 um 31,4 % gesteigert, Rewe um 22,2 %. Aldi und die Schwarz-Gruppe geben keine Gewinne bekannt. Die Vermögenszuwächse ihrer Eigentümer:innen lassen aber auf Gleiches schließen. Dieter Schwarz konnte sein Vermögen von März 2021 bis Februar 2022 um 16,7 Milliarden steigern. Die Aldi-Erben (Nord- und Süd) sind im gleichen Zeitraum um 7,6 Milliarden reicher geworden.