Ein solcher Satz von der Bundeskanzlerin ist nicht zu akzeptieren
Statement von Bundesgeschäftsführer Dietmar Bartsch auf der Pressekonferenz im Berliner Karl-Liebknecht-Haus
Einen schönen guten Tag, meine Damen und Herren, ich möchte zu fünf Punkten etwas sagen: Als erstes will ich daran erinnern, dass morgen vor zehn Jahren unter der Beteiligung von Deutschland der völkerrechtswidrige Krieg gegen Jugoslawien begonnen hat. Dieser Tag war ein Einschnitt in der deutschen Außenpolitik. Es war ein grundlegender Bruch mit dem antimilitaristischen Grundkonsens in der deutschen Nachkriegsgeschichte. Wir wissen, wie die weitere Entwicklung war. Heute sind fast 7.000 deutsche Soldaten in elf Ländern stationiert. Der völkerrechtswidrige Jugoslawien-Krieg war eine Korrektur in der deutschen Außenpolitik. DIE LINKE kritisiert das auch heute noch, kritisiert die Situation und dieses Agieren in der Außenpolitik. Krieg darf – nach unserer Auffassung – kein Mittel der Politik sein. Wir wollen eine europäische Verfassung, die sich eindeutig auf die Sicherung des Friedens und auf zivile Konfliktlösungen und Abrüstung orientiert.
Ein zweiter Punkt, zu dem ich etwas sagen will: Viele – ich auch – haben gestern mit Interesse die Kanzlerin bei Anne Will angeschaut. Ich sage offen: Ich hatte eine gewisse Spannung, war dann aber doch von dem Auftritt peinlich berührt. Vor allem hat mich die Art und Weise des Ablaufs – Antwort, Klatschen – an etwas erinnert, von dem ich dachte, das sei lange vorbei. Ich meine, dass Frau Merkel sich an diese Zeit auch noch erinnern sollte. Inhaltlich hatte sie sehr wenig zu bieten. Eines ist allerdings klar geworden: Die große Koalition ist politisch am Ende. Sie sollte regieren, aber es wird vor allen Dingen schwadroniert. Allein, wenn man sich die Einspielungen und ähnliches angeschaut hat, Handlungsfähigkeit ist wirklich nicht mehr gegeben. Und das angesichts der größten Wirtschaftskrise, die wir in Deutschland zu verzeichnen haben, und dann dieses Hin und Her, die Parteipolitik, die allein auf den 27. September orientiert ist und nicht auf Lösungen für Deutschland. Bei fast allen Fragen gibt es einen großen Eiertanz.
Ich will hier in besonderer Weise das Agieren des Arbeitsministers und die Reaktion der CDU hervorheben. Herr Scholz macht einen Vorschlag zum Thema Mindestlohn, bezogen nur auf Leiharbeiter im Westen. Das ist schon skandalös, dass der Osten überhaupt nicht erwähnt wird und dass es da keinen Vorschlag gibt. Dann wird ein Mindestlohn von 7,30 Euro vorgeschlagen. Selbst die Beschlusslage der SPD ist eine höhere. Das ist wirklich ein Unding, dass hier so agiert wird. Offensichtlich soll der Osten ein Armenhaus werden und das ist auch eine Wählerverarschung. Man kann doch nicht ernsthaft einen Vorschlag machen, von dem man weiß, dass man ihn mit der CDU nicht durchsetzen kann, von dem man im Übrigen auch weiß, dass nach der Bundestagswahl, wenn man denn eine Koalition auch mit der FDP anstrebt, dieses ebenfalls nicht durchsetzbar sein wird. Das ist also wiederum auf den 27. September orientiert, ohne dass auch nur eine kleine Chance vorhanden ist, dass dieser Vorschlag ernsthaft zu einem Gesetz wird. Im Übrigen ist auch das, was der Präsident des Bundessozialgerichts zur Abwrackprämie erklärt hat, eine Ohrfeige für den Arbeitsminister. Er erklärte, dass es nicht rechtens sei, dass die Abwrackprämie bei Hartz-IV-Beziehern als Einkommen angerechnet wird.
Die Kanzlerin konnte in der Sendung nicht wirklich einen Grund nennen, warum die Koalition zu Ende geführt werden soll. Also wenn der Satz – "… das kann ich nicht verstehen" – ihr am häufigsten genannter ist, und das bei Dingen, die sie zu verantworten hat: Also das Thema Bonizahlungen – das ist wirklich ein Unding. Da macht die Bundesregierung das Finanzmarktstabilisierungsgesetz, in dem auch die Bankenrettung beinhaltet ist, ohne einen Passus, dass keine Boni an Manager gezahlt werden, die diese Krise verursacht haben. Dann sagt sie, sie könne das nicht verstehen. Da haben sie beim Gesetz versagt. Das muss man doch mit vereinbaren, dass da selbstverständlich steht, dass keine Bonuszahlungen erfolgen dürfen.
Egal, wie die Themen waren: Dieser Satz "Das kann ich nicht verstehen." von einer Bundeskanzlerin ist nicht zu akzeptieren. Sie soll ihre Verantwortung wahrnehmen. Ich möchte allerdings noch eines ergänzen: Wenn ich dann gestern Abend Herrn Westerwelle ständig sehen und hören darf, dass man am 7. Juni vorgezogene Bundestagswahlen durchführen soll, dann ist das schlicht Populismus. Herr Westerwelle weiß, wie ich, dass das nicht möglich ist. Wir haben, als die vorgezogenen Wahlen im Jahre 2005 durchgeführt worden sind, entsprechende Urteile vom Verfassungsgericht entsprechende Auflassung. Es gibt im Übrigen ein Gesetz zu den Bundestagswahlen, was inzwischen verabschiedet wird – im Übrigen mit Zustimmung der Landesregierungen, wo die FDP beteiligt ist. Das ist dann wirklich billiger Populismus. Dass das so ungestraft dann durchgeht – ich möchte das hier zumindest erwähnen.
Ein dritter Punkt ist eine kurze Bemerkung – sie kennen unsere Position – zum Thema Opel: Auch hier ist die Großen Koalition völlig zerstritten. Unsere Position ist ganz klar: Es muss darum gehen, dass Arbeitsplätze bei Opel gerettet werden. Es gibt Vorschläge. Jeder weiß, dass eine Pleite bei Opel 50.000 Arbeitsplätze direkt und bei vielen Zulieferern weitere Arbeitsplätze kosten könnten. Steuermittel allerdings dürfen wirklich nur ausgegeben werden, wenn die Arbeitsplätze gerettet werden. Es muss daran gebunden werden. DIE LINKE hat konkrete Vorschläge dazu gemacht. Wir wollen, dass die Bundesländer bei Opel einsteigen. Wir wollen Mitarbeiterbeteiligungen. Auch die Händlerbeteiligung ist vernünftig. Vor allem muss ein Gesamtkonzept auf den Tisch. Man sollte auf gar keinen Fall den Kanzlerin-Besuch am 31. März als den wichtigsten Tag ansehen. Dort wird es keine Entscheidung geben, wahrscheinlich aber viele warme Worte. Hier ist die Bundesregierung, sind Landesregierungen, aber auch andere gefragt, dass zügig ein Konzept auf dem Tisch liegt und nicht, dass Wirtschaftsminister nach New York fahren, sich fotografieren lassen und letztlich nichts in der Tasche haben.
Eine vierte Bemerkung: Am Wochenende wird es in Berlin und in Frankfurt am Main Demonstrationen geben. Sie kennen das Motto: "Wir zahlen nicht für eure Krise". DIE LINKE hat nicht nur ihre Gliederungen aufgerufen, sich zu beteiligen, sondern wirbt weit in die Bevölkerung hinein, dass diese Demonstration sichtbare Zeichen der Bevölkerung werden, dass die Profiteure und nicht die Bevölkerung für die Krise zahlen, wenn wir auch wissen, dass die Steuermittel natürlich von ihnen erarbeitet werden. Ich will hier auch mitteilen, dass in Frankfurt am Main Oskar Lafontaine sprechen wird. In Berlin wird Gregor Gysi sprechen. DIE LINKE mobilisiert zu diesen Demonstrationen. Der 28. März wird ein Auftakt für eine ganze Reihe von Demonstrationen, sein. So auch die No-NATO-Proteste Anfang April in Straßburg und weitere Aktivitäten, wo wir mit Gewerkschafterinnen und Gewerkschaftern gemeinsam gegen das Agieren auch der Bundesregierung in der Krise hörbar Position beziehen wollen.
Eine letzte Bemerkung, die ich im Zusammenhang mit dem 7. Juni machen will: Sie wissen, dass da die Europawahlen stattfinden werden. Ich habe hier mehrfach dazu gesprochen. Ich will aber heute nach einer Übersicht, die mir vorliegt, daran erinnern, dass am 7. Juni in sieben Ländern auch Kommunalwahlen stattfinden. Ich bin wirklich stolz darauf, dass DIE LINKE über 7.300 Kandidatinnen und Kandidaten auf den Listen haben wird. Das ist eine sehr beachtliche Zahl. Das habe ich selbst kaum für möglich gehalten. Ich bin von 5.000 Kandidaten oder ein bisschen mehr ausgegangen. Dass es nunmehr mindestens 7.300 werden – der eine oder die andere kann noch dazukommen –, macht mich einigermaßen stolz. Sie wissen, die Kommunalpolitik ist für uns ein Schwerpunkt. Sie wissen, die Kommunalpolitik ist das Prunkstück der LINKEN. Wir wollen auch über diese Kommunalwahl und die Ergebnisse den Parteiaufbau der LINKEN fortsetzen. Ich hoffe, dass der 7. Juni nicht nur bei der Europawahl, sondern auch bei den sieben Kommunalwahlen ein wichtiges Zeichen, was die Stärkung der LINKEN ausmacht, bringen wird. Herzlichen Dank!