Energiepreise - Aufbau Ost - Bayernwahl
Statement des Bundesgeschäftsführers und Bundeswahlkampfleiters der Partei DIE LINKE, Dietmar Bartsch, auf der Pressekonferenz im Berliner Karl-Liebknecht-Haus
Guten Tag, meine Damen und Herren! Ich würde heute gern zu drei Themen etwas sagen. Ich möchte beginnen mit dem Thema "Atomausstieg – Energiepreise".
Mit großem Interesse können wir feststellen, dass dieses Thema von allen politischen Parteien umfangreich behandelt wird - in Talkshows, mit Erklärungen usw. Allerdings ist es auch so, dass sich in der Praxis sehr wenig verändert. Ich kann nur feststellen, dass die Große Koalition offensichtlich unter Wahrnehmungsstörungen leidet und zumindest ein stückweit an den Interessen der Bevölkerung vorbei agiert. Ich habe u.a. auch Herrn Heil gestern Abend gehört, der gesagt hat, dass die Energiepreise zum zentralen sozialen Thema werden können. Ich meine, sie sind das zentrale soziale Thema. Ich will noch einmal feststellen: Die Große Koalition macht Politik an den Interessen der Bevölkerung vorbei.
Eine Bemerkung zum Thema Atomausstieg: Die Position der LINKEN ist hier klar. Wir halten an dem vereinbarten Atomausstieg fest. Der soll bis 2021 – also noch lange hin – vollzogen werden. Wir haben diese Entscheidung der rot-grünen Bundesregierung damals begrüßt und finden sie auch weiterhin richtig. Es ist nach unserer Auffassung wenig hilfreich, das im Grundgesetz zu fixieren. Festhalten am Atomkonsens ja; das Grundgesetz sollte man mit diesen Dingen nicht überfrachten. Es ist allerdings schon jetzt so, und das ist das Interessante, dass die Energiekonzerne, die Atomkraftwerke betreiben, heftigen Extra-Profit einstreichen. Die AKW sind abgeschrieben, jedenfalls ein Teil ist abgeschrieben – und hier wird sehr, sehr viel Geld verdient. Ich will eines vor allen Dingen hervorheben: Die Netzagentur hat mit entschieden, dass der Prozentsatz, der den Extra-Profit letztlich garantiert, von 7,91 Prozent auf 9,21 Prozent angehoben wurde. Dieser hat einen erheblichen Einfluss auf den Strompreis. Ein Drittel des Strompreises etwa gehen über die Nutzung der Netze. Und hier ist durch die Netzagentur, die ja faktisch eine Bundesbehörde ist, zugestimmt worden, dass dies erhöht werden kann. Angeblich geht es da um Investitionen und ähnliches. Ich kann nur sagen: Das ist letztlich zu Lasten der Bevölkerung geschehen.
Mit einer Entscheidung zur verlängerten Laufzeit von Atomkraftwerken würden letztendlich die vier großen Energiekonzerne noch einmal übervorteilt werden. Stadtwerke haben keine Atomkraftwerke. Aber im Moment haben wir eine Situation, dass schon eher zu wenig Wettbewerb auf dem Strommarkt herrscht als zu viel. Die Preisbildung dort in Leipzig an der Strombörse läuft ja so, dass nur ein ganz kleiner Teil wirklich berücksichtigt werden kann. Wir haben hier die vielleicht sogar kuriose Situation, dass die LINKE mehr Wettbewerb fordert auf diesem Sektor.
Und es ist natürlich klar, dass wir mehr alternative Energien brauchen. Das ist richtig. Da ist auch eine ganze Menge getan worden. Ich will hier in besonderer Weise auf die Erfolge hinweisen, die Mecklenburg-Vorpommern unter einem roten Umweltminister zu verzeichnen hat – ich nenne die Windenergie als Beispiel. Hier ist bundespolitisch erheblich mehr möglich.
Ich will als Letztes ausdrücklich wiederholen: Die LINKE fordert, dass die Netze in öffentliches Eigentum zurückkehren. Hier wird von den großen Stromkonzernen Geld verdient, und zwar letztlich nur für den Besitz. In anderen Ländern ist es geschehen – und auch in Deutschland ist dies möglich.
Der Vorschlag, den die LINKE gemacht hat, ernsthaft darüber nachzudenken, eine Energie-Grundsicherung einzuführen, also dass wir Kontingente für Familien zur Verfügung stellen, mit einem niedrigen Preis oder sogar unentgeltlich, das würde die akuten sozialen und finanziellen Probleme lösen helfen. Eine andere auch sinnvolle Möglichkeit wäre zum Beispiel, die Hartz-IV-Regelsätze qualifiziert anzuheben.
Eine zweite Bemerkung sei mir zum Thema Ost-Aufbau gestattet. Herr Tiefensee macht heute zusammen mit Herrn Sommer eine Pressekonferenz, wie ich hörte. Das ist auch interessant, was die Gewerkschaften und ihre nicht auf eine Partei fixierte Haltung betrifft.
Aber vor allem will klar und deutlich sagen: Der Osten eignet sich ausdrücklich nicht als Sommerloch-Thema. Wir haben eine bekannte Situation; Die Arbeitslosigkeit ist in den neuen Bundesländern weiterhin mehr als doppelt so hoch wie in den alten Ländern. Das Wirtschaftswachstum ist wieder langsamer als in den alten Ländern. Wir haben die Situation, dass das Lohnniveau bei ca. 70 Prozent in den neuen Bundesländern im Vergleich zu den alten Ländern liegt. Immer wieder wird der Solidarpakt II bis 2019 in Frage gestellt.
Die Forderung der LINKEN ist ganz klar: Wir wollen eine Lohn- und auch eine Rentenangleichung Ost. Dafür stehen wir seit Jahren. Da werden wir auch nicht locker lassen. Wir brauchen einen wirklichen Ost-Beauftragten und nicht jemanden, der nebenbei, also neben Verkehr und Infrastruktur, auch noch mal den Osten abhandelt. Hier ist in den letzten Jahren viel zu wenig passiert. Wir hatten mehrere Bundeskanzler, die sich zumindest verbal diesem Thema in besonderer Weise gestellt haben, aber real ist viel zu wenig passiert.
Und an dieser Stelle möchte ich ausdrücklich auch noch einmal eine Bemerkung zu den Gewerkschaften machen und will hier ver.di ausdrücklich loben wegen dem Tarifabschluss im Einzelhandel, der ohne "Ost-Abschlag" zustande kommen soll, wo es also endlich einmal so sein soll, dass Ost und West gleiche Tarife haben. Ganz im Gegensatz zum Beispiel zur Bau-Gewerkschaft, wo ja wirklich das völlig Irre passiert ist, dass die gelernten Facharbeiter im Bau im Osten tariflich weniger bekommen als die Ungelernten in den alten Bundesländern. Das ist eine Entwicklung, für die wir die Gewerkschaften klar und deutlich kritisieren.
Eine letzte Bemerkung sei mir zum Wahlkampf im schönen Bundesland Bayern gestattet. Sie wissen, dass hier die Vorbereitungen in meiner Partei jetzt auch sehr weit gediehen sind. Der Wahlkampf in Bayern ist eine Angelegenheit der Bundespartei sein. Wir werden uns in Bayern engagieren – auch mit der Bundesprominenz, mit Oskar Lafontaine und Gregor Gysi. Wir haben es geschafft, dass wir in allen 91 Wahlkreisen mit Kandidatinnen und Kandidaten vertreten sind. Wir werden auch in den 7 Bezirken antreten. Im Juli wird das Wahlprogramm der LINKEN in Bayern beschlossen werden. Wir haben, wo gewünscht, auch die entsprechende Unterstützung gegeben. Und es wird so sein, dass die einzelnen Bundesländer, mit Ausnahme von Brandenburg, weil dort zeitgleich Kommunalwahlen stattfinden, jeweils Regionen in besonderer Weise unterstützen. Mein schönes Heimatland Mecklenburg-Vorpommern wird zum Beispiel in der Oberpfalz tätig sein. So haben wir Gesamt-Bayern zwischen den 14 anderen Bundesländern aufgeteilt. Wir sehen eine ernste Chance, dass wir in den Bayerischen Landtag einziehen. Wir werden einen sehr engagierten, konzentrierten Wahlkampf in Bayern machen, vor allem natürlich mit der bayerischen LINKEN, aber auch mit Unterstützung der Gesamtpartei. Dankeschön.