Erwartbares Scheitern, notwendiger Widerstand
Der Klimagipfel in Glasgow ist erwartbar gescheitert. Umso mehr Druck müssen wir machen für Klimagerechtigkeit, uns mit den Reichen und Mächtigen anlegen.
Die Welt steuert auf fast 3 Grad Erderhitzung zu, die 1,5 Grad werden wahrscheinlich noch vor 2030 gerissen, wenn es kein radikales Umsteuern gibt. Sollten alle Staaten ihre Klimaziele für 2030 wäre es immer noch eine verheerende Erhitzung um 2,4 Grad. Und die Folgen sind schon jetzt da: Während in den Industriestaaten gekämpft wird für die Zukunft der „kommenden Generationen“, sind es jetzt schon die Menschen im globalen Süden, deren Heimat zerstört wird, untergeht, die fliehen müssen oder sterben.
Vor diesem Hintergrund kann der Weltklimagipfel in Glasgow nicht anders als der in Madrid 2019 bewertet werden: als gescheitert. Auch wenn die Staaten der Welt offiziell auf eine Begrenzung auf 1,5 Grad orientieren, mit den bisherigen Maßnahmen kommen sie nicht einmal in die Nähe, die Minimalforderung, die Begrenzung auf 2 Grad, zu erreichen.
Dass die Ergebnisse so mau sind, ist keine Überraschung, denn es verhandeln dort eben die Staaten der Welt, die so verfasst sind, wie sie es eben sind. Und solange es keine globale Massenbewegung gibt, die nicht nur appelliert, sondern diese Mächte und ihre Geschäftsmodelle wirksam herausfordert, und zwar vorrangig in den Industriestaaten, wird sich auch auf den Klimagipfeln nichts Entscheidendes ändern.
Und doch gibt es auch diesmal wieder Zeichen, dass sich etwas bewegt hat, dass die Proteste der Klimabewegung nicht ohne Auswirkung geblieben sind: Es wird die Bedrohung durch die Klimakrise anerkannt, der Ausstieg aus der Kohle und aus fossilen Subventionen werden in den Block genommen, China und die USA wollen beim Klimaschutz verstärkt miteinander kooperieren und einzelne Initiativen wie die zum Ausstieg aus dem Verbrennungsmotor machen Mut – auch wenn sich Deutschland dem nicht angeschlossen hat, weil die aktuelle und auch die künftige Regierung am Verbrennungsmotor und der Förderung der teuersten Art der Energieverschwendung, an synthetischen Kraftstoffen im PKW festhalten.
Für die Kräfteverhältnisse bei der COP in Glasgow ist bezeichnend, dass die fossile Industrie mit mehr Vertreter*innen anwesend war, als die beteiligten Staaten. Dass die Reichen Industriestaaten ihr Versprechen, bis 2020 pro Jahr 100 Milliarden Dollar für die Finanzierung von Klimawandel-Folgen zur Verfügung zu stellen, gebrochen haben, sich auch weiterhin weigern, verbindlich Schäden und Verluste des globalen Südens zu kompensieren (auch auf Druck der USA!), macht deutlich, wie ungleich die Kräfte im globalen Kapitalismus verteilt sind. Schließlich betragen die globalen fossilen Subventionen fast 6 Billionen Dollar jährlich. Dass die Staaten des globalen Südens von Kolonialismus sprechen und beklagen, sie würden schon verloren gegeben, hat Hand und Fuß.
Was ist also zu tun? Dass es die globale Klimadiplomatie gibt, bleibt richtig und wichtig. Gleichzeitig müssen wir uns von der Hoffnung verabschieden, dass sie dort notwendige Durchbrüche erzielen lassen. Das bedeutet, Veränderungen müssen auf der Straße erkämpft werden, Klimaschutz bleibt Handarbeit. Die Studie von Oxfam hat noch einmal aufgezeigt: Es sind die Reichen und Mächtigen, die über die Verhältnisse des Rests der Menschheit leben. Deshalb müssen wir ihnen das Handwerk legen. Wer sich nicht mit den Reichen und Mächtigen anlegen, mit den Konzernen und der fossilen Industrie und der Politik, die diese Verhältnisse verteidigt, wird scheitern. Wer es tut, hat eine Welt zu gewinnen.
Lorenz Gösta Beutin ist Mitglied des Parteivorstandes der Partei DIE LINKE.