Zum Hauptinhalt springen
Katja Kipping, Pierre Laurent, Bernd Riexinger

Für eine neue Entspannungspolitik!

In einer gemeinsamen Erklärung fordern die Vorsitzenden der LINKEN, Katja Kipping und Bernd Riexinger sowie der Nationale Sekretär der Französischen Kommunistischen Partei, Pierre Laurent, anlässlich des 40. Jahrestages der Unterzeichnung der Schlussakte von Helsinki eine neue europäische Entspannungspolitik.

Die Schlussakte von Helsinki markiert einen Meilenstein in der Nachkriegsgeschichte Europas. Heute, nach 40 Jahren, begreifen wir ihre historische Bedeutung in einem größeren Zusammenhang. Mögen es auch sehr unterschiedliche Motive gewesen sein, die die beteiligten Seiten an den Verhandlungstisch und zur Unterzeichnung dieses Dokumentes führten, so war es doch vor allem die Einsicht, dass eine Fortsetzung der Konfrontationspolitik die Gefahr des Umschlagens des Kalten Krieges in einen heißen und damit in eine nukleare Katastrophe barg. Die Anerkennung der Unverletzlichkeit der Grenzen und der territorialen Integrität der Staaten, der Verzicht auf die Androhung oder Anwendung von Gewalt und die friedliche Regelung von Streitfragen, die Nichteinmischung in die inneren Angelegenheiten anderer Staaten, die Achtung der Menschenrechte und Grundfreiheiten, der Gleichberechtigung und des Selbstbestimmungsrechts der Völker waren Prinzipien, auf denen die Entspannungspolitik aufbaute. Sie waren die Grundlage für vertrauensbildende Maßnahmen und Abrüstungsverhandlungen, sie trugen letztlich auch zur friedlichen Veränderung in den staatsozialistischen Ländern bei. Heute müssen wir feststellen: Alle Hoffnungen, dass mit dem Ende der Blockkonfrontation die Kriegsgefahr in Europa gebannt sei, haben sich als trügerisch erwiesen. Schon nach wenigen Jahren wüteten im ehemaligen Jugoslawien Kriege mit einer nicht mehr für vorstellbar gehaltenen Grausamkeit. Die NATO operiert weltweit und immer öfter unter Missachtung des Völkerrechts und Umgehung der völkerrechtlichen Institutionen. Die Europäische Union wird militarisiert. In der Ukraine tobt ein blutiger Konflikt, der sich bisher allen Vermittlungsbemühungen entzieht. Das ist auch ein Ergebnis der Tatsache, dass die Prinzipien von Helsinki nicht mehr von allen und gegenüber allen mit der gleichen Konsequenz eingehalten werden. Der OSZE wird nicht die Rolle eingeräumt, die ihr zukommen könnte und müsste. Der Aufbau eines Systems kollektiver Sicherheit in Europa ist eine geschichtliche Notwendigkeit, die lange genug versäumt wurde. Die Erkenntnis des KSZE-Prozesses, dass die eigene Sicherheit nur dann gewährleistet ist, wenn der tatsächliche, potenzielle oder antizipierte Gegner sich ebenfalls sicher fühlen kann, wurden sträflich vernachlässigt und zugunsten einer neuen Phase der machtpolitischen Auseinandersetzung aufgegeben. Wir sagen ganz deutlich: Die NATO ist Teil des Problems. Durch ihre Fixierung auf ein Militärbündnis wurde die der Schlussakte von Helsinki zugrunde liegenden Idee eines Friedensraums von Vancouver nach Wladiwostok entscheidend geschwächt, militärisches Denken trat wieder in den Vordergrund - in Washington, Moskau und auch in europäischen Hauptstädten. Europa hat es versäumt, den Kontinent nachhaltig zu befrieden. Wir appellieren deshalb an alle europäischen Regierungen, sich auf die Prinzipien der Schlussakte von Helsinki zu besinnen und daraus eine neue Entspannungspolitik zu entwickeln, mit der gewaltsame Konflikte und nukleare Bedrohung endlich von unserem Kontinent verschwinden. Das Ziel muss die Schaffung eines Raumes kollektiver Sicherheit und Zusammenarbeit in ganz Europa unter Einbeziehung Russlands sein.