Für gute Arbeit muss es gutes Geld geben
Statement von Ulrich Maurer, Mitglied des Geschäftsführenden Parteivorstandes der Partei DIE LINKE, auf der Pressekonferenz am 18. Februar 2008 im Berliner Karl-Liebknecht-Haus
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich sehe die Wahlaussichten auch sehr optimistisch. Insbesondere ist für mich als Westbeauftragten von entscheidender Bedeutung, dass wir uns in den Kommunalparlamenten im Westen verankern. Wir gehen davon aus, dass wir nach Abschluss aller Kommunalwahlen im Westen eine vierstellige Zahl von Mandatsträgerinnen und Mandatsträgern haben werden. Das heißt, DIE LINKE bekommt dann vor Ort ein Gesicht, und das ist von entscheidender Bedeutung für die Stärkung unserer Partei im Westen.
Ich möchte zunächst etwas zum Fall Zumwinkel und andere sagen: Wir sind der Auffassung, dass das, was da bisher aufgedeckt worden ist, nur die Spitze der Spitze des Eisberges ist. Ich höre, es geht bei dieser Lichtensteinischen Stiftung um 3 Mrd. Euro. Zuverlässige Quellen sagen, dass sich zum Zweck der Umgehung der Steuerpflicht derzeit etwa 300 bis 500 Mrd. deutsches Anlagevermögen auf diversen Konten nicht nur in Lichtenstein, sondern auch in der Schweiz und sonst wo befinden. Ich muss sagen, dass im Moment nur über die Verschärfung der Steuerstraftatbestände nachgedacht wird, hat schon Ablenkungscharakter. Das will ich auch der SPD deutlich sagen. Wir haben in Deutschland das Problem, dass die geltenden Gesetze nicht angewandt und nicht vollzogen werden. Dies haben alle Beteiligten erkannt. Deswegen wundert es mich, dass sie jetzt so unschuldig tun. Was wir festzustellen haben, ist, dass die Kapitalverkehrskontrollen außerordentlich lax gehandhabt werden, dass es hinten und vorne an Steuerfahnderinnen und -fahndern fehlt, dass der Zoll personell nicht in der Lage ist, dem entsprechend nachzugehen.
Das heißt, die Bundesregierung und die Länder haben ein enormes Vollzugsdefizit zu verantworten. Das ist der eigentliche Skandal in Deutschland. Sie wären besser beraten, jetzt Vorschläge zu unterbreiten, wie sie die Schwerpunktstaatsanwaltschaften verstärken, wie sie die Steuerfahndungen verstärken, wie sie die Kapitalverkehrskontrolle erhöhen und wie sie den Zoll ausreichend ausstatten, anstatt über 10 oder 15 Jahre als Höchststrafe herumzuspekulieren. Das kann man auch machen. Ich will mich nicht dagegen aussprechen. Aber, das ist nicht die Lösung des Problems. Dass dies nun mit der sonstigen Gier der Reichen in Zusammenhang gebracht wird, finde ich berechtigt. Es ist einfach absurd, wenn man bei jedem Fall von leicht illegitimen Hartz-Bezügen die Keulen wie verrückt in Deutschland schwingt, und das in einer Gesellschaft, in der von den Spitzen dieser selbsternannten Spitzen dieser Gesellschaft das Gegenteil vorgelebt wird – nämlich die Nichteinhaltung der Gesetze und Selbstbedienungsmanier. Ich habe heute in einem großen Massenblatt gelesen. Ich zitiere Herrn Ackermann: "Für gute Arbeit muss es gutes Geld geben". Ich stelle also fest, Herr Ackermann spricht sich jetzt auch für den gesetzlichen Mindestlohn aus und wohl auch dafür, dass Beschäftigte bei Zeitarbeitsfirmen genauso bezahlt werden wie diejenigen, die in Tarifverträgen sind. Anders kann ich das nicht werten.
Das zeigt natürlich, was los ist. Das zeigt natürlich auch, dass die Herrn in den Vorständen bis heute nichts begriffen haben. Deswegen werden wir auch an dieser Stelle energisch nachsetzen. Unsere Fraktion wird zum Verhalten der Bundesregierung beim Thema Steuerflucht und Steuerstraftaten eine aktuelle Debatte in dieser Sitzungswoche des Bundestages beantragen. Da bin ich gespannt, was die Bundesregierung an Maßnahmenpaketen vorlegen wird, um ihre bisherige Untätigkeit zu revidieren.
Dann wird uns in dieser Woche die Frage Kosovo beschäftigen. Da gebe ich den schlichten Hinweis: Wer im Falle Kosovo das Völkerrecht außer Kraft setzt, weil ihm das politisch opportun erscheint oder weil es der NATO opportun erscheint, der muss wissen, was er da lostritt. Das gilt dann auch im Baskenland, das gilt in Abchasien, in Südossetien und dergleichen. Wir erleben hier etwas, was wir seit langer Zeit kritisieren, dass nämlich das Völkerrecht angewandt wird oder nicht angewandt wird, je nachdem wie es vorteilhaft zu erscheinen scheint. Auch das werden wir nicht durchgehen lassen.
Da ich weiß, dass Sie alle eine Frage auch noch brennend interessiert, teile ich Ihnen mit, dass vor knapp 30 Minuten unsere Fraktion im Landtag von Niedersachsen einstimmig beschlossen hat, Frau Wegner aus der Fraktion auszuschließen. Ich füge hinzu, dass es Jeder und Jedem, der meint, Mauerbau und Stasi gut finden zu sollen, genauso ergehen wird. Wir werden nicht zulassen, dass die Glaubwürdigkeit unserer Partei und dass die Programmatischen Eckpunkte, auf die wir uns geeinigt haben, beschädigt werden.