Gaspreisdeckel und »Inflations-Wintergeld« – Die linke Alternative für eine spürbare Entlastung der Mehrheit
Die linke Alternative für eine spürbare Entlastung der Mehrheit
I. Die »Gaspreisbremse« der Bundesregierung ist ein Subventionsprogramm für Wohlhabende und Unternehmen
Eine Gaspreisbremse ist überfällig. Aber die Gaspreisbremse der Bundesregierung greift zu spät, da diese zu lange an der gescheiterten Idee der Gasumlage festgehalten hat. Mehr noch: Die Bremse ist zu schwach in der Wirkung und sozial und ökologisch ungerecht in der Ausgestaltung. Der Energieverbrauch ist stark vom Einkommen abhängig (siehe Tabelle unten). Reiche Haushalte mit hohem Energieverbrauch werden am stärksten subventioniert, ein klassischer FDP-Ansatz. Für Familien mit geringem und mittlerem Einkommen ist der subventionierte Preis von 12 Cent/kWh für das Gasgrundkontingent dagegen immer noch zu hoch.
Durch die Politik der Bundesregierung werden hohe Zusatzgewinne der (Energie-)Unternehmen durch staatliche Subventionen mitfinanziert. Das ist sozial ungerecht und angesichts der Klimakrise das falsche Signal: das Gegenteil von nachhaltig. Notwendig ist daher auch eine Übergewinnsteuer, damit Mitnahmeeffekte und eine Subventionierung hoher Zusatzgewinne durch einen Gaspreisdeckel verhindert werden.
II. DIE LINKE Alternative: sozial gerechte Strom- und Gaspreisdeckel mit ökologischem Anreiz zum Energiesparen und Umverteilungswirkung
Wir schlagen hier auf der Grundlage von vorliegenden Daten (siehe Modellrechnungen unten zum einkommensabhängigen Gasverbrauch) eine Systematik (!) für einen Gaspreisdeckel vor.
Die Gaskommission selbst hat darauf hingewiesen, dass es gegenwärtig keine ausreichende Datengrundlage gibt, um eine genaue und sozial gerechte Konzeption einer Gasumlage umzusetzen. Wir fordern deshalb, wie die Expert*innenkommission, dass entsprechende Grundlagen im Jahressteuergesetz 2022 geschaffen werden. Im § 139 sollen die Voraussetzungen für einen direkten Zahlungsweg öffentlicher Leistungen durch Nutzung der Steueridentifikationsnummer geschaffen werden. Dies muss um Regelungen ergänzt werden, die eine Differenzierung zwischen verschiedenen Haushaltstypen/Verbrauchergruppen zulässt.
Der linke Gaspreisdeckel
Wir schlagen ein Grundkontingent für den durchschnittlichen Verbrauch vor: 10 000 kWh. Dieses wird durch staatliche Subventionen auf einen Preis von 9 Cent kWh gedeckelt. 25 Prozent dieses Grundkontingents (umgerechnet 2 500 kWh) sind dabei für die Verbraucher*innen kostenfrei.
Die Differenz zwischen Marktpreis und Grundkontingent wird zu 80 Prozent über staatliche Zuschüsse finanziert wird, die verbleibende Differenz von 20 Prozent werden auf den Verbrauch oberhalb des Grundkontingents aufgeschlagen. Auf diese Weise werden Haushalte mit höherem Verbrauch (also die wohlhabenderen Haushalte, die mit weniger Personen auf mehr Fläche wohnen) an der Subvention des Grundkontingents beteiligt, indem sie selbst einen Teil ihres Subventionsbetrags zurückgeben. So entsteht insbesondere für überdurchschnittlich Verdienende mit größeren Wohnungen und höherem Energieverbrauch ein ökologisch sinnvoller Anreiz, Energie zu sparen.
Gegenüber dem Gaspreisdeckel der Bundesregierung würden so mehr als 80 Prozent der Haushalte spürbar entlastet (siehe die Modellrechnungen unten zum 5. und 8. Einkommensdezil). Der Preisanstieg im Hochverbrauch trifft vor allem die Spitzenverdiener und Vielverbraucher, diese tragen so deutlich zu einer gerechten finanzierten Entlastung für die Mehrheit bei.
Strompreisdeckel
Strom- und Gaspreisdeckel gehören zusammen, damit alle Haushalte unabhängig vom Heizungstyp entlastet werden. DIE LINKE fordert, nicht erst seit Beginn der Energiekrise und Inflation, einen Strompreisdeckel, der ein kostengünstiges Grundkontingent mit einer starken Preisprogression im Hochverbrauch für die obersten 10 Prozentverbindet.
Ohne Einberechnung des Heizstroms legen wir als Grundkontingent beim Strom pro Person 1 200 kWh jährlich fest. Das entspricht dem durchschnittlichen Stromverbrauch pro Person von Haushalten im mittleren Einkommensbereich (»5. Dezil«). Haushalte mit geringem und mittlerem Einkommen können ihren Basis-Strombedarf damit abdecken. 25 Prozent dieses Grundkontingents sind ein kostenfreier Sockelbetrag. Ab 110 Prozent des Verbrauchs steigen die Preise. Die Umverteilungskomponente und die ökologische Steuerungswirkung greifen auch hier besonders stark bei Spitzenverdienenden.
Zusammenfassung: Der linke Ansatz beim Strom- und Gaspreisdeckel
Das Konzept ist sozial und ökologisch gerecht: Das Grundkontingent ist so ausgestaltet, dass die Grundversorgung für alle gesichert ist und Anreize zum Energiesparen gesetzt werden.
- Der Gas- und Strompreisdeckel mit einem kostenfreien Sockelbetrag und einem Grundkontingent zu gedeckelten Preisen stellt sicher, dass niemand frieren oder im Dunkeln sitzen muss, da der Grundverbrauch (etwa für heizen und kochen) gesichert ist. Der kombinierte Ansatz mit einem kostenfreien Sockelbetrag führt auch dazu, dass die Kosten für die deutliche Mehrheit der Haushalte sinken.
- Wir orientieren uns bei den Bezugsgrößen am durchschnittlichen Verbrauch der mittleren Einkommen. Je weniger Einkommen die Haushalte haben, desto weniger Energie verbrauchen sie – entsprechend können sie kaum einsparen. Insgesamt muss der Energieverbrauch sinken. In den Haushalten mit den höchsten Einkommen gibt es auch die meisten Einsparmöglichkeiten und hier greift die gewünschteökologische Steuerungswirkung stärker. Wenn der Verbrauch wiederum in Richtung Durchschnittsverbrauchs der mittleren Haushalte sinkt, greift wieder die stärkere Entlastung – im Unterschied zu allen Entlastungen der Regierung, die den reicheren Haushalten mehr genutzt haben als der Mittelschicht.
III. Inflationsgeld mit Weihnachtszuschlag im Dezember
Der Strom- und Gaspreisdeckel könnten – nach Plänen der Bundesregierung – ab März greifen. Bis dahin schlägt die Bundesregierung eine Entlastung bei den Heizkostenabschlägen für den Dezember vor. Das reicht nicht aus!
Angesichts der steigenden Lebenshaltungskosten insgesamt, die besonders einkommensarme Menschen und die untere Mittelschicht hart treffen, setzt sich DIE LINKE für eine spürbare Entlastung der Mehrheit in der Krise ein.
Zusätzlich zur Übernahme der Abschlagszahlung im Dezember, die die Bundesregierung plant, fordern wir ein einkommensabhängiges Inflationsgeld für untere und mittlere Einkommen in Höhe von 125 Euro plus 50 Euro für jede weitere Person im Haushalt. Dieses soll ab 1. November 2022 gelten und für die Dauer der Inflationskrise monatlich ausgezahlt werden. Für Dezember 2022 sollte ein Weihnachtszuschlag von weiteren 125 Euro pro Haushalt gezahlt werden.
Vom Inflationsgeld profitieren alle, deren Haushaltseinkommen 4.200 Euro (ca. 120 Prozent des durchschnittlichen Haushaltseinkommens), nicht überschreitet – das sind mehr als zwei Drittel aller Haushalte.
Eine vierköpfige Familie würde durch das Inflationsgeld beispielsweise für den Zeitraum von November bis März (bis zum Inkrafttreten der Gas- und Strompreisdeckelung) um 1.225 Euro entlastet (dreimal 275 Euro plus 400 Euro im Dezember).
Berechnung der Ersparnisse von zwei Modellhaushalten beim LINKEN Gaspreisdeckel
Der Referenzbereich für das subventionierte Grundkontingent beim LINKEN Gaspreisdeckel ist der jährliche Gasverbrauch eines vierköpfigen Modellhaushalts immittleren Einkommensbereich (≙ 5. Einkommensdezil). Ein solcher Haushalt verbraucht ca. 10 000 kWh Gas im Jahr.[1] Wir beziehen uns dabei bewusst auf einen Modellhaushalt im mittleren Einkommensbereich, da gerade hier die Belastung durch die explodierenden Energiepreise sehr hoch ist.
Heizenergieverbrauch nach Energieträgern
(aus: Benjamin Held, Einkommensspezifische Energieverbräuche privater Haushalte. In: WISTA (2019) 2, S. 77)
Beispielrechnung für Vier-Personen-Haushalt im mittleren Einkommensbereich (≙ 5. Dezil):
Ein vierköpfiger Modellhaushalt (z. B. eine vierköpfige Familie) im mittleren Einkommensbereich (5. Dezil) verbraucht 10 000 kWh an Gas im Jahr. Eine Kilowattstunde Gas kostet derzeit 22,7 Cent für Neukunden.[2] Bei einem nicht regulierten Gaspreis muss der 4-Personen-Haushalt für seinen Gasverbrauch im Jahr 2.270 Euro bezahlen (Jan. bis Dez. 2023).
Die »Gaspreisbremse« der Bundesregierung sieht für private Haushalte einen subventionierten Gaspreis von 12 Cent/kWh vor. Gilt sie tatsächlich ab 1. März 2023, dann müsste unser Modellhaushalt für seinen jährlichen Gasverbrauch (Jan. bis Dez. 2023) 1.378,33 Euro zahlen.
Mit unserem LINKEN Gaspreisdeckel – angenommen, er gilt ebenfalls ab 1. März 2023 – wären es 903,33 Euro. Das sind für den vierköpfigen Modellhaushalt 475 Euro (zusätzliche) Entlastung.
Beispielrechnung für 4-Personen-Haushalt im oberen Einkommensbereich (≙ 8. Dezil):
Ein vierköpfiger Modellhaushalt im oberen Einkommensbereich (8. Dezil) verbraucht 11 248 kWh an Gas im Jahr. Bei einem nicht regulierten Gaspreis von derzeit 22,7 Ct/kWh sind dafür 2.553,30 Euro zu zahlen (Jan. bis Dez. 2023).
Mit der »Gaspreisbremse« der Bundesregierung bezahlt dieser Modellhaushalt für seinen Gasverbrauch 1.550,35 Euro im Jahr (vorausgesetzt sie gilt ab 1. März 2023). Beim LINKEN Gaspreisdeckel wären es 1.044,15Euro,würde er ab 1. März 2023 gelten.
[1] Das ist der Wert, der bei einer Auswertung der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe (EVS) 2013 für die einkommensspezifischen Energieverbräuche privater Haushalte berechnet wurde (Held 2019). Sie ergibt im mittleren Einkommensbereich (5. Dezil) einen Gasverbrauch von rund 2 500 kWh pro Person und Jahr. Auch nach den Daten des Vergleichsportals Verivox liegt der durchschnittliche Gasverbrauch eines 4-Personen-Haushaltszwischen 10 000 und 25 000 kWh im Jahr. Die große Spannweite erklärt sich dadurch, dass der Gasverbrauch stark von der Wohnfläche und der Bausubstanz abhängt.
[2] Das geht aus Daten des Vergleichsportals Verivox hervor (Datenstand: 21.10.2022). Bestandskunden zahlen meist weniger. Vor einem Jahr lag der Gaspreis laut Verivox bei 11,3 Ct/kWh.