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Katja Kipping

Kampf gegen Kinderarmut hat oberste Priorität

Statement von Katja Kipping, Vorsitzende der Partei DIE LINKE, auf der Pressekonferenz im Berliner Karl-Liebknecht-Haus

Guten Tag, Herr Juncker hat angekündigt gegen Deutschland, wegen den Regelungen zur Maut, ein Vertragsverletzungsverfahren in die Wege zu leiten, weil die konkreten Regelungen nicht-deutsche Autofahrer diskriminieren und damit gegen EU-Recht verstoßen. Das ist das Ende eines rein bayrischen Stammtisch-Themas. Man könnte sagen: Aus die Maut.

Aber es stellt sich natürlich die Frage, ob es in Dobrindts Ministerium nicht wenigstens einen fähigen Juristen gibt, der seinen Chef mal hätte in Kenntnis setzen können, dass es sich hier um eine offensichtliche Verletzung des EU-Rechts handelt. Oder: Nimmt wohlmöglich Dobrindt in Kauf, dass die Regelung zur KfZ-Steuer von der EU-Ebene kassiert werden, damit er einfach am Ende doppelt kassieren kann - von der PKW-Maut und die volle KfZ-Steuer? Und den schwarzen Peter für diese doppelte Belastung von seinem Tisch hat, weil Brüssel daran Schuld ist.

Wir meinen: Dobrindt hätte sich, anstatt sich mit einer "Ich-Will-Aber-Unbedingt"-Haltung an ein Projekt zu klammern, das sowieso zum Scheitern verurteilt ist, lieber als Verkehrsminister darum kümmern sollen, die umweltverträglichen Alternativen wie Bus- und Bahnverkehr zu stärken und auszubauen. Noch ist der Gesetzentwurf zur Maut von Bundespräsident Joachim Gauck nicht unterschrieben und da es sich hier um eine offensichtlich juristisch höchst fragwürdige Angelegenheit handelt, empfehlen wir dem Bundespräsidenten, dies gründlich zu prüfen und ein solches Gesetz nicht zu unterschreiben.

Zu einem weiteren Thema, zum Kindertag: Nun ist der Kindertag, zumindest hier wird er so gefeiert, ein Tag um auf die Rechte und Bedürfnisse von Kindern hinzuweisen. Junge Menschen haben ein Recht auf Bildung, gesellschaftliche Teilhabe und Teilnahme und ein Recht auf Schutz vor jeglicher Form von Gewalt. Die Realität sieht jedoch leider anders aus - weltweit. Auch in Deutschland ist Kinderarmut ein brennendes Problem. Jedes sechste Kind unter 3 Jahren wächst in diesem reichen Land in Armut auf. Für die Hälfte der armen Kinder, ist Armut nicht eine vorübergehende Episode, sondern ein Dauerzustand. Und wir meinen: Das muss sich ändern. Ein früher Kitabesuch kann helfen, um die vielfältigen Auswirkung von Kinderarmut abzumildern. Das setzt aber voraus, dass die Gruppen in den Kitas auch sozial durchmischt sind und das wiederum setzt voraus, dass die Gesellschaft in den Städten nicht komplett sozial aufgespalten ist. Der Kampf gegen Kinderarmut muss oberste Priorität haben. Nicht nur am Kindertag. Wir als LINKE fordern deswegen die Einführung einer Kindergrundsicherung für alle Kinder und Jugendliche, die sie sicher vor Armut schützt.

Aber der Kindertag ist natürlich auch ein Tag um auf die Situation von Kindern weltweit hinzuweisen. Da beschäftigt uns besonders die Situation von unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen, für die es besondere soziale Maßnahmen zu ergreifen gilt. Ich will nur sagen, dass die beiden Sozialministerinnen in Brandenburg und Thüringen sich besonders um das Thema sozialere Behandlung von Flüchtlingen einsetzen. Zum Beispiel was die Möglichkeiten vom früheren Schulbesuch, vom ersten Tag an, anbelangt. Und der Kindertag ist auch ein Tag um deutlich zu machen, - nicht nur im Interesse von Kindern, aber auch im Interesse von Kindern - braucht es eine gerechtere Weltwirtschaftsordnung. Ein erster Schritt dahin wäre, dass man deutschen Firmen und Banken verbietet, sich an Landgrapping zu beteiligen. Nur noch einmal zur Verdeutlichung: Landgrapping meint, dass man im globalen Süden, in einigen Ländern, Familien auf Generationen auf einem Stück Land leben, das dann von einer demokratisch sehr fragwürdigen Autorität vor Ort an Konzerne verkauft wird, die Familien von ihrem Stück Land vertrieben werden. Denen jegliche Grundlage zur Ernährung der Familie entrissen wird und damit auch der Hungertod von Kindern in Kauf genommen wird.

Zu einem weiterem unerfreulichen Thema: G7. Die G8-Treffen waren schon immer eine schlechte Idee, weil einige handverlesene Nationen sich damit zu Führungsnationen aufschwingen. Jetzt aber, im Rahmen der G7-Außenpolitik, ohne Russland zu reden, ist eine noch schlechtere Idee. Weil all die zentralen Fragen wie Iran, Irak oder Ukraine-Krise lassen sich eben nicht ohne Einbeziehung von Russland nachhaltig lösen. Wir meinen ganz generell: Die Zeit der globalen Oligarchie ist abgelaufen und die Rolle Deutschlands in der Welt sollte nicht darin bestehen, dass sie jetzt noch einmal um eine Vormachtstellung innerhalb der G7-Staaten kämpft, sondern Deutschland sollte sich für eine Demokratisierung einsetzen. Das heißt für uns: Die zentralen weltpolitischen Fragen sollten im Rahmen der UNO behandelt werden, die natürlich auch demokratisiert gehört.

Abschließend zu den Verhandlungen in Griechenland: Die Situation in Griechenland spitzt sich zu. Angeblich wird von der neuen griechischen Regierung gefordert, dass sie zu mehr Reformen bereit sind. Aber wann immer die EU-Eliten Reformen fordern, meinen sie am Ende nichts weiter als Sozialkürzungen, Erleichterung von Massenentlassungen und weitere Privatisierung. Aber es ist höchst fragwürdig, ob diese neoliberale Dreifaltigkeit Griechenland sozial- oder wirtschaftspolitisch voranbringen wird. Wir meinen auch, das SYRIZA einen Kampf führt, der nicht nur Griechenland betrifft, sondern die Frage betrifft: Ist Europa so demokratisch, dass es alternative Pfade zum neoliberalen Kurs zulässt?

Vielmehr muss auch mal die Verhandlung mit und um Griechenland ins Verhältnis setzen: Wir haben in der EU Cameron, der die EU quasi erpresst und Sonderbedingungen erbittet, wir haben in der EU Länder wie Ungarn, wo die Regierung quasi diktatorische Züge annimmt, wo geplant ist, die Todesstrafe wieder einzuführen - dazu hört man erstaunlich und erschreckend wenig Kritik von Seiten der EU-Eliten. Wenn Griechenland sich aber die Freiheit nimmt, nach einer demokratischen Wahl, nach einem klaren Votum, zu sagen: Wir wollen nicht noch weitere Sozialkürzungen, dann werden die fiskalischen Handfesseln angezogen. Wir finden, das ist nicht nur unsozial, sondern auch undemokratisch. Auch deswegen hat die Europäische Linke eine Parlamentarierunterschriftenaktion gestartet, wo wir zu einem anderen Umgang mit Griechenland aufrufen und wir wollen den 20. Juni, der nicht nur der Weltflüchtlingstag ist, sondern auch in der Griechenlandsolidaritätswoche liegt, nutzen, um in Berlin ein klares Zeichen zu setzen: Wir wollen Europa anders machen.

Wir laden ein zu einer Demonstration, die 13 Uhr am Oranienplatz beginnt. Das ist der Platz der Flüchtlingsauseinandersetzung und wir wollen an diesem Tag ganz deutlich machen gegenüber der Bundesregierung: Wir sind nicht einverstanden mit der Art und Weise, wie ihr hier Europa auf einen neoliberalen Kurs verpflichtet.

Vielen Dank.