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Janine Wissler & Özlem Alev Demirel

Kein Profit mit Krieg und Krise!

Der Mai ist der Wonnemonat der Konzerne und Aktionäre: In diesem Monat beschließen die meisten Dax-Konzerne auf ihren Hauptversammlungen die Dividenden für das letzte Jahr.

Der Mai ist der Wonnemonat der Konzerne und Aktionäre:

In diesem Monat beschließen die meisten Dax-Konzerne auf ihren Hauptversammlungen die Dividenden für das letzte Jahr – unter ihnen RWE (03.05.), Mercedes-Benz (08.05.), Vonovia (08.05.), Rheinmetall (14.05.), BMW (15.05.) und Fresenius (16.05.). Nach dem Motto „Alle Jahre wieder“ werden die Aktionär*innen mit vielen Milliarden Euro überschüttet, ohne dafür einen Finger zu krümmen. Die meisten Menschen gehen aber leer aus: Denn 83 Prozent der Deutschen besitzen gar keine Aktien.

Allein die 40 Dax-Konzerne schütten in diesem Jahr fast 54 Milliarden Euro an Dividenden aus, ein historischer Höchstwert und doppelt so viel wie noch vor zehn Jahren. Die Energie-, Lebensmittel- und Rüstungskonzerne haben Rekordgewinne erzielt, weil sie Krieg und Krise genutzt haben, um ihre Preise zu erhöhen und Verbraucher*innen abzuzocken. Viele Menschen wissen nicht, wie sie durch den immer teureren Alltag kommen sollen: Rentner*innen sammeln Flaschen, Familien können sich keinen Urlaub mehr leisten, Kinderwachsen in Armut auf. Währenddessen stecken sich Konzernchefs und Aktionär*innen Milliarden in die eigene Tasche.

  • RWE hat seinen Gewinn durch die gestiegenen Energiepreise seit Beginn des Ukraine-Krieges 2022 mehr als verdoppelt.
  • Mercedes, BMW und Porsche treiben mit immer größeren und schwereren Autos die Klimakrise an. Sie bremsen mit erfolgreicher Lobbyarbeit die Mobilitätswende. Während der Energiekrise haben sie die Preise erhöht, sich stärker auf Autos mit höheren Gewinnmargen (sog. Luxussparte) fokussiert und von der Kaufprämie der Regierung profitiert. Alleine zwischen 2019 und 2022 hat Mercedes so seinen Gewinn um 430 Prozent gesteigert, BMW um 230 Prozent. Mit 5,5 Milliarden Euro ist Mercedes der größte deutsche Dividendenzahler in diesem Jahr.
  • Vonovia macht Profit mit privaten Wohnungen, die meisten davon gehörten früher der öffentlichen Hand. Der Konzern hat sie preiswert gekauft und vermietet sie nun teuer. Wir erleben eine Wohnungskrise, aber der Konzern hat den geplanten Bau von 60.000 Wohnungen wegen gestiegener Kosten einfach ausgesetzt. Die Mieten wurden erhöht. So will Vonovia den eigenen Profit retten, für die Menschen bedeutet das: größere Wohnungsknappheit, steigende Mieten und damit immer mehr Menschen, die ihre Miete nicht mehr zahlen können.
  • Fresenius betreibt in ganz Europa private Krankenhäuser. In den Krankenhäusern steht Profit vor Patient*innen-Wohl: Stellen werden gestrichen und das Personal ist nicht erst seit der Pandemie am Limit. Gleichzeitig umgeht der Konzern Milliarden an Steuerzahlungen, indem er seine Gewinne in ein globales Netz aus Steueroasen verschiebt.

Diese Konzerngewinne und Dividenden sind nur möglich, weil die politischen Rahmenbedingungen entsprechend gesetzt wurden: Krankenhäuser und Pflegeeinrichtungen dürfen mit den Versicherungsgeldern Profit machen und an die Börse.

Besonders krass ist der Zusammenhang bei den Gewinnen der Rüstungsindustrie

Die EU-Staaten gaben 2023 ca. 270 Mrd. Euro für Militär und Rüstung aus. Mehr als für den Haushalt der EU (2022 waren es 169.5 Mrd.). Die Ausgaben für Aufrüstung sollen weiter steigen. Zum Vergleich: 135 Mrd. Euro wären nötig, um Armut in der EU abzuschaffen.

Die Bundesregierung hat 2022 100 Mrd. Euro für die Rüstungsindustrie bereitgestellt (Sondervermögen). Der laufende Verteidigungshaushalt ist der einzige Bereich, der wächst: Die Militärausgaben erreichen mit 72 Mrd. Euro einen „historischen Höchstwert“. Langfristig plant die Bundesregierung, zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts für Rüstung auszugeben. Schätzungen zufolge würde dies bis 2028 auf einen Anstieg des Wehretats auf 108 Mrd. Euro hinauslaufen.

Überall sonst im Bundeshaushalt wird gekürzt und „fehlt das Geld“: Kein Geld für den Kampf gegen Pflegenotstand, Wohnungsnot oder für sozial gerechten Klimaschutz. Der Rüstungsetat steigt, die Kindergrundsicherung und das Klimageld werden gestrichen.

Die Aufrüstung treibt die Gewinne der Rüstungskonzerne in die Höhe:

  • Seit Beginn des Ukraine-Kriegs hat sich der Aktienwert von Rheinmetall mehr als vervierfacht (+410 %), in den letzten 10 Jahren hat er sich verzehnfacht. Im letzten Jahr war die Rheinmetall-Aktie die profitabelste am deutschen Börsenmarkt (+54%).

Der Chef des ifo-Instituts, Cemens Fuest, hat gesagt, man müsse sich entscheiden: „Kanonen oder Butter“ –  der Verteidigungsministerin spricht von „Kriegstüchtigkeit“, die herzustellen sei – und bei der Rüstungsindustrie knallen die Sektkorken.

Die Linke will die Rekordgewinne abschöpfen, die Finanzmärkte entmachten und Gemeinwohl und öffentliches Interesse stärken. Zwischen Kanonen und Butter entscheiden wir uns für „Butter für alle“. Die Extraprofite aus Krise, Krieg und Aufrüstung müssen dem Gemeinwesen zugeführt werden, statt weiter die soziale Ungleichheit zu verschärfen.

Das muss passieren:

  •    Kapitalerträge gerecht besteuern 

Einkommen aus Kapitalerträgen sollen nicht länger steuerlich begünstigt werden, sondern nach denselben Sätzen versteuert werden, wie alle Einkommen. Wer viel Einkommen hat, muss entsprechend höhere Steuersätze zahlen.

  •    Mindeststeuer für Groß-Konzerne

Internationale Konzerne wie Microsoft, Alphabet oder Apple sind weltweit immer auf der Suche nach Steueroasen mit den geringsten Steuersätzen. Auch in der EU werden sie fündig, zum Beispiel in Ungarn (9 %) oder Irland (12,5 %). Den EU-Staaten gehen so geschätzt jährlich 825 Milliarden Euro an Steuern verloren. Das ist ungerecht! Um Steuervermeidung effektiv zu verhindern und Steueroasen trockenzulegen, muss die globale Mindeststeuer für Unternehmen auf 25 Prozent angehoben werden.

  •    Gewinne besteuern, wo sie anfallen

Wir wollen eine Quellensteuer von 50 Prozent auf alle Zahlungen (Dividenden, Zinsen und Lizenzabgaben) von Unternehmen erheben, die in nicht kooperative Staaten abfließen. Damit machen wir Steuerflucht unattraktiv. Die Unternehmen dürfen sich die Steuer nur anrechnen, wenn alle steuerrelevanten Informationen offengelegt werden.

  •    Finanztransaktionssteuer

Bei jeder Finanztransaktion soll ein Steuersatz von 0,1 Prozent fällig werden. Die Finanztransaktionssteuer trifft vor allem kurzfristige Großumsätze mit kleinen Gewinnmargen. So dämmen wir die Spekulation auf den Finanzmärkten ein. Eine europaweite Finanztransaktionssteuer würde laut EU-Kommission 50 Milliarden Euro jährlich einbringen.

  •    Übergewinne abschöpfen

Wenn Übergewinne wegbesteuert werden, gibt es keinen Anreiz mehr, die Preise in Krisenzeiten hochzutreiben und Gewinne auf Kosten von uns allen zu machen. Wir fordern die Einführung einer EU-weiten Übergewinnsteuer in Höhe von 90 Prozent für alle Krisenprofite. Als Vergleichszeitraum bieten sich die durchschnittlichen Unternehmensgewinne der letzten 10 Jahre an: Die Übergewinnsteuer soll rückwirkend eingeführt werden und dauerhaft gelten. Eine solche Steuer könnte allein in Deutschland bis zu 40 Milliarden Euro jährlich einbringen. Geld, was für mehr Pflegekräfte, Lehrer*innen, Erzieher*innen und Sozialarbeiter*innen dringend benötigt wird.

  •    Finanz-TÜV

Wir fordern die Einführung eines »Finanz-TÜVs«. Statt wie bisher alle Finanzinstrumente zuzulassen, die nicht ausdrücklich verboten sind, müssen sie in Zukunft eine ausdrückliche Zulassung durch einen »Finanz-TÜV« erhalten, damit sie in Umlauf gebracht werden dürfen. Damit sollen nur noch Finanzinstrumente erlaubt sein, die einen gesamtwirtschaftlichen und gesellschaftlichen Nutzen stiften.

  •    Finanzbetrug europaweit verfolgen

Zur Bekämpfung von kriminellen Unternehmenspraktiken – wie Steuerhinterziehung, Geldwäsche oder Korruption – sollen die EU-Mitgliedstaaten eine Taskforce aufbauen. Diese wird bedarfsgerecht mit Personal aufgestockt. Mit der Taskforce kann Finanzkriminalität und Steuerflucht als Geschäftsmodell der Reichen und Konzerne konsequent verfolgt werden.

  •    Keine Dividenden bei Staatshilfen

Wir fordern, dass Konzerne keine Dividenden ausschütten dürfen, wenn sie Staatshilfen erhalten haben. Staatliche Hilfen, die durch uns alle getragen werden, sollen nicht in den Taschen weniger Aktionäre landen. Staatliche Förderung muss an Tariftreue gebunden sein und zur Ausweitung von Mitbestimmung im Betrieb und öffentlichen Anteilen führen.

Den Märkten Grenzen setzen:

  1. Die politischen Eingriffe in den Markt müssen verstärkt werden.
  2. Dividenden müssenals Preistreiberausgeschaltet werden. Kein Aktionär sollte an Krankenhäusern, Pflegeeinrichtungen oder dem sozialen Wohnungsbau profitieren.
  3. Öffentliche Dienstleistungen müssen gestärkt werden. Es braucht mehr Investitionen in die öffentlichen Dienstleistungen, die das Leben von uns allen real verbessern: Kostenfreier öffentlicher Nahverkehr, ausreichend Personal in Krankenhaus und Pflege, gute Bildung und bezahlbarer Wohnraum.