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Gesine Lötzsch beim Newroz-Fest
Gesine Lötzsch

Mehr Solidarität für ein friedliches Zusammenleben

Rede von Gesine Lötzsch, Vorsitzende der Partei DIE LINKE, beim Newroz-Fest in Berlin-Kreuzberg

Herzlichen Dank für die Einladung zum Newroz-Fest. Zu einem Fest, das dem Neuen, dem Frieden, der Freiheit und der Demokratie gewidmet ist, komme ich immer gern. Auch wenn wir feiern, denken wir daran, dass es noch zu viele Völker gibt, die um ihre Freiheit kämpfen müssen.

Ich komme gerade von einer Mahnwache vor dem Brandenburger Tor. Meine Partei hat zu dieser Mahnwache aufgerufen, weil wir der Meinung sind, dass Krieg kein Mittel der Politik sein darf. Der UN-Sicherheitsrat hat mit der Resolution 1973 die Tür für einen weiteren Krieg geöffnet. DIE LINKE fordert die Bundesregierung auf, alles zu tun, um einen Krieg in Libyen zu verhindern.

Kriege werden immer damit begründet, das Leben von unschuldigen Frauen und Kinder retten zu wollen. Noch nie hat ein US-Präsident oder ein französischer Präsident einen Krieg damit begründet, dass er Ölfelder erobern will. Kriege haben immer dazu geführt, dass die Zahl der unschuldigen Opfer dramatisch anstiegen und die eigentlichen Probleme nicht gelöst wurden. Das hat sich in Afghanistan und auch in Irak gezeigt. Wir wollen keinen zweiten Irak, und wir wollen auch kein zweites Afghanistan! Wir lehnen Krieg als Mittel der Konfliktlösung ab!

Wir sind Zeugen von dramatischen Umbrüchen in der arabischen Welt. Diktatoren, die Jahrzehnte von den USA, Großbritannien, Frankreich und auch Deutschland unterstützt und hofiert wurden, werden von ihren Völkern gestürzt. Auch deutsche Waffen dienten dazu, diese Diktaturen zu stabilisieren. DIE LINKE lehnt Diktaturen prinzipiell ab.

Wir sind für ein Verbot des Rüstungsexportes in den arabischen Raum und in den Nahen Osten. Das kurdische Volk weiß, was Krieg, Unterdrückung und Demütigung bedeutet. Ich glaube, Sie können sehr wohl nachempfinden, wie es den Menschen in den arabischen Ländern geht, die Jahrzehnte von Diktatoren unterdrückt wurden. Wir unterstützen die arabischen Völker in ihrem Befreiungskampf. Wir sind generell der Auffassung, dass Völker über ihr Schicksal selbst entscheiden sollen. Deshalb finden wir es unverantwortlich, dass die Bundesregierung Jahrzehnte Diktaturen finanziell, militärisch und ökonomisch unterstützt hat.

DIE LINKE fordert auch in Deutschland mehr Demokratie. Das verwundert vielleicht Menschen, die aus Diktaturen zu uns gekommen sind. Natürlich ist Deutschland ein demokratischer Staat, doch wir stellen fest, dass der Einfluss der Menschen, die sehr viel Geld haben, auf die Politik immer größer wird und der Einfluss armer Menschen auf die Politik immer mehr sinkt. Viele ziehen daraus die Schlussfolgerung, sich nicht mehr an demokratischen Wahlen zu beteiligen. Doch das stärkt nur den Einfluss der Menschen, die schon jetzt zu viel Einfluss haben. DIE LINKE wird sich mit dieser Situation nicht abfinden. Wir wollen nicht die Herrschaft des Geldes, sondern die Herrschaft des Volkes.

Für DIE LINKE gehören Demokratie und Solidarität zusammen. In den vergangenen Jahrzehnten wurde in unserem Land Solidarität abgebaut und rücksichtsloser Egoismus gefördert. Wenn jeder nur noch an sich denkt und keiner an den anderen, an den Nachbarn, an den Freund und Kollegen, dann löst sich eine Gesellschaft auf, mit all den schrecklichen Folgen. Solidarität ist Voraussetzung für eine funktionierende Gesellschaft.

Die Bundesregierungen haben in den vergangenen 20 Jahren immer mehr Gemeinschaftseigentum verkauft. Krankenhäuser, Wasserbetriebe, Wohnungsgesellschaften – alles wurde privatisiert. Das war ein schwerer Fehler. Das hat unsere Gesellschaft ärmer gemacht und einigen wenigen Unternehmen traumhafte Renditen auf Jahrzehnte gesichert.

Auch die sozialen Sicherungssysteme werden nach und nach privatisiert. Wir sind gegen die Privatisierung der Rentenversicherung und des Gesundheitssystems. Wir wollen, dass die Lebensrisiken der Menschen von der ganzen Gesellschaft solidarisch getragen werden.

Für eine solidarische Gesellschafte muss jeder selbst etwas tun. Das ist einfacher, als viele denken. Akzeptieren Sie einfach nicht länger unsolidarisches Verhalten. Sagen Sie Egoisten, dass sie auf Kosten der Gesellschaft leben und Sie dafür kein Verständnis haben.

In Berlin leben Menschen aus ganz unterschiedlichen Kulturen friedlich zusammen. Das finden viele Menschen ganz normal, nur wenige stören sich an dieser Vielfalt der Menschen und Kulturen. So zum Beispiel der ehemalige Berliner SPD-Finanzsenator und Bundesbankvorstand Sarrazin. Mir ist völlig unverständlich, wie ein Mensch so einen rassistischen Unfug aufschreiben kann. Noch unverständlicher ist, dass große Verlage und Zeitungen diesen menschenverachtenden Unfug auch noch abdrucken. Das ist wirklich empörend! Solche absurden Diskussionen, wie sie Herr Sarrazin angezettelt hat, braucht Berlin nicht! Sie schaden der Stadt. Sie schaden den Menschen.

Ich finde es furchtbar, dass wir jetzt einen Innenminister haben, der meint, Herrn Sarrazin nacheifern zu müssen, und Religionen für Wahlkämpfe missbraucht. Gegen solche Angriffe auf das friedliche Zusammenleben in einer Gesellschaft hilft nur noch mehr Solidarität.

Ich wünsche allen, die heute zum Newroz-Fest gekommen sind, dass sie einen schönen Tag erleben und wenn sie heute auf Frieden, Freiheit und Demokratie das Glas erheben, dann vergessen sie nicht, auf die Solidarität der Völker anzustoßen.