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Michael Schlecht

Portugal, nicht erpressen lassen!

Von Michael Schlecht, MdB, Chefvolkswirt Fraktion DIE LINKE und Gewerkschaftspolitischer Sprecher im Parteivorstand DIE LINKE

Seit langem wurde es erwartet. Auch Portugal muss unter den Euro-Rettungsschirm. Hilfen in Höhe von 80 Milliarden Euro stehen zur Debatte.

Und das Opfer wird zum vermeintlichen Täter erklärt. Wie zuvor schon Griechenland. Als Bedingung für Finanzhilfen sollen noch härtere Einschnitte durchgesetzt werden, als es sie bereits gibt. Eigentlich müsste Europa Portugal mit Aufbauhilfen unter die Arme greifen. So wie die USA nach dem zweiten Weltkrieg Deutschland mit dem Marschall-Plan half. Aber vor allem Merkel will den Morgenthau-Plan. Sie will den Krisen-Ländern die Agenda 2010, sie will ihnen Lohn- und Sozialkürzungen aufzuzwingen. Mit dieser Strangulierung der Binnenwirtschaft wird die Krise nur noch weiter verschärft. Und das jeweilige Land, zuerst Griechenland, jetzt Portugal gerät immer tiefer in die Verschuldung. Weil die Einnahmen schneller wegbrechen als die gekürzten Ausgaben.

Lässt Portugal sich von der EU erpressen, wird das Desaster nur aufgeschoben. Und die billige portugiesische Werkbank wird in dem einen oder anderen Betrieb wieder von Unternehmern genutzt, um Druck auf die Belegschaften hierzulande zu machen. Es bleibt zu hoffen, dass die Portugiesen sich nicht beugen. Die Chance, dass ihnen trotzdem geholfen wird ist groß, denn andere Länder haben mehr zu verlieren.

Denn wenn Portugal sich für zahlungsunfähig erklärt, würde es kräftig im Gebälk krachen. Auslandsschulden von 220 Milliarden Euro stehen dann im Feuer. Alleine 33 Milliarden aus Deutschland. Banken hierzulande drohen Verluste von zwölf Milliarden. Auch der deutsche Staat wäre direkt mit sechs Milliarden betroffen. Diese Ausfälle würden sofort bei Finanzminister Schäuble landen.

Und es kommt hinzu: Portugal steht mit 75 Milliarden Euro bei Spanien in der Kreide. Käme es zum Ausfall, dann würde wohl auch Spanien fallen. Ein Land, das viel größer ist als die bisherigen Krisenländer. Gerät Spanien ins Wanken, steigt das Risiko des Euro-Zerfalls massiv.

"Deutschland ist der größte Profiteur des Euros", so Kanzlerin Merkel. Fällt der Euro, würde eine neue deutsche Währung um mindestens 40 Prozent gegenüber den europäischen Ländern aufwerten. Die deutsche Exportwirtschaft droht schlagartig zu kollabieren. Dahin wäre der künstlich geschaffene Wettbewerbsvorteil des Lohndumpings. Preisbereinigt sinken die Löhne seit 2000 um vier Prozent; in allen anderen Ländern steigen sie. In den letzten zehn Jahren sind die Lohnstückkosten hierzulande um sechs Prozent gestiegen, in den anderen Ländern der Eurozone um 30 Prozent.

Sinkende Löhne führten zur Schwächung der Binnenwirtschaft und der Importe. Gleichzeitig haben die Unternehmer mit dem Wettbewerbsvorteil die Exporte massiv gesteigert. Das Resultat: Exportüberschüsse ohne Ende. Der seit 2000 aufsummierte deutsche Außenhandelsüberschuss beläuft sich auf 1,4 Billionen Euro. Er führte spiegelbildlich in den anderen Ländern zu einer immer größeren Verschuldung der privaten Haushalte, der Unternehmen, der Banken und letztlich des jeweiligen Staates. Das deutsche Lohndumping ist die zentrale Grundlage der Krise.