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Unser Parteitag hat eine positive Ausstrahlung gehabt

Statement von Dietmar Bartsch auf der Pressekonferenz im Berliner Karl-Liebknecht-Haus

Statement als Audio- und Video-Datei

Meine sehr verehrten Damen und Herren, heute hat der Geschäftsführende Parteivorstand getagt. Wir haben noch einmal einen kleinen Rückblick auf den Parteitag vorgenommen und gemeinsam festgestellt, dass wir einen sehr erfolgreichen Parteitag am letzten Wochenende in der Max-Schmeling-Halle durchgeführt haben. Die  LINKE geht entschlossen und optimistisch in den Wahlkampf. Wir haben allein in der vergangenen Woche in der Bundesgeschäftsstelle über 200 neue Mitglieder aufnehmen können, und in den Ländern gibt es zahlreiche weitere Neuaufnahmen. Der Parteitag hat offensichtlich eine positive Ausstrahlung gehabt.Ich will noch einmal ganz kurz auf unsere Kernforderungen des Bundestagswahlprogramms eingehen, die wir auch in das Zentrum unserer Wahlkampagne stellen werden.Die LINKE ist für einen flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohn nach französischem Vorbild, der in der Legislaturperiode auf 10 Euro steigen soll.Wir stellen uns den finanziellen Herausforderungen. Die LINKE sagt ganz klar: Wir wollen eine Millionärssteuer. Für Privatvermögen über eine Million Euro werden 5 Prozent Steuer erhoben. Und wir wollen eine Börsenumsatzsteuer in Deutschland einführen. Wir sagen aber auch, dass es eine Entlastung bei den unteren und mittleren Einkommen geben muss. Wir wollen die kalte Progression abschaffen und einen Freibetrag in Höhe von 9.300 Euro sowie  einen Spitzensteuersatz von 53 Prozent.Die LINKE fordert ein öffentliches Zukunftsinvestitionsprogramm zur Sanierung und Modernisierung der öffentlichen Infrastruktur, aber auch für den sozialökologischen Umbau und für die Gebiete Klimaschutz, Bildung und Gesundheit.Die LINKE will die Rente erst mit 67 wieder abschaffen. Wir wollen flexible Altersgrenzen ohne Rentenkürzungen einführen, damit Altersarmut nicht in Deutschland entstehen kann.Eine weitere Forderung - medial auch umfangreich kommentiert - ist die Anhebung der Hartz-IV-Regelsätze in der nächsten Legislatur auf 500 Euro. Wir wollen eine bedarfsgerechte sanktionsfreie Mindestsicherung einführen.Außenpolitisch ist klar, wir wollen dass die Bundeswehr raus aus Afghanistan geht. Das ist eingebettet in eine generelle Veränderung der Außenpolitik Deutschlands. Wir wollen die Rezivilisierung der deutschen Außenpolitik.Nicht zuletzt treten wir ein für die Angleichung der Lebensverhältnisse Ost - West, gleicher Lohn für gleiche Arbeit, zum Beispiel im öffentlichen Dienst. Und wir wollen auch, dass die Rentenwerte Ost und West gleich sind.Zwei weitere Forderungen will ich erwähnen: die eine ist eine Gesundheitsreform, die wirklich diesen Namen verdient - weg von der Zwei-Klassen-Medizin, in die Deutschland insbesondere in der letzten Legislatur immer mehr geraten ist. Wir wollen die Einführung einer solidarischen Bürgerversicherung. Das ist unser Ziel, das wir in der nächsten Legislatur anstreben.Und nicht zuletzt, das möchte ich hier noch erwähnen, plädiert die LINKE für einen nationalen Bildungspakt. Die öffentlichen Bildungsausgaben sollen mindestens 7 Prozent des Bruttoinlandsprodukts betragen. Es geht darum, die Gemeinschafts- und Ganztagsschulen auszubauen und bundesweit zu fördern.Gestatten Sie mir als zweites, weil es auch eben im Geschäftsführenden Vorstand eine Rolle spielte, einen Blick auf das CDU-Wahlprogramm, auch wenn es noch niemand in Gänze gelesen hat, sondern wir vor allem auf die öffentliche Widerspiegelung angewiesen sind. Es ist überschrieben mit: „Wir haben die Kraft…“ Ich habe so das Gefühl, dass es sich bei dem Wahlprogramm doch mehr um den „großen Bluff“ handelt. Vor der letzten Legislatur war es so, dass insbesondere ein Professor aus Heidelberg Pate stand. Diesmal scheint es der Baron von Münchhausen zu sein. Mir ist einigermaßen unklar, wie denn das, was dort aufgeschrieben ist, auch nur halbwegs finanziert werden soll. Es ist klar, so jedenfalls die Steuerschätzungen, das bis zum Jahre 2013 insgesamt ein Haushaltsloch von 300 Milliarden Euro klafft, was nach meiner Meinung eine eher vorsichtige Schätzung ist. Und dann wird gleichzeitig von Steuerentlastung gesprochen und werden Steuererhöhungen generell ausgeschlossen. Wie das gehen soll - das hat schon die Qualität von Münchhausen. Das ist die Null-Beantwortung der Frage, wer das bezahlen soll. Man wird ja nicht die Notenbankpresse anschmeißen können. Das interessante ist, dass bei dieser Sitzung offenbar 8 von 10 CDU-Ministerpräsidenten gar nicht anwesend waren. Zwei haben sich ja zumindest geäußert. Es ist offensichtlich so, dass die Frage der Mehrwertsteuererhöhung in der Union nicht vom Tisch ist. Das haben wir auch 2005 gesehen. Daraus hat Angela Merkel offensichtlich gelernt. Sie wird nicht vor der Wahl ankündigen, dass es eine Mehrwertsteuererhöhung gibt, die Union hüllt hier den Mantel des Schweigens über ihre Steuerpläne.Oettinger und Böhme hatten ja ein Stück weit die Katze aus dem Sack gelassen - nun versuchen Merkel und Seehofer, diese Katze wieder einzufangen.Eines ist ganz klar: Die LINKE ist gegen jegliche Erhöhung der Mehrwertsteuer. Die Mehrwertsteuererhöhung trifft insbesondere die sozial Schwächeren in dieser Gesellschaft. Wir sagen ganz klar: Man muss die Vermögenden, die hohen Einkommen, zur Finanzierung der Folgen der Krise heranziehen.Eine letzte Bemerkung sei mir gestattet zum Thema Wahlrechtsstreit, das am Wochenende eine relativ große Rolle spielte. Die LINKE fordert seit langem eine Reform des Wahlrechts, und zwar vor der Bundestagswahl. Ich finde die Begründung für den offensichtlichen Sinneswandel der SPD aberwitzig, dass die CDU mehr Direktmandate gewinnen könnte und es so mehr Überhangmandate gäbe. Das kann ja nicht der Grund sein für eine Reform. Wir sind vom Wahlergebnis im Moment noch sehr, sehr weit weg. Das Entscheidende wird an diesem Freitag im Bundestag sein, inwieweit dann die SPD den Mut hat, wirklich zu springen. Wir haben in dieser Legislatur ja permanent feststellen können, dass es hin und wieder mutige Beschlüsse in Vorständen der SPD gab, auch auf Parteitagen - siehe Mindestlohn. Dass dann aber in der Realität, wenn es zum Schwur kam, wenn es im Deutschen Bundestag zur Abstimmung kam, dass dann die SPD nicht gesprungen ist.Ich kann nur raten - und hoffe, dass die SPD dieses Mal vielleicht ihren Mut zusammen nimmt und dann doch dem Antrag der Grünen zustimmt. Es gibt ja noch eine weitere Abstimmung zum Thema Kriegsverweigerer, wo ein Gruppenantrag vorhanden ist und wo ich auch mit Interesse sehen werde, wie die SPD abstimmt.Also, ich kann nur daran appellieren, am Freitag dem Grünen-Antrag zuzustimmen, damit Verfassungskonformität noch vor der Bundestagswahl hergestellt wird. Die LINKE sagt ganz klar: Wenn es ein solches Urteil gibt, dann kann man nicht bis 2011 warten, sondern sollte diesen Freitag nutzen und eine entsprechende Entscheidung herbeiführen. Dankeschön.