Wir befinden uns in Übereinstimmung mit der Bevölkerungsmehrheit
Statement von Bundesgeschäftsführers Dietmar Bartsch auf der Pressekonferenz im Berliner-Karl-Liebknecht-Haus
Am Wochenende hat DIE LINKE zwei Konferenzen durchgeführt. In Esslingen fand eine Frauenpolitische Tagung statt. Hier haben sich Frauen der LINKEN aus allen Bundesländern getroffen. Sie haben verabredet, sich stärker in die Erarbeitung der Programmatik der LINKEN einzubringen. Ich begrüße das ausdrücklich und will noch einmal festhalten: DIE LINKE ist die Partei mit dem höchsten Frauenanteil. 41 Prozent unserer Mitglieder sind Frauen. Darauf lässt sich gut aufbauen.
Zweitens hat eine Konferenz der LINKEN in Hannover stattgefunden. Hier haben wir uns mit der Thematik "Öffentliche Unternehmen stärken - Privatisierung stoppen" befasst, eines der zentralen Themen, der sich DIE LINKE in den nächsten Monaten und Jahren stellen will. Es ist eines der zentralen Themen deshalb, weil DIE LINKE das Ziel hat, das Öffentliche, das öffentliche Eigentum zurückzugewinnen. Wir können feststellen, dass eine große Bevölkerungsmehrheit gegen die Fortsetzung der Privatisierung öffentlicher Daseinsvorsorge ist. Der Trend auf kommunaler Ebene zur Rekommunalisierung ist ermutigend. Kommunalvertreter wollen wieder selbst entscheiden, Einfluss nehmen auf Preisbildung und ähnliches.
Natürlich geht es nicht nur um den kommunalen Bereich, sondern sehr stark auch um bundesweite Unternehmen. Hier begrüßen wir die sich abzeichnende Entwicklung bei der Privatisierung der Bahn. Ich gehe davon aus, dass es auch heute Abend keine Entscheidung gibt, die die Bahnprivatisierung befördert. Ich wünsche mir, dass die Große Koalition bei ihrem Vorhaben zur Bahnprivatisierung scheitert, damit das dann 2009 zu einem Thema der Auseinandersetzung im Wahlkampf wird. DIE LINKE hat eine klare Position: Wir sind gegen die Privatisierung der Bahn, auch gegen die Aufspaltung des Unternehmens in zwei Bereiche. Das werden wir auch weiterhin öffentlich vertreten. Auch hier sehen wir uns in Übereinstimmung mit der Bevölkerungsmehrheit.
Als drittes möchte ich einige Bemerkungen zum anstehenden Koalitionsausschuss der sagen. Ich habe das Gefühl, dass wir im Moment mehr eine Ankündigungskoalition als eine Regierungskoalition haben. Gerade habe ich gelesen, dass mein Kollege Dirk Niebel (FDP) vor falschen Entscheidungen warnt. Dem kann ich mich im Kern nur anschließen. Ich vermute allerdings, dass unsere Warnungen in unterschiedliche Richtungen zielen.
Beispielsweise das Arbeitslosengeld I: Als LINKE begrüßen wir, dass es eine Diskussion über die Verlängerung der Zahlung für ältere Arbeitslose gibt. Das fordern wir seit langem, seit die Regierungskoalition anderes beschlossen hat. Diese Verlängerung für ältere Arbeitslose darf aber keinesfalls zu Lasten Jüngerer gehen.
Ich finde auch falsch, dass die FDP vorschlägt, den Beitrag zur Arbeitslosenversicherung noch weiter zu senken. Die Koalition hat die Senkung dieser aus ihrer Sicht so genannten Lohnnebenkosten bereits als ihren Erfolg verkündet. Ich will daran erinnern, dass ein Prozent der Mehrwertsteuererhöhung damit begründet worden ist. Wir sind der Auffassung, dass es nicht darum gehen kann, diesen Beitrag weiter zu senken auf 3,5 oder noch weniger Prozent. Vielmehr sollte die Bundesagentur für Arbeit besser in die Lage versetzt werden, dass öffentlich geförderte Beschäftigung unterstützt wird. Das ist unser Ansatz, dass mehr getan werden muss, damit Menschen in Arbeit kommen. Das ist eine Aufgabe, die insbesondere für die neuen Bundesländer steht.
Zum Thema Postmindestlohn: Hier kann ich die SPD nur auffordern, sich nicht verklapsen zu lassen, sondern endlich den Postmindestlohn festzuschreiben. Ich sage auch, dass ich sehr unzufrieden bin, dass es einen Unterschied zwischen Ost- und West-Mindestlohn mit 9 Euro und 9,80 Euro gibt. Das habe ich im Übrigen unlängst auch beim Gewerkschaftskongress der IG Metall kritisiert, dass sich die Gewerkschaften darauf eingelassen haben. Aber wenn dieses Hin und Her jetzt dazu führt, dass viel weniger Beschäftigte als ursprünglich geplant unter den so genannten Postmindestlohn fallen, dass hier versucht wird, die Zahl zu reduzieren - das ist nicht akzeptabel. Und deswegen kann ich die SPD nur nachhaltig ermutigen, sich nicht von der CDU verklapsen zu lassen, sondern diesen Teil durchzusetzen. Unsere Position auch hier noch einmal ganz klar und eindeutig: Wir sind für einen flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohn. Wir machen seit fast zwei Jahren eine Kampagne und fordern 8 Euro plus. Die SPD ist laut Parteitagsbeschluss auch für einen gesetzlichen Mindestlohn. Da sehen wir auch, dass LINKS wirkt. Aber: Bei den aktuellen Vorabmeldungen und Äußerungen zum Koalitionsausschuss habe ich ein bisschen die Sorge, dass auch auf diesem Feld sehr wenig passiert.
Es ist erst 14 Tage her, da gab es einen SPD-Parteitag, der hat teilweise vernünftige Beschlüsse gefasst. Eine Woche später gab es einen Koalitionsausschuss ohne Ergebnisse. Und zwei Wochen nach dem SPD-Parteitag gibt es eine Situation, wo kaum etwas von den Beschlüssen im Koalitionsausschuss mehr eine Rolle spielt. Es ist offensichtlich so, dass auf dem Parteitag für die Galerie einiges beschlossen worden ist, aber in der Realität nichts ankommt. Das ist für die Betroffenen schlimm, dass am Ende sehr, sehr wenig für sie herauskommt.
Eine letzte Bemerkung sei mir gestattet: Sie wissen, dass ich immer großen Wert auf Bürgermeisterinnen und Bürgermeister der LINKEN lege. Vor einer Woche hat dazu in Berlin im Roten Rathaus auch eine sehr erfolgreiche Konferenz stattgefunden, wo viele der Mandatsträger versammelt waren. An diesem Wochenende gab es in zwei Randberliner Gemeinden Bürgermeisterwahlen, wo DIE LINKE zweimal in die Stichwahl gekommen ist - sowohl in Hohen Neuendorf mit Klaus-Dieter Hartung als auch in Fredersdorf-Vogelsdorf mit Uwe Klett. Wir rechnen uns gute Chancen aus, vielleicht einen oder zwei weitere hauptamtliche Bürgermeister zu stellen.