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Bahnreform 2.0 statt „Bahnsinn“ und Profite: Die Linke will die Bahn wieder verlässlich und bezahlbar machen.

„Die Deutsche Bahn ist im Oasch“ haben die österreichischen Fußballfans während der EM gesungen und ausgesprochen, was alle in Deutschland wissen. In die Sommerferien fahren mit der Bahn? Das ist eine schlechte Wahl, denn jeder dritte Zug kommt zu spät: Wir haben Bahn-Chaos.

Das Desaster Deutsche Bahn hat einen Namen: Privatisierung. Wir hätten die Probleme mit der Bahn nicht, hätten wir einen gemeinnützigen Staatsbetrieb. Hinter allen Problemen versteckt sich Unterfinanzierung und die Idee, die Bahn müsse Profite machen. Es ist kein Zufall, dass die erfolgreichen Bahnländer Schweiz und Österreich einen Staatskonzern haben.

Die Züge sind zu spät, weil über Jahrzehnte gekürzt und bei der Sanierung von Schienen und Fahrzeugen gespart wurde, damit die Bahn irgendwie Profite machen kann. Profit wird mittlerweile weitgehend durch Aktivitäten im Ausland und nicht auf der Schiene generiert. Insgesamt bleibt die Bahn aber dennoch defizitär. Das Ergebnis: Marode Infrastruktur, Baustellen, Probleme an Signalen, Schienen und Weichen sowie Störungen an Fahrzeugen. Der Sanierungsstau beträgt mittlerweile 92 Milliarden Euro. In den erfolgreichen Bahn-Ländern Schweiz und Österreich wird jährlich 3-mal so viel pro Kopf in die Schieneninfrastruktur investiert.

Bahnfahren ist zu teuer, weil behauptet wird, die Deutsche Bahn müsse Gewinne abwerfen und deshalb Fantasie-Preise für Geschäftskunden aufgerufen werden, die sich niemand anders leisten kann. Mehr als 600 Euro für eine Familie, um in die Alpen zu kommen – wer soll das bezahlen? Für eine Familie mit zwei Kindern (6 bis 14 Jahre alt) kostet eine Fahrt von Hamburg bis Garmisch-Partenkirchen im „Flexpreis“ ohne BahnCard-Rabatt diesen Sommer 311,40 Euro. Für Hin- und Rückfahrt werden also mehr als 600 Euro fällig.[1] Jetzt sollen die Preise im Fern- und Güterverkehr wegen höherer Trassenpreise weiter steigen – das muss verhindert werden. Hierbei wäre es notwendig, die neugebildete InfraGO auf eine wirkliche Gemeinwohlorientierung zu verpflichten.

Der Bahn-Ausbau geht nicht voran, weil das Bahn-Management Milliarden in Prestige-Projekte wie Stuttgart 21 steckt, statt die Bahn in der Fläche auszubauen. Der Bahn-Ausbau läuft nach Fantasie-Kosten-Nutzen-Abwägungen: Tatsächliche Kosten für Prestigeprojekte werden zu niedrig angesetzt, der vermeintliche Nutzen für manche Hochgeschwindigkeitsstrecke, auf denen Geschäftsreisende höchste Preise auf ihrer Fahrt zwischen Metropolen zahlen, wird hochgerechnet. Der so errechnete Nutzen wird dann höher eingestuft als die Strecken-Reaktivierung auf dem Land, mit der die Menschen überhaupt erst eine Alternative zum Auto bekommen. Während nur 12 Prozent des Netzes überhaupt saniert werden, gibt es keine Planung für die über 100 Engstellen, die fehlende Elektrisierung, eingleisige Abschnitte und die Reaktivierung stillgelegter Strecken.

Die Bahn hat zu wenig Personal, weil die Zustände in der Bahn und die Arbeitsbedingungen Stress verursachen und die Löhne zu niedrig sind. Sonst würde die Bahn auch mehr Personal bekommen. Die engagierten Kolleg*innen müssen täglich den berechtigten Frust der Fahrgäste ausbaden – obwohl sie am wenigsten dafür können.

Die Bahn-Politik der Bundesregierung führt die Bahn immer weiter ins Desaster. Statt sich auf den Bahn-Ausbau zu fokussieren, hat sie den Bau von neuen Autobahnen beschleunigt – mitten in der Klimakrise. Der Deutschland-Takt wurde auf 2070 verschoben – wenn die Schienen bis dahin nicht von den nächsten Fluten weggespült worden sind. Vor wenigen Wochen dann die Meldung: „Die Deutsche Bahn will die Preise im Fernverkehr erhöhen – und erwägt Streckenkürzungen insbesondere in Ostdeutschland.“ Die verfehlte Politik des Verkehrsministers kostet die Lebenszeit von Millionen Menschen. Sie hängen an Bahnhöfen fest und warten auf die Bahn. Das kann er sich wahrscheinlich leisten, weil seine FDP-Klientel eher mit dem Jet unterwegs ist.

Der Verkehrsminister hat angekündigt, dass das Deutschlandticket 2025 teurer werden soll. Es fehlen ca. 1 Mrd. Euro, um den Preis von 49 Euro zu halten. Zum Vergleich: Dienstwagen fördert die Bundesregierung mit bis zu 5,5 Mrd. Euro im Jahr.[2]

Das 9-Euro-Ticket hat gezeigt, wie groß der Bedarf und das Bedürfnis nach klimagerechtem Reisen tatsächlich ist. Wir sollten uns nicht damit zufrieden geben, dass aufgrund der Klientelpolitik der FDP Urlaubsreisen ein Privileg der Besserverdienenden sind. Es braucht eine funktionierende Bahn, die gut ausgestattet ist, mit solidem Service für alle Bedürfnisse und mit WLAN, mit dem man auch ins Internet kommt. Mit Beschäftigten, die gut bezahlt werden und keinen Stress haben. Eine Bahn, bei der Verspätungen eine Ausnahme sind und die Preise für alle bezahlbar sind. Es braucht Verbindungen nicht nur zwischen Metropolen, sondern auch in die kleineren Städte. Das geht nicht mit mehr Wettbewerb, sondern mit massiven Investitionen und Bodenständigkeit.                                                                        

Diese 7 Schritte braucht es, damit die Bahn in Deutschland wieder für alle fährt:

  1. Bedarfsgerechte Ausstattung der Bahn: Mehr Investitionen in Schienenausbau und Fahrzeugbau. Das bedeutet auch: verlässliche Auftragslage für die Schienen- und Fahrzeug-Industrie. Die Bahn wird zum Job-Motor in der Transformation, und nicht nur Menschen in den Großstädten können die Bahn nutzen, um mobil zu sein.
     
  2. Urlaubsgerechte Ticketpreise: Urlaub ist in einer reichen Gesellschaft Teil der Menschenwürde. Es muss möglich sein, dass eine vierköpfige Familie mit der Bahn in die Berge oder ans Meer fahren kann, ohne dass das Urlaubsgeld dann schon aufgebraucht ist. Wir brauchen eine Bahnpreisbremse! Das 49-Euro-Ticket darf nicht teurer werden. Im Gegenteil: Mit den Geldern, die nach einer Abschaffung des Dienstwagenprivilegs frei werden, senken wir die Kosten des 49-Euro-Tickets. Für jedes Deutschlandticket muss es 6 Freifahrten mit dem Fernverkehr im Jahr geben. Außerdem braucht es für den Fernverkehr eine Sozial-Bahncard für Menschen mit niedrigem Einkommen.
     
  3. Eine Bahn für alle statt Privatisierung, Konkurrenz und Profitdruck: Die Deutsche Bahn gehört zu 100 Prozent dem Bund, aber ist dem Aktienrecht verpflichtet. Die Bundesregierung muss eine Bahnreform 2.0 anstoßen und die Deutsche Bahn in eine Anstalt öffentlichen Rechts mit gemeinnütziger Satzung überführen. Die Bahn muss sich neu aufstellen mit dem Ziel, Millionen von Menschen mobil zu machen und gesellschaftliche Teilhabe zu ermöglichen. Kriterien für Erfolg sind dann nicht mehr Profite durch bahnferne Tätigkeiten, sondern Bezahlbarkeit, Zugänglichkeit, Pünktlichkeit und ein guter Service für die Reisenden.
     
  4. Bahn demokratisieren: Als Teil der Bahn-Reform 2.0 wollen wir die Bahn mit Vertreter*innen von Beschäftigten, Fahrgästen und der Zivilgesellschaft demokratisch leiten: Wir wollen einen Beirat mit ausgeprägten Mitsprache- und Kontrollrechten, der auch selbst Initiativen einbringen kann. Das hilft, strategischen Fehlentscheidungen des Managements vorzubeugen.
     
  5. Gehaltsobergrenze für Manager statt Millionen-Boni: Die Bahn leistet sich Tausende Manager*innen, die regelmäßig sehr hohe Gehälter und Boni bekommen. Trotz historisch schlechter Leistungen bei Pünktlichkeit und Zufriedenheit hat Bahn-Chef Richard Lutz 2,24 Millionen Euro Boni erhalten. Solange weniger als 80 Prozent der Züge pünktlich sind, darf es keine Boni mehr geben!
     
  6. Bahn-Sanierung als Anti-Verspätungsgarantie: Schluss mit dem jährlichen Klein-klein beim Bundeshaushalt. Es braucht Milliarden-Investitionen und einen langjährigen Plan für die Sanierung des Bahnnetzes in Deutschland.
     
  7. Gute Arbeit und Entlastung für die Beschäftigten! Um mehr Kolleg*innen für die Arbeit bei der Bahn zu begeistern, muss die Arbeit im Zug wieder attraktiver werden.

Es liegt auf der Hand, dass unser Vorschlag für eine Bahnreform 2.0 nicht aus dem laufenden Bundeshaushalt bezahlt werden kann. Zur Finanzierung fordern wir:

  1. Reiche besteuern: Die Bundesregierung tut so, als gäbe es keinen Handlungsspielraum. Das liegt nur daran, dass sie keine Steuergerechtigkeit herstellen will. Mit der Wiedereinführung der Vermögensteuer würden den Ländern mehr als 90 Milliarden Euro zufließen, die sie unter anderem für den Ausbau des Nahverkehrs verwenden können. Mit einer einmaligen Vermögensabgabe wollen wir die Multimillionäre und Milliardäre für die Kosten des sozial-ökologischen Umbaus zur Kasse bitten – ein funktionierendes bundesweites Bahnnetz gehört selbstverständlich dazu.
     
  2. Schuldenbremse abschaffen: Investitionen in unsere Infrastruktur und eine funktionierende Bahn lohnen sich für die ganze Gesellschaft! Wir müssen im Sinne einer Mobilität der Zukunft jetzt in den Erhalt und den Ausbau der Bahn-Infrastruktur investieren.
     

Klimaschädliche Subventionen umschichten: Das Dienstwagen-Privileg, Kerosin- und Diesel-Subventionen und die Pendler-Pauschale sowie weitere klimaschädliche Subventionen im Verkehrssektor kosten den Staat im Jahr mehr als 30 Mrd. Euro. Wir wollen die Pendler-Pauschale in eine sozial gerechte Mobilität-Zulage umwandeln und das Geld für klimaschädliche Subventionen stattdessen in den Ausbau und die Fahrpreissenkung bei der Bahn investieren.

 


[1] Die gleiche Strecke (Hin- und Rückfahrt) kann mit einem PKW mit durchschnittlichem Verbrauch für etwas mehr als 200 € für Diesel bewältigt werden.

[2] Forum Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft (2023). Das Dienstwagenprivileg. URL: foes.de/publikationen/2023/2023-06_FOES_Subventionssteckbrief-Dienstwagenprivileg.pdf 


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