Brand Wächtersbach: Es reicht nicht, rassistische Taten zu verurteilen
An Heiligabend mitten in der Nacht brannte in Wächterbach das Haus einer aus Pakistan stammenden Familie komplett nieder. An den Wänden wurden rassistische Parolen gefunden, die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen gefährlicher Brandstiftung. Dazu sagt Janine Wissler, Vorsitzende der Partei Die Linke:
"‚Ausländer raus‘-Schmierereien lassen darauf schließen, dass es sich um ein rassistisches Motiv handelt. Das ist entsetzlich und schockierend, kommt aber leider nicht aus dem Nichts.
Bundesweit gibt es seit Beginn des Jahres einen deutlichen Anstieg rassistisch motivierter Gewalt, wie eine Anfrage der Linken im August ergab. Überfälle, Anschläge, Sachbeschädigungen, tätliche Angriffe: Im Vergleich zum Vorjahr ist die Zahl der Angriffe noch mal deutlich angestiegen.
Es wäre auch nicht die erste rassistisch motivierte Gewalttat in Wächtersbach. 2019 schoss ein rechtsradikaler Täter aus dem Auto heraus auf einen aus Eritrea stammenden Mann. Das Opfer überlebte schwer verletzt.
Es reicht nicht, diese Taten zu verurteilen, man muss den Nährboden bekämpfen, der rechte Gewalt begünstigt: das Erstarken der Rechten und die rassistische Hetze gegen Menschen mit Migrationshintergrund und Geflüchtete. Es geht nicht nur um die AfD, sondern auch um die Stichwortgeber aus der so genannten bürgerlichen Mitte.
Wer Migration pauschal zum Problem erklärt und Geflüchtete für jahrzehntelange Missstände verantwortlich macht, der schürt gefährliche Stimmungen und erklärt Menschen zu Sündenböcken. Wer Parolen und Forderungen der AfD übernimmt, verstärkt rechte Diskurse.
Die Situation erinnert erschreckend an die 1990er Jahre: Der Aushöhlung des Asylrechts durch den 'Asylkompromiss' und einer rassistisch aufgeheizten gesellschaftlichen Debatte folgte die Gewalt in Rostock-Lichtenhagen, Mölln, Solingen. Viele Familien mit Migrationshintergrund lebten in dieser Zeit in permanenter Angst vor Brandanschlägen, in einigen Familien wurden Strickleitern an den Heizkörpern befestigt, um sich bei einem Brand retten zu können.
Aus der Geschichte wurde nichts gelernt. 30 Jahre nach dem ‚Asylkompromiss‘ und dem Brandanschlag in Solingen mit fünf Toten erleben wir wieder einen Frontalangriff auf das Asylrecht. Die Einigung der EU auf die GEAS-Reform und die Zustimmung der Ampel dazu ist ein Kniefall vor den Rechten in Europa und ein fatales Zeichen an Schutzsuchende. Wer rechten Forderungen nach Abschottung und Entrechtung nachkommt und sie umsetzt, schwächt die Rechten nicht, sondern stärkt sie weiter. Hetze und Gewalt von Rechts muss auf entschiedenen Widerstand aller demokratischen Kräfte stoßen und darf nicht zum Anlass genommen werden, die Asyl- und Migrationspolitik zu verschärfen, so ermutigt man rechte Täter.
Meine Solidarität gilt der Familie in Wächtersbach und allen anderen Opfern rechter und rassistischer Gewalt. Sie müssen schnell Hilfe erfahren, die Fonds für die Opfer von rechter Gewalt müssen aufgestockt und verstetigt werden."