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Caren Lay & Jan van Aken

Die große Abrechnung

Wieso Olaf Scholz kein »Mietenkanzler« wurde, und wie Die Linke die Mieten senken will.

In den vergangenen 10 Jahren sind die Mieten in den Großstädten massiv gestiegen, auch ostdeutsche Städte und der ländliche Raum sind betroffen. Eine aktuelle Anfrage ergab für die 14 größten Städte Deutschlands sowie die 10 größten ostdeutschen Städte einen durchschnittlichen (!) Mietenanstieg von 44 Prozent. Demgegenüber steht eine durchschnittliche Lohnentwicklung von gerade einmal 28,2 Prozent für diesen Zeitraum.

Der Mietenwahnsinn in Berlin ist bekannt, aber auch im ländlichen Raum werden die Mieten erhöht: Der oberpfälzische Landkreis Tirschenreuth nahe der bayerisch-tschechischen Grenze weist von 2022 bis 2023 eine Steigerung von 24 Prozent auf – im benachbarten Wunsiedel waren es ebenfalls 16 Prozent.

Mieten steigen nicht einfach, sondern werden von Vermietern und Immobilienkonzernen erhöht, um die Rendite zu steigern. Wir machen Politik für die Menschen – und deshalb ist Miete unser zentrales Wahlkampfthema.

Im Wahlkampf 2021 ließ sich Olaf Scholz als »Mietenkanzler« plakatieren und versprach »Faire Mieten«. Auch der Koalitionsvertrag der Ampel versprach ein »Soziales Mietrecht«. Doch die wohnungspolitische Bilanz fällt ernüchternd aus: Die Mieten sind in den letzten drei Jahren weiter explodiert. Mit dem Ende der Ampel heißt es, Bilanz zu ziehen, diese fällt in der Wohnungspolitik besonders schlecht aus.

Die Ampel-Regierung hatte vier zentrale Vorhaben in der Mietenpolitik. Alle hat sie gebrochen. Olaf Scholz war kein Mietenkanzler, er hat in der Wohnungspolitik komplett versagt. Nach drei Jahren »Mietenkanzler« Scholz befinden sich die Mieten auf einem historischen Höchststand, die Zahl der Sozialwohnungen hingegen auf einem historischen Tiefstand.

 

1. Versprechen: »Soziales Mietrecht.Die Mietpreisbremse sollte bis 2029 verlängert werden.«

Gebrochen: Die 2015 eingeführte Mietpreisbremse soll die maximale Miethöhe für neue Mietverträge regeln. Im Koalitionsvertrag der Ampel war vorgesehen, die Mietpreisbremse bis 2029 zu verlängern. Bis heute wurde kein Gesetzentwurf dazu in den Bundestag eingebracht. Ein Referentenentwurf sah lediglich eine Verlängerung bis 2028 vor. Doch nicht nur dies – die Anwendung der Mietpreisbremse soll erschwert werden. Dabei scheitert sie schon jetzt daran, starke Mieterhöhungen zu stoppen. Es gibt immer noch zu viele Ausnahmen, wie für möbliertes Wohnen: Dadurch wird mittlerweile jede dritte Wohnung in Metropolen möbliert angeboten.[1] Außerdem müssen Vermieter bei Verstößen gegen die Mietpreisbremse mit keinerlei Strafe rechnen. Bis jetzt wurde jedoch nicht einmal diese Schmalspur-Version der Mietpreisbremse beschlossen, sodass die Mietpreisbremse Ende 2025 auszulaufen droht.

 

2. Versprechen:»Die Kappungsgrenze in der Mietpreisbremse auf elf Prozent in drei Jahren absenken.«

Gebrochen: Die sogenannte Kappungsgrenze ist besonders für alte Mietverträge zentral: Liegt die festgelegte Miete unter der ortsüblichen Vergleichsmiete, darf die Miete in laufenden Verträgen innerhalb von drei Jahren legal um 20 Prozent erhöht werden, in Gebieten mit angespanntem Wohnungsmarkt um 15 Prozent. Die Ampel versprach, die Grenze auf immer noch hohe elf Prozent zu senken. Passiert ist das bis heute nicht.

 

3. Versprechen: 400.000 neue Wohnungen pro Jahr bauen, davon 100.000 Sozialwohnungen.

Gebrochen:Tatsächlich wurden letztes Jahr nur knapp 290.000 Wohnungen fertiggestellt – und die sind oft kaum bezahlbar. Die Bilanz mit Blick auf bezahlbare Wohnungen ist besonders verheerend. Statt der versprochenen 100.000 Sozialwohnungen jährlich, wurden gerade einmal ca. 23.000 Sozialwohnungen pro Jahr gebaut – nicht einmal ein Viertel des Koalitionsziels. Da zugleich fortwährend zeitlich begrenzte Mietpreisbindungen auslaufen, ist die Zahl der Sozialwohnungen in den vergangenen beiden Jahren unter dem Strich sogar um 15.000 gesunken, das sind in zwei Jahren 30.000 Sozialwohnungen weniger.

 

4. Versprechen: Eine neue Wohngemeinnützigkeit und die dauerhafte Sozialbindung bezahlbaren Wohnraums auf den Weg bringen.

Gebrochen:Immer mehr Wohnungen fallen aus der Sozialbindung heraus und werden somit schlagartig teurer: 2022 und 2023 ist die Zahl der Sozialwohnungen deshalb jeweils um 15.000 Wohnungen gesunken. Die Einführung einer echten neuen Wohngemeinnützigkeit könnte das verhindern, indem die Unternehmen steuerliche Vergünstigungen und Zuschüsse bekommen, wenn sie dauerhaft bezahlbar vermieten. Doch die neue Wohngemeinnützigkeit der Ampel-Regierung ist Etikettenschwindel! Denn bestehende oder ehemalige Sozialwohnungen werden nicht einbezogen. Lediglich ein kleiner Kreis ohnehin schon gemeinnütziger Körperschaften profitiert von dem Gesetz. Für kommunale Wohnungsunternehmen und Genossenschaften ist es maximal unattraktiv. Zuschüsse zum gemeinnützigen Wohnungsbau gibt es Null. Diese wären aber essenziell für einen Start in den gemeinnützigen Wohnungsbau. In dieser Legislaturperiode ist keine einzige gemeinnützige Wohnung geschaffen worden.

 

3-Punkte-Programm für eine engagierte Wohnungspolitik: Mieten runter!

Die Situation auf dem Wohnungsmarkt ist so drastisch, dass endlich auch drastische Maßnahmen ergriffen werden müssen. Das Versagen der Ampel-Regierung muss von der nächsten Bundesregierung korrigiert werden. Die Linke geht in den Bundestagswahlkampf mit zwei Kernforderungen, um kurz- und langfristig für bezahlbare Mieten zu sorgen. Kurzfristig müssen wir die Mietexplosion stoppen und langfristig in den sozialen und gemeinnützigen Wohnungssektor investieren! Mit dem Start des Winters fordern wir zudem etwas, das eigentlich selbstverständlich sein sollte: Eine warme Wohnung für alle!

 

1.Die Mietexplosion stoppen!

Die Situation ist nicht mehr haltbar, es braucht jetzt ein sofortiges Gegensteuern: Wir fordern einen bundesweiten Mietendeckel! Als Sofortmaßnahme fordert Die Linke einen Mietenstopp für sechs Jahre.Hiermit werden Mieterhöhungen ausgeschlossen. Damit bekommen wir Zeit, um einen bundesweiten Mietendeckel auf den Weg zu bringen.

Das Ziel des Mietendeckels: die Explosion der Mieten nicht nur bremsen, sondern beenden und rückgängig machen. In überhitzten Wohnungsmärkten müssen besonders hohe Mieten gesenkt werden. Die Mietpreisbremse der Bundesregierung ist nicht nur wirkungslos, sondern befördert unverschämte Praktiken: Wer klagt, hat schnell das Vertrauen des Vermieters verraten – dann dauert die nächste Reparatur an der Wohnung eben länger. Ein Drittel der Wohnungen in den Metropolen wird mittlerweile möbliert vermietet, weil die Mietpreisbremse dann nicht gilt. Wir wollen die unverschämten Vermieter*innen zur Rechenschaft ziehen. Überhöhte Mieten (Mietwucher) sind strafbar und müssen endlich konsequent geahndet und gesenkt werden!

2. Investitionsoffensive für den sozialen und gemeinnützigen Wohnungsbau

Wir wollen jährlich 20 Milliarden im Jahr in gemeinnützigen Wohnraum investieren: So viel wird momentan für Wohngeld ausgegeben. Es ist auf lange Sicht nachhaltiger, bezahlbaren Wohnraum zu schaffen. Aktuell hätten mehr als 11 Millionen Mieterhaushalte in Deutschland Anspruch auf eine Sozialwohnung. Aber der Bestand sinkt immer weiter: 2023 ist er auf gut eine Million gesunken. Das ist ein historischer Tiefstand – Ende der 1980er Jahre waren es noch 4 Millionen. Der Bestand reicht nicht einmal für jeden zehnten dieser Haushalte.

Es ist Zeit für eine Trendwende! Wir wollen 100.000 gemeinnützige Wohnungen pro Jahr bauen, denn gemeinnütziger Wohnraum hält die Miete bezahlbar. Wien ist die Metropole in Europa, in der die Mieten am wenigsten explodiert sind, denn die Hälfte des Wohnraums ist gemeinnützig – ein Viertel »Gemeindebau« und ein Viertel genossenschaftlich. Wir brauchen mehr, statt weniger Sozialwohnungen: Die Trendwende bei den Sozialwohnungen schaffen wir durch eine echte neue Wohngemeinnützigkeit. Das heißt: Unternehmen, die ihre Wohnungen gemeinnützig vermieten wollen, erhalten Steuerbefreiungen und Privilegierung bei Fördermitteln und öffentlichen Grundstücken. Dafür müssen sie ihre Mieten an den realen Kosten orientieren, und sich darauf einlassen, dass ihre Profite gedeckelt werden.

3. Eine warme Wohnung für alle!

Nebenkosten sind für Mieterinnen und Mieter eine zweite Miete. Aber auch Eigenheimbesitzende werden von den Nebenkosten belastet. Jeder 12. Haushalt kann im Winter aus Geldmangel nicht heizen, während Wohnungskonzerne mit den Nebenkosten Rekordprofite machen. In ganz Deutschland häufen sich die Fälle, bei denen Immobilienkonzerne überzogene Heizkostenrechnungen an ihre Mieter*innen schicken und hoffen, dass es niemand merkt. In München gab es Nachforderungen in Höhe von bis zu 3.000 €[2], in Berlin bis zu 9.000 €[3] und in Göttingen fast 10.000 €[4]. Diese Praxis wollen wir unter Strafe stellen.

Strom- und Heizkosten sind die letzten Jahre explodiert, und die jetzige Regierung schaut zu. Die neue Regierung muss sofort handeln und Strom- und Gassperren verbieten. Die Bundesregierung soll einen Fonds einrichten, aus dem unbürokratisch die Heizkosten übernommen werden können, wenn sich Mieter*innen keine warme Wohnung leisten können. Langfristig fordern wir sozial gestaffelte Heizungs- und Stromkosten. Für den durchschnittlichen Verbrauch wollen wir preisgünstige Sockeltarife schaffen, für das Heizen des Swimmingpools muss extra gezahlt werden. Für Strom- und Gaspreise muss eine staatliche Preiskontrolle eingeführt werden.

Ein breites Bündnis aus 50 Mietinitiativen, -vereinen, lokalen Gruppen und bundesweiten zivilgesellschaftlichen Organisationen ruft unter dem Titel »Offensiv für Wohnraum« für Donnerstag, den 5. Dezember bundesweit zu Protesten auf und fordert einen bundesweiten Mietendeckel. Die Linke wird sich an den Protesten gegen den eigentlichen Wohngipfel beteiligen.

 


[2] www.sueddeutsche.de/muenchen/muenchner-wohnen-nebenkosten-gas-nachzahlungen-tarif-1.6344977

[4] www.hna.de/lokales/goettingen/goettingen-ort28741/nebenkosten-schocken-die-mieter-in-einem-goettinger-stadtteil-92751445.html


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