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Humanitäre Katastrophe in der EU beenden - Lager an den EU-Außengrenzen schließen

In den vergangenen Tagen war eine kleine Delegation der Linkspartei auf Lesbos, um sich vor Ort ein Bild von der Lage im Geflüchtetenlager auf Lesbos zu machen. Neben der Parteivorsitzenden, Janine Wissler, nahmen die Europaabgeordnete Cornelia Ernst, die Bundestagsabgeordneten Gökay Akbulut und Michel Brandt sowie die Vorsitzende der Linksfraktion in der Bremischen Bürgerschaft, Sofia Leonidakis und die Bundestagskandidatin Clara Bünger teil.

Die Politiker waren mit zahlreichen Akteuren um den sogenannten Hotspot im Austausch und haben sich Forderungen und Probleme der Menschen vor Ort angehört. Dabei sprachen sie sowohl mit Menschen, die im Lager leben, als auch mit verschiedenen Organisationen, die vor Ort tätig sind. Unter anderem sprachen Sie mit dem UNHCR, Ärzte ohne Grenzen (MSF), dem Day Care Center "One Happy Family", der von Geflüchteten selbstorganisierten Schule "Wave of Hope", "LeaveNoOneBehind", Rechtsanwälten, Journalisten, die vor Ort arbeiten, dem "Welcome Center", FRONTEX und dem Bürgermeister von Mytilene.

Janine Wissler zu den Eindrücken vor Ort: "Nach dem Brand von Moria wurde versprochen: 'No more Morias'. Seitdem hat sich die Lage nicht verbessert, sondern eher noch verschlechtert. Der Besuch im Nachfolgelager Kara Tepe war erschütternd. Dort leben zur Zeit 6250 Menschen – in Zelten, sind Wind und Wetter ausgesetzt, ohne fließend Wasser, adäquate Gesundheitsversorgung oder Schulbildung für die Kinder. Die Lebensbedingungen im Lager sind unzumutbar für jede und jeden Einzelnen. Ein Drittel der Menschen im Lager sind minderjährige Kinder. Für einige von ihnen sind die Lager so belastend, dass sie aufhören zu sprechen, sich die Haare ausreißen und Selbstmordversuche begehen. Die Geflüchteten dürfen nur einmal die Woche das Lager verlassen, viele bekommen Ablehnungen im Asylverfahren und keinerlei finanzielle Unterstützung mehr. Sie sind die Geiseln Europas auf einer Insel, die für sie ein Gefängnis ist. Für uns ist klar: die humanitäre Katastrophe muss beendet werden und das geht nur, wenn man diese Lager schließt und den schutzsuchenden Menschen eine menschenwürdige und dezentrale Aufnahme gewährt."

"Für die Situation auf Lesbos und den anderen ‚EU-Hotspots auf Leros, Chios, Samos und Kos ist die EU verantwortlich", so Cornelia Ernst. "Sie hat die griechischen Ägäisinseln mit dem EU-Türkei Deal zu so genannten Hotspots gemacht. Seitdem werden viele Geflüchtete hier interniert und kommen nicht weiter. Die Folgen sind dramatisch, wie wir hier einmal mehr sehen mussten.

Michel Brandt hebt die Rolle der Agentur für Grenz- und Küstenwache Frontex hervor: "Immer mehr Menschen werden bei dem Versuch der Flucht nach Griechenland rechtswidrig und lebensbedrohend zurückgedrängt. Dabei nimmt die griechische Küstenwache auch den Tod von Menschen fahrlässig in Kauf. Frontex ist entlang der EU-Außengrenze in Völkerrechtsbrüche und Menschenrechtsverletzungen verwickelt und treibt die tödliche Abschottung Europas voran. Wir lehnen die Institution Frontex im Ganzen ab und fordern ihre Auflösung. Der Frontex-Einsatz gehört mit sofortiger Wirkung beendet."

"Es ist eine Schande, dass so viele Menschen immer noch in den Lagern ausharren müssen und das ohne jegliche Möglichkeit der Teilhabe an der Gesellschaft und das teilweise für Jahre", ergänzt Gökay Akbulut. "Die Bundesregierung muss endlich handeln und die Aufnahmebereitschaft der Kommunen und Bundesländer ermöglichen. Die Blockadehaltung auf allen Ebenen und insbesondere von Seehofer führt zu systematischen Verletzungen von Menschenrechten an Europas Grenzen. Die Änderung des Aufenthaltsgesetzes ist dringend notwendig, damit die Bundesländer Aufnahmeprogramme Umsetzung können."

Clara Bünger: "Die Lager an der EU-Außengrenze stehen beispielhaft für die Politik der Abschreckung und der Migrationsverhinderung innerhalb der EU. Gleichzeitig stehen sie für eine systematische Missachtung von Menschrechten. Die letzten fünf Jahre, seit Bestehen des EU Türkei Deals, haben gezeigt, dass dieses System und die Lager an der EU-Außengrenze nicht in Einklang mit EU- und Menschenrechten zu bringen sind. Die Bedingungen in dem neuen temporären Lager "Mavrovouni" stellen einen klaren Verstoß gegen EU-Recht, wie der EU-Aufnahmerichtlinie dar. Man darf besonders schutzbedürftige Menschen, die beispielweise im Rollstuhl sitzen und auf Hilfe und besondere Unterbringung angewiesen sind, nicht in einem Zelt auf einem Schotterplatz unterbringen", so Bünger.

"Die Lösung der menschenunwürdigen Lage wäre so einfach. Über 250 Städte in Deutschland haben sich zu sicheren Häfen erklärt. Sie sagen "wir haben Platz" und wollen zusätzlich Menschen aufnehmen. Die drei Bundesländer Bremen, Berlin und Thüringen haben Landeaufnahmeanordnungen beschlossen. Wir wollen und können besonders schutzbedürftige Geflüchtete aus Lesbos aufnehmen. Bundesinnenminister Seehofer hat sein Einvernehmen jedoch nicht erteilt. Er und die gesamte Bundesregierung sind dafür verantwortlich, dass diese humanitäre Dauerkatastrophe weitergeht. Die Aufnahme ist eine kommunale oder Landesleistung, deshalb brauchen die aufnahmewilligen Länder und Kommunen den Spielraum, Schutzbedürftige aus den brutalen Lagern herauszuholen", so Sofia Leonidakis abschließend.

 

Sechs Punkte für eine solidarische Migrationspolitik an der EU-Außengrenze in den griechischen Hotspots


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