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Sachsen

Strategie der Linksfraktion bis zu den Wahlen 2009 und darüber hinaus

Der neu gewählte Vorsitzende der Linksfraktion im Sächsischen Landtag, Dr. André Hahn, hat folgendes Strategiepapier im Vorfeld seiner Wahl der Fraktion zur Diskussion vorgelegt.

Zur Ausgangslage

Die Landtagwahl 2004 war in mehrerer Hinsicht eine Zäsur in der noch relativ kurzen Geschichte des Freistaates Sachsen. Die CDU verlor unter ihrem neuen Ministerpräsidenten erstmals die absolute Mehrheit und musste sich zwangsläufig einen Koalitionspartner suchen, wofür angesichts der Mandatsverteilung im Parlament und der nach wie vor geltenden Abgrenzungsbeschlüsse gegenüber der PDS allein die Sozialdemokraten übrig blieben. Die SPD selbst hatte bei der Wahl zum dritten Mal nach 1990 verloren, blieb mit 9,8 Prozent nur knapp vor den Neonazis und musste das schlechteste Wahlergebnis bei einer Landtagswahl nach 1945 quittieren. Dennoch bildeten sie gemeinsam mit den Christdemokraten eine neue Regierung, die Peter Porsch zu Recht als "Koalition der Wahlverlierer" und "Notgemeinschaft" bezeichnete, die unfähig ist, das Land wirklich voran zu bringen. Die NPD profitierte im Jahr 2004 nicht zuletzt von den massenhaften Protesten gegen Hartz IV, aber auch vom Umstand, dass rechtes, neofaschistisches und ausländerfeindliches Gedankengut inzwischen bis in die so genannte Mitte der Gesellschaft hineinreicht. Hinzu kam eine ebenso unsägliche und folgenschwere Kampagne der CDU und ihres Spitzenkandidaten, die quasi bis zum Tag vor der Wahl (Bürgerbrief Milbradt) versuchte, PDS und NPD gleichzusetzen, was am Ende dazu führte, dass viele unzufriedene Bürger glaubten, sie hätten de facto zwei gleichberechtigte Alternativen für die Artikulation ihres Protestes über den Stimmzettel. Das unverantwortliche Agieren des Ministerpräsidenten und seiner Partei war daher eine wesentliche Voraussetzung dafür, dass die NPD mit 9,2 Prozent der Stimmen in den Landtag gelangte. Durch den Einzug der FDP und der Bündnisgrünen, die ebenfalls die Fünf-Prozent-Hürde überwanden, haben wir in Sachsen nunmehr das einzige Landesparlament, in dem sechs Parteien in Fraktionsstärke vertreten sind, was die Arbeit in der Opposition und mithin auch unsere öffentliche Wahrnehmung spürbar erschwerte. Zusätzlich verschärft wurde die Situation noch durch die Medienblockade gegen Peter Porsch.

Dabei waren unsere Ausgangsbedingungen durchaus gut. Angesichts des Ergebnisses der Landtagswahlen mit 23,6 Prozent – und dies trotz der massiven persönlichen Angriffe auf unseren Spitzenkandidaten – mit nunmehr 31 Abgeordneten, darunter elf neue Kolleginnen und Kollegen (nach der Bundestagswahl 2005 ist diese Zahl sogar auf 13 gestiegen), mit dem erstmaligen Gewinn von gleich vier Direktmandaten und mit einer guten Mischung aus jüngeren und erfahrenen Mitgliedern hatten und haben wir eigentlich gute Voraussetzungen, auch in der 4. Wahlperiode des Landtags als nach wie vor zweitstärkste Parlamentsfraktion erfolgreich zu arbeiten. Nach knapp drei Jahren der Legislatur müssen wir jedoch konstatieren: Wir haben aus den Voraussetzungen zu wenig gemacht und die vorhandenen Chancen bislang nur teilweise genutzt. Besonders im ersten Jahr hatten wir große Probleme, konnten kaum eigene politische Akzente setzen und wurden unserer Kontrollfunktion als mit Abstand stärkste Kraft in der Opposition nur bedingt gerecht. So wurden zum Beispiel öffentlich angekündigte Normenkontrollklagen gegen die von der CDU noch vor den Wahlen durchgedrückte Konfessionsklausel im Schulgesetz oder gegen die Ermächtigungen im Doppelhaushalt 2005/2006 letztlich nicht eingereicht. Natürlich standen wir vor einer völlig neuen Konstellation im Landtag, auf die wir nicht ausreichend vorbereitet waren. Natürlich wurde die öffentliche Wahrnehmung der Arbeit des Parlaments zunächst vor allem durch die Auseinandersetzung mit den Neonazis dominiert, wodurch andere Aktivitäten in den Hintergrund gerieten, und natürlich interessierten sich die Medien vor allem für die Auseinandersetzungen innerhalb der CDU/SPD-Koalition und auch mehr für die neuen Oppositionsparteien FDP und Grüne als für die etablierte PDS.

Dennoch waren es nicht in erster Linie diese äußeren Umstände, die unsere Handlungsfähigkeit beeinträchtigten und zum Teil immer noch beeinträchtigen, sondern es waren vorrangig eigene Fehler, mangelnde inhaltlich-konzeptionelle Arbeit in den Arbeitskreisen wie der Fraktion als Ganzes, aber auch unnötiges Postengerangel und die Pflege persönlicher Befindlichkeiten, die unsere politische Wirksamkeit bisweilen erheblich erschwert haben. Ich bleibe im Übrigen bei meiner Auffassung, dass es sich bei den innerfraktionellen Auseinandersetzungen, die zum Teil bis in die Gegenwart reichen, nicht allein um einen Generationskonflikt handelt, sondern auch um durchaus ernst zu nehmende politisch-strategische Differenzen, die in der Fraktion mit Blick auf 2009 möglichst bald geklärt werden müssen, wenn wir dort gemeinsam Erfolg haben wollen.

Bei aller notwendigen Kritik an unserem bisherigen Agieren soll und darf nicht vergessen werden, dass wir in den vergangenen Jahren auch eine Menge Positives in der Fraktion geleistet haben, bei der Erarbeitung von wichtigen Gesetzesinitiativen, in der Auseinandersetzung mit der Politik der Staatsregierung, mit unserem alternativen Haushaltsansatz und dem Förderkonzept, im Untersuchungsausschuss, als Interessenvertreter von Betroffenen mit diversen parlamentarischen Anträgen und Debatten sowie in der Zusammenarbeit mit Gewerkschaften, Bürgerinitiativen und Interessengruppen. Jeder Abgeordnete und jeder Sprecher hat sich in seinem Verantwortungsbereich nach Kräften engagiert. Dieses Engagement muss nunmehr zusammengeführt werden, im Interesse des Gesamterfolgs von Partei und Fraktion.

Aufgaben für die verbleibenden zwei Jahre

Wir müssen als Fraktion neben unserer Kontrollfunktion gegenüber der Regierung vor allem in den für uns zentralen Feldern bei der Gesetzgebung und in der politischen Willensbildung noch deutlicher als gestaltende Opposition agieren und öffentlichkeitswirksam eigene Politikangebote unterbreiten, mit denen wir uns als die Alternative zur herrschenden Politik präsentieren. Wir sind die einzige Fraktion, die mit ALEKSA ein umfassendes Konzept zur künftigen Entwicklung Sachsens vorweisen kann, mit dem wir ungeachtet notwendiger Fortentwicklung offensiv arbeiten müssen. Wir sind jene Fraktion, die im Landtag nachdrücklich für eine Durchsetzung der Gewaltenteilung eintritt, und wir allein verfügen auch über die Instrumente, bestimmte parlamentarische Minderheitenrechte auch gegen den Willen der Koalition wahrzunehmen. Angesichts dessen stellen wir uns mit großem Selbstbewusstsein unserer politischen Konkurrenz!

Sächsische Besonderheiten mit Blick auf 2009

Während es in allen anderen ostdeutschen Bundesländern eine ernsthafte Option für eine Regierungsbeteiligung der LINKEN gibt, oder diese sogar mitregiert (Berlin), mitregiert hat (Mecklenburg-Vorpommern) bzw. Erfahrungen mit einem Tolerierungsmodell sammeln konnte (Sachsen-Anhalt), sind solche Überlegungen in Sachsen zumindest für 2009 angesichts der eklatanten Schwäche der hiesigen SPD abwegig und womöglich sogar kontraproduktiv.

Aktuell keine strategischen Partner für uns, aber Gemeinsamkeiten im Gestaltungswillen

Im Unterschied zu anderen ostdeutschen Bundesländern gibt es in Sachsen traditionell keine strategischen Partnerschaften zwischen einzelnen Parteien und damit auch Fraktionen. Während in Mecklenburg-Vorpommern, Berlin und Sachsen-Anhalt ein Linksbündnis (ob durch Tolerierung oder Koalition) als Modell zur Mehrheitsbildung ebenso dauerhaft erprobt ist wie die Lager übergreifende CDU/SPD- Verbindung, funktioniert in Sachsen beides nicht.

Letzteres demonstriert seit zweieinhalb Jahren die amtierende Koalition, die eine Mehrheit vortäuscht, die sie in wesentlichen Fragen nicht hat. Nachdem wir dies festgestellt haben, drängt sich die Frage auf: Welche Alternative gibt es?

I. a. Ein Linksbündnis unter Führung der Linkspartei

Da wir ja vernünftigerweise nicht zu Wahlen antreten, um uns zu schwächen, sondern um unsere starke Position zu behaupten und auszubauen, müsste die SPD bei einem entsprechenden Wahlergebnis bereit sein, in eine von der LINKEN geführte Regierung einzutreten. Dieser "best case" ist derzeit nicht sehr wahrscheinlich.

LINKE und SPD müssten dazu bei der nächsten Wahl zusammen auf 43 plus x Prozent Kommen, die für eine absolute Mehrheit der Mandate aber nur dann ausreichen, wenn FDP, Grüne und NPD an der Fünf-Prozent-Hürde scheitern würden. Abgesehen von dem Umstand, dass für 2009 eher nicht mit der Rückkehr zu einem Drei-Parteien- Parlament zu rechnen ist, haben die Sachsen bei den bisherigen vier Landtagswahlen seit 1990 PDS und SPD zusammen stets mit ziemlich genau einem Drittel der Stimmen bedacht, lediglich die Binnenverteilung verschob sich immer mehr zu unseren Gunsten.

Natürlich kämpfen wir für eine Fortsetzung unserer Erfolgsserie. Die SPD wird sich ins Zeug legen müssen, um wieder deutlich zweistellig zu werden. Aus linker politischer Perspektive und angesichts der durchaus immer noch vorhandenen Schnittmengen wäre es natürlich wünschenswert, dass auch die Summe der Wahlergebnisse beider Parteien endlich wächst. Aber unsere Strategie für 2009 darauf aufzubauen, dass es nach drei linken Nullsummenspielen bei den kommenden Wahlen nun plötzlich zu einem abrupten Sprung um mehr zehn Prozent kommt, also zu einem Anwachsen der Zustimmung für LINKE und SPD um rund ein Drittel (!), wäre doch wohl ziemlich verwegen.

I. b. Linksbündnis plus Grüne

Wer sich Frau Hermenau als Regierungsmitglied unter einem Linkspartei-Ministerpräsidenten vorstellen kann, mag hier weiterdenken. Wer nicht, darf gern mitdenken, dass die Grünen nur äußerst knapp den Einzug in den Landtag geschafft hatten, ihre parlamentarische Existenz im Wesentlichen ihrer Klientel in den Großstädten verdanken, aber landesweit kaum verankert sind. Eine solche Konstellation wäre schon inhaltlich nicht einfach und auch rein rechnerisch Schwierig durch ein scheinbares Paradox: Mit dem Einzug der Grünen erhöht sich nämlich die Schwelle für die absolute Mehrheit der Mandate für eine Regierungsbildung.

II. Die CDU gewinnt die absolute Mehrheit zurück

Das wäre der "worst case", der für 2009 allerdings ähnlich unwahrscheinlich ist wie der "best case", denn schon zu Biedenkopf-Zeiten hatte eine Mehrheit der Wähler und sogar große Teile der CDU-Anhänger die absolute Mehrheit einer Partei abgelehnt. Salopp gesagt könnte man schlussfolgern: Das Charisma von "König Kurt" verführte die Sachsen zu einem Votum, dessen Wirkung sie eigentlich gar nicht wollten. Über ein solches Charisma verfügt der jetzige Ministerpräsident und mutmaßliche CDU-Spitzenkandidat für 2009, Georg Milbradt, ganz offenkundig nicht.

Die CDU wird selbstverständlich versuchen, den Leuten im Wahlkampf zu vermitteln, dass eine Rückkehr zur Alleinherrschaft Befreiung von "Chaos-Koalition" und Renaissance geordneter Verhältnissen bedeuten würde. Dem müssen wir entgegnen, dass diese vermeintlich "Ordnung" eine Zementierung des lähmenden "schwarzen Filzes" und eine Begünstigung von Korruption bedeutet, denn die Wurzeln der aktuellen Korruptionsaffären liegen letztlich in der Zeit der CDU- Alleinherrschaft von 1990 bis 2004.

III. Eine CDU/FDP-Koalition

Ein solches Modell gilt zwar manchen Konservativen oberflächlich als vermeintliche "bürgerliche" Traumkonstellation, tatsächlich sind sich aber die meisten politischen Beobachter darin einig, dass die Zastrow-FDP mit ihrem oftmals populistischen Agieren für die CDU ziemlich unberechenbar ist. Zudem gibt es auch in Grundrechtsfragen ein enormes Spannungspotenzial zwischen CDU und FDP. Dies gilt gerade auch für Sachsen, wo die CDU traditionell (siehe verfassungswidrige Polizeigesetze, aber auch Verfassungsschutzgesetz) Scheinsicherheit auf Kosten von Bürgerfreiheit durchzusetzen trachtet. Sollte es 2009 rechnerisch reichen, würden die beiden sehr ungleichen Partner wohl Dennoch zusammen gehen. Derzeit gibt es diese Mehrheit im Landtag nicht, und es ist keineswegs ausgemacht, dass es beim nächsten Mal reichen wird. Daher phantasiert vielleicht mancher über die erweiterte Variante:

IV. Eine CDU/FDP/Grüne-Koalition

Eine derartige Konstellation würde die Grünen in der Mitte zerreißen und ist daher auf Dauer kaum tragfähig. Zudem ist nicht sicher, dass beide kleinen Parteien wieder in den Landtag kommen und es ist unklar, ob ein solches Modell überhaupt über eine rechnerische Mehrheit verfügen würde. Bliebe also noch die Rückkehr zum Bestehenden:

V. Wiederauflage der CDU/SPD-Koalition

Die CDU will dies definitiv nicht. Die SPD wiederum hat Angst vor dem Fall in die absolute Bedeutungslosigkeit, sieht scheinbar keine Alternative zur Fortsetzung eines Bündnisses mit der Union und biedert sich daher schon jetzt für die Zeit nach 2009 bei Milbradt & Co an. Weitere fünf Jahre Stillstand sind jedoch für Sachsen wahrlich unzumutbar, siehe die Halbzeitabrechnung von Peter Porsch. Damit ist eigentlich alles gesagt.

VI. Eine CDU/Linkspartei-Koalition

Praktisch und programmatisch ist ein solches Zweckbündnis derzeit offensichtlich unvorstellbar. Zwar sollten prinzipiell alle demokratischen Parteien untereinander koalitionsfähig sein, dies setzt aber ausreichende Schnittmengen voraus. Die gibt es derzeit zwischen der CDU und der LINKEN nicht, weder auf Landesebene und schon gar nicht im Bund. Es ist daher ziemlich müßig, darüber zu philosophieren, was wäre, wenn die Positionen der im Alter weise gewordenen Herren Blüm und Geißler, der mittlerweile sogar attac-Mitglied ist, in der CDU an Einfluss zunähmen, denn das scheint doch bis auf Weiteres ausgeschlossen zu sein. Pikanterweise wäre diese Variante in Sachsen die einzige wirkliche "große Koalition". Ein solches Modell bleibt dennoch nur theoretisch.

VII. Alle demokratischen Fraktionen bilden die Mehrheit, CDU in Opposition

Es gibt durchaus Themen, und beileibe nicht nur in Fragen der Geschäftsordnung, bei denen eine solche Konstellation (also LINKE, SPD, FDP und/oder Grüne) funktionieren kann: Längeres gemeinsames Lernen beispielsweise. Gerade in der Bildungspolitik, die landespolitisch aufgrund der föderalen Kompetenzverteilung eine besonders große Rolle spielt, wäre ein solches, auf den ersten Blick abenteuerlich anmutendes Bündnis recht gut arbeitsfähig. Lediglich im Bundesrat müsste es sich bei vielen Entscheidungen der Stimme enthalten. In einigen wichtigen landespolitischen Fragen, die in der Bevölkerung einen hohen Stellenwert haben, existiert allerdings ein solider Vorrat an Gemeinsamkeiten und auf dieser Grundlage könnten durchaus dauerhafte, ja womöglich irreversible Entscheidungen getroffen werden. Wenn sich LINKE, SPD, FDP und/oder Grüne z.B. auf eine achtjährige gemeinsame Schulzeit verständigen und dies im Schulgesetz verankern würden, hätte die CDU auch in einer späteren Koalition keinen Partner, um dies wieder zurückzudrehen.

Die heikle Ministerpräsidentenfrage bleibt bei einem solchen Bündnis natürlich erhalten, allerdings könnte man sich bei einer solchen, in der Bundesrepublik bislang einzigartigen Konstellation evtl. auch auf einen parteipolitisch unabhängigen Regierungschef verständigen, mit dem sich alle Partner identifizieren können, wenngleich sich eine solche Persönlichkeit sicher nicht aus dem Hut zaubern lässt.

Ein solches Bündnis könnte gleichwohl die Parlamentskultur durch einen Koalitionsvertrag neuen Typs ungemein bereichern. Ein solcher Koalitionsvertrag sollte ein abgestimmtes Vorgehen bei Schwerpunktthemen festschreibt – zehn solcher möglichen Bestandteile einer gemeinsamen Plattform schlage ich in diesem Papier weiter unten vor – und ansonsten das Abstimmungsverhalten im Landtag freigeben, so dass die eher konservativen Teile der zwei oder drei möglichen Partner die "Kröte" einer von der LINKEN mit geprägten Regierung in der Gewissheit schlucken könnten, nicht bei allen Themen Gefangener dieses außergewöhnlichen und daher auch nur befristet haltbaren Bündnisses zu sein.

Aber allein die Vorstellung, dass die CDU 2009 nach fast zwanzig Jahren Herrschaft endlich mal in die Opposition geschickt werden könnte, hat doch durchaus etwas Faszinierendes, oder?

VIII. Stärkste Partei stellt Regierungschef, regiert wird mit wechselnden Mehrheiten

Das war der Vorschlag von Peter Porsch für den derzeitigen Landtag, so wie er nun mal infolge des Wählerwillens zusammengesetzt ist. Unter den Bedingungen des Wahlergebnisses von 2004 bietet diese Variante der stärksten Oppositionsfraktion das Optimum an Einflussmöglichkeiten auf parlamentarische Entscheidungen. Denn es gibt in diesem Landtag wegen der Existenz der NPD leider keine demokratische Mehrheit gegen die CDU, wodurch in dieser Legislaturperiode auch die Variante VII praktisch unmöglich ist.

Dennoch: Nach fast zwei Jahrzehnten CDU-Regierung, ob allein regierend oder als stärkerer Koalitionspartner, kann es für uns 2009 letztlich nur um die Ablösung der CDU aus der Regierungsverantwortung gehen. Bei der letzten Wahl war unser wichtigstes Wahlziel, die absolute Mehrheit der CDU zu brechen. Beim nächsten Mal kann es vernünftigerweise nur ein Ziel geben: Die Bildung einer Regierung ohne CDU!

Der strategische gemeinsame Nenner der modernen Mehrheit

Wir sind uns mit den potenziellen Partnern der Variante VII (Alle Demokraten ohne CDU) darin einig, dass die CDU keine Ideen mehr hat, dem Land keinerlei Impulse mehr geben kann und mit Herrn Flath einen "Kronprinzen" aufbaut, der gesellschaftspolitisch den Sprung von der Neuzeit zurück ins Mittelalter verkörpert. Deshalb verbietet sich in Sachsen derzeit für alle anderen Parteien eigentlich eine Koalition mit der CDU, solange dort kein nachhaltiger Politik- und Personalwechsel stattfindet.

Die seit Wochen die Berichterstattung der Medien dominierende Affäre um die Verfassungsschutzakten über kriminelle Netzwerke und die Involvierung von Personen aus Polizei, Justiz sowie Politik führt aber noch einen anderen Gesichtspunkt vor Augen, der alle politischen Detailfragen überragt: Der sächsische Rechtsstaat braucht objektiv einen politischen Wechsel, um sich vom schwarzen Filz erholen zu können. Mit ein bisschen mehr SPD-Rosa ist es da nicht getan, zumal die Zustände in Leipzig zeigen, dass die SPD trotz Karl Nolle nun wahrlich nicht die erste Adresse für Korruptionsbekämpfung sein kann.

Diese Rolle in Sachsen nimmt seit geraumer Zeit die LINKE, nehmen wir ein, wie der Publizist Jürgen Roth kürzlich im MDR-Fernsehen anerkennend festgestellt hat. Das dies den Herrschenden nicht gefällt und sie versuchen, uns zu diffamieren, kann nicht verwundern, denn schließlich geht es ihnen um nicht mehr und nicht weniger als den blanken Machterhalt. Doch gerade deshalb müssen wir weiterhin mit Nachdruck auf Aufklärung und Bestrafung der Schuldigen drängen. Die Erarbeitung eines gemeinsamen Einsetzungsauftrages für den unvermeidlichen Parlamentarischen Untersuchungsausschusses ist im Übrigen eine gute Möglichkeit, mit FDP und Grünen ein gemeinsames Agieren in Sachfragen zu erproben.

In den verbleibenden zwei Jahren bis zur Wahl sollten wir eines immer wieder deutlich machen: Ein Land, in dem der Generalstaatsanwalt die Verfolgung von Straftaten des ehemaligen Ministerpräsidenten und seines Finanzministers im Fall Paunsdorf so lange vor Strafverfolgung verhindern konnte, bis aus seiner Sicht Verjährung eingetreten war, ein Land, in dem ein Korruptionsermittlungsverfahren gegen einen Wirtschaftsminister über Jahre verschleppt und stattdessen der Staatsanwalt verfolgt wurde, der gegen ihn ermittelte, ein Land, in dem ein Innenminister zwar einen Internetpranger für bestimmte Straftaten errichten wollte, dessen Ministerium zugleich aber ursprünglich die Vernichtung bzw. Endlagerung kompromittierender Akten über Politiker, Richter und Staatsanwälte empfohlen hatte, ehe ihn die öffentliche Meinung zur Umkehr zwang, ein solches Land, in dem in diesen und vielen weiteren Fällen der Rechtsstaat ausgehöhlt wird, braucht dringend eine Regierung, an der niemand mehr beteiligt ist, der mit diesen Dingen etwas zu tun hat. Es geht um nicht mehr und nicht weniger als um die Wiederherstellung der Gewaltenteilung als Kern eines demokratischen Rechtsstaates.

Georg Milbradt war als Finanzminister in den Paunsdorf-Skandal federführend mit verstrickt, er hat skrupellose Landesbankmanager gedeckt und blockiert seit einem halben Jahr in verfassungswidriger Weise die Aufklärung des Untersuchungsausschusses zu der Frage, ob er als Ministerpräsident mit der Mitteilung über den angeblichen Rücktritt der Landesbankspitzen seinerzeit das Parlament belogen hat. Sein unsägliches Agieren in der aktuellen Affäre hat den amtierenden MP endgültig diskreditiert.

Daher steht für mich eindeutig fest: Weder Milbradt noch seine Gefolgsleute dürfen der nächsten Landesregierung angehören; wer sich mit ihnen an einen Kabinettstisch setzen will, verhindert die Wiederherstellung rechtsstaatlicher Verhältnisse in Sachsen.

Gemeinsame Plattform für "sächsische Koalition der Vernunft"

Es gibt derzeit in Sachsen für längerfristige Koalitionen weder programmatische noch historisch gewachsene noch politisch-kulturell tragfähige strategische Parteipartnerschaften. Aber gibt es mit Blick auf 2009 genügend Substanz für eine gemeinsame Plattform von LINKEN, SPD, FDP und Grünen, auf der sich eine Gestaltungsmehrheit aufbauen ließe, die mindestens zehn Ziele eint:

1. Eine Schule für alle bis Klasse 8, mindestens aber bis Klasse 6! 2. Trennung von Staat und Kirche (nicht nur) in Bildungsfragen! 3. Ausweitung von Bürgerrechten / Erleichterung der Volksgesetzgebung durch niedrigere Quoren! 4. Abschaffung von Zugangskriterien für Kindertagesstätten! 5. Verbesserung der Familien- und Jugendförderung in Sachsen! 6. Überwindung von existierenden Diskriminierungen / Schaffung moderner Gleichstellungsregelungen, z.B. für Frauen, gleichgeschlechtliche Partnerschaften, Menschen mit Behinderungen und nationale Minderheiten! 7. Entschiedene Zurückdrängung des Rechtsextremismus! 8. Förderung einer differenzierten Geschichtsbetrachtung, z.B. durch die Schaffung eines modernen Gedenkstättengesetzes, das dem Zentralrat der Juden und dem VVN/BdA die Rückkehr in die Stiftung ermöglicht! 9. Kein Abbau von Grundrechten bei der Kriminalitätsbekämpfung, aber ausreichend und gut ausgebildete Polizisten! 10. Wiederherstellung parteipolitischer Unabhängigkeit in Verwaltung und Justiz!

Alle diese Ziele werden von überwältigenden Mehrheiten der sächsischen Bevölkerung getragen. Damit diese sächsische Koalition der Vernunft tatsächlich zu Stande kommen kann, bedarf es jedoch dreier Voraussetzungen:

a. Die LINKE muss so stark wie möglich werden, weil sie als einziger definitiver Nichtinteressent an einer Koalition mit der CDU die Federführung bei der Erneuerung Sachsens haben sollte. b. Das Wahlergebnis sollte Fluchtwege in Richtung CDU/FDP oder CDU/SPD möglichst ausschließen. c. Die NPD darf die Fünf-Prozent-Hürde nicht mehr überspringen.

Dieser sächsische Weg einer Koalition der Vernunft böte zudem aufgrund der genannten klaren Gemeinsamkeiten trotz des im Zeitraum von 2009 und 2014 bereits drastisch schrumpfenden Landeshaushalts die Gewähr, dass genügend Fortschritte auf den Weg gebracht werden könnten, denn: Die guten Ideen der gemeinsamen Plattform bedürfen in der Regel keiner Ausweitung von Ausgaben, sondern kosten unterm Strich entweder nichts oder sind durch intelligente Umschichtungen finanzierbar.

Ob ein solches Modell, ob die Variante VII eine ernsthafte Option werden könnte, liegt nicht allein an uns, sollte aber an uns auch nicht scheitern. Wenn wir als LINKE in den verbleibenden zwei Jahren dieser Legislatur nicht wirklich alles falsch machen, was man falsch machen kann, dann kann es gelingen, die CDU weiter zu schwächen, dann werden wir auch bei den Wahlen im Jahr 2009 vor der SPD liegen, und zwar deutlich.

Rosarote Träumereien bezüglich einer eigenständigen Regierungsbildung für die kommende Legislaturperiode haben in Sachsen derzeit keine wirklich tragfähige Basis. Selbst in Sachsen-Anhalt, wo PDS und SPD noch halbwegs auf Augenhöhe lagen und zwischen den beiden Spitzenkandidaten Gallert und Bullerjahn über Jahre gewachsene gute, ja fast freundschaftliche Beziehungen bestanden, entschieden sich die Sozialdemokraten als Juniorpartner lieber für eine Bündnis mit der CDU als unter einem Ministerpräsidenten der PDS in eine rot-rote Regierung einzutreten, obwohl es dafür eine rechnerische Mehrheit gab. In Sachsen ist selbst diese rechnerische Mehrheit für 2009 völlig ungewiss. Hinzu kommt: Die sächsische Sozialdemokratie ist derzeit völlig orientierungslos und driftet tendenziell eher nach rechts, wie nicht zuletzt das jüngste Strategiepapier der SPD-Landtagsfraktion belegt, für welches neben dem Politikwissenschaftler Christian Demuth auch der allgemein als eher links geltende Parlamentarische Geschäftsführer Martin Dulig namentlich zeichnete. Bezüglich ihrer künftigen strategischen Grundausrichtung sieht die sächsische SPD ihren Hauptgegner leider ganz offenkundig in der PDS bzw. der LINKEN. Erstes Ziel nach dem Dulig-Papier ist es, "sich gegenüber der PDS nachhaltig als bessere Vertreterin für die Durchsetzung ‚sozialer Gerechtigkeit’ zu profilieren." Der zweite Punkt der so genannten Grundstrategie der sächsischen Sozialdemokraten ist besonders perfide, denn dabei geht es darum, "sich gegen sozialpopulistische Kampagnen anderer Parteien (PDS/NPD) zu wappnen." Dass sich auch die SPD dazu hinreißen lässt, PDS und NPD gleichzusetzen, und sei es auch nur bezüglich sozialpolitischer Aktivitäten, ist sachlich absurd und politisch ein Offenbarungseid.

Angesichts dessen ist es aus Sicht der sächsischen Sozialdemokratie nur konsequent, wenn Martin Dulig in seinem Strategiepapier als einzigen Weg für die SPD dafür plädiert, "sich als notwendiges Korrektiv der CDU in einer schwarz-roten Regierung nach 2009 anzubieten." Eine derartige Anbiederung dürfte in der mehr als 140-jährigen Geschichte der Sozialdemokratie wohl ziemlich einmalig sein. Die sächsische SPD hat offenkundig angesichts eigener Schwäche jede Hoffnung auf einen nachhaltigen Politikwechsel im Ergebnis der nächsten Landtagswahl aufgegeben. Auch FDP und Grüne würde im Zweifel wohl grundsätzlich bereit, nach 2009 mit der CDU ins Regierungsbett zu steigen, um eine gemeinsame Koalition zu bilden. Abzuwarten bleibt, ob die aktuelle Korruptionsaffäre hier zu einem Umdenken beiträgt.

Mit Blick auf diese sachsenspezifischen und daher besonderen Rahmenbedingungen bleibt die LINKE das wichtigste demokratische Korrektiv gegen die herrschende Politik im Freistaat. Dies ist für uns Verantwortung und Chance zugleich. Wenn wir unsere Oppositionsrolle in den kommenden zwei Jahren mit aller Entschiedenheit wahrnehmen, dann haben wir beste Voraussetzungen dafür, im Ergebnis der Wahlen 2009 zum vierten Mal nacheinander zuzulegen und gestärkt in den 5. Sachsischen Landtag einzuziehen. Dazu will ich als Fraktionsvorsitzender meinen Beitrag leisten.

20 Thesen zur Strategie bis 2009

1. Über unsere Rolle im 4. Sächsischen Landtag haben die Wählerinnen und Wähler 2004 entschieden. Wir sind Opposition zur herrschenden Politik, ja sogar die Oppositionsführerin, und wir müssen diese Funktion endlich auch offensiv annehmen, was auch bedeutet, die allein uns zur Verfügung stehenden Minderheitenrechte (Sondersitzung des Landtages, Einsetzung von Untersuchungsausschüssen und Normenkontrollklagen beim Landesverfassungsgerichtshof) noch wirkungsvoller als bisher einzusetzen. Die Landtagsfraktion hat bis 2009 drei wichtige Funktionen: Sie muss erstens als stärkste Oppositionsfraktion das exekutive Handeln der Regierung und nachgeordneter Institutionen kontrollieren, zweitens eigene realistische Politikangebote erarbeiten und diese drittens über das Parlament und eine aktive außerparlamentarische Arbeit an die Menschen zu transportieren. Unser Ziel muss es sein, als die Oppositionsfraktion wahrgenommen zu werden, als Fraktion mit Gestaltungsanspruch, die zur Politik der Koalition glaubwürdige inhaltliche und personelle Alternativen zu bieten hat. 2. Hauptkontrahent in der parlamentarischen Auseinandersetzung ist für uns nach wie vor die CDU, sie bleibt eindeutig unser wichtigster politischer Widerpart. Hier müssen wir im Landtag mit aller Entschiedenheit agieren, d.h. auch Fehlentscheidungen bzw. persönliches Fehlverhalten des Ministerpräsidenten oder einzelner Minister in geeigneter Form thematisieren. Unser Ziel für 2009 muss es sein, die sächsische Union weiter zu schwächen, den Abstand zu ihr zu verringern, unseren zweiten Platz im Parteienspektrum zu festigen und eine Regierungsbildung ohne uns so weit wie möglich zu erschweren.

3. Wir als LINKE müssen bei den Landtagswahlen 2009 so stark werden wie irgend möglich und mittelfristig anstreben, mindestens ein Drittel der Mandate im Sächsischen Landtag zu erreichen. Von daher gibt es – nicht zuletzt angesichts der bisherigen strategischen Ausrichtung der sächsischen SPD – keinerlei Grund für irgendwelche Rücksichten auf die Sozialdemokraten oder auch die Grünen. Ohne uns darf keine Verfassungsänderung möglich sein, ohne unsere Zustimmung darf künftig weder ein Verfassungsrichter noch ein Rechnungshofpräsident oder ein Datenschutzbeauftragter gewählt werden können. Dann haben wir nachhaltigen Einfluss auf die Politik, auch wenn wir nicht unmittelbar an einer Regierung beteiligt sind. Unabhängig davon bleibt festzuhalten: Nur aus einer Position der Stärke können wir eine wirksame Oppositionspolitik betreiben, und nur aus einer Position der Stärke ist irgendwann auch eine Regierungsbeteiligung vertretbar. Was eine solche Regierungsbeteiligung bei eigener Schwäche bedeutet, zeigt sich gerade gegenwärtig bei der sächsischen SPD. 4. Perspektivisch gilt jedoch: Die LINKE muss auch in Sachsen grundsätzlich bereit sein, Regierungsverantwortung zu übernehmen und muss dies auch offensiv anstreben. Natürlich lebt es sich ohne direkte Verantwortung bisweilen leichter und natürlich kann man auch aus der Opposition heraus die Gesellschaft verändern, aber wer überwiegend nicht nur Schlimmeres verhindern, sondern selbst Weichen stellen will, der kann sich nicht für alle Zeiten ausschließlich mit der Oppositionsrolle zufrieden geben. 5. Eine Regierungsbeteiligung ist kein Selbstzweck und grundsätzlich nur dann gerechtfertigt, wenn tatsächlich reale Verbesserungen der Lebenslage der Menschen durchgesetzt werden können. Vor dem Eintritt in eine Koalition müssen klare Kriterien aufgestellt und auch Grenzen gesetzt werden. Gelingt es nicht diese Kriterien einzuhalten und werden die Grenzen durch den Koalitionspartner verletzt, muss die LINKE auch den Mut und die Kraft haben, eine Koalition wieder zu verlassen. Die Bürgerinnen und Bürger wollen keine Mitläufer und keine Abfolge "fauler" Kompromisse; sie wollen eine berechenbare und nachvollziehbare Politik. Diesem Anspruch muss sich die LINKE stellen.

6. Grundsätzlich müssen wir – wie CDU, SPD, FDP und Grüne auch – für eine parlamentarische Zusammenarbeit bis hin zu einer Koalition mit allen demokratischen Parteien offen sein und sollten diesbezüglich aufgrund eigener Negativerfahrungen keine Unvereinbarkeitsbeschlüsse fas-sen. Dies gilt letztlich auch für die CDU, selbst wenn gerade in Sachsen angesichts extremer politischer Differenzen eine wie auch immer geartete institutionalisierte Zusammenarbeit nahezu unvorstellbar scheint. Anderenfalls blieben wir "Demokraten zweiter Klasse", deren Stimmen bei der Mehrheitsbildung kein oder nur weniger Gewicht haben. Das aber liegt nicht im Interesse unserer Wählerinnen und Wähler. 7. In unseren parteiinternen Diskussionen über mögliche Optionen für eine Regierungsbildung orientieren wir uns bislang viel zu einseitig allein auf die SPD. Auch dürfen wir unsere programmatischen Debatten nicht ständig an den jeweiligen Positionen der Sozialdemokratie ausrichten, die sich gerade in den letzten Jahren zum Teil dramatisch verändert und vom Anspruch der sozialen Gerechtigkeit weitgehend verabschiedet haben.

Die Sozialdemokraten haben beinahe grenzenlose Koalitionsoptionen. Derzeit regieren sie in Sachsen und im Bund mit der Union, können bei Bedarf aber auch jederzeit mit der FDP oder den Grünen koalieren, wie sich jüngst in Bremen zeigte. Und sofern man den Regierungschef stellen kann, ist man im Zweifel auch zu einem Bündnis mit den LINKEN bereit, wie dies in Mecklenburg-Vorpommern geschah und in Berlin noch immer praktiziert wird. Kein Zweifel: Die größten inhaltlichen Übereinstimmungen und Anknüpfungspunkte, z.B. im Sozial- und Bildungsbereich, gibt es für uns zu den Sozialdemokraten. Gleichwohl ist gerade hier in Sachsen eine Mehrheit für eine Koalition mit der SPD derzeit nicht in Sicht und solange wir zweitstärkste politische Kraft im Lande sind – was wir natürlich zunächst auch bleiben wollen –, werden die Sozialdemokraten als Juniorpartner im Zweifel eher ein Zusammengehen mit der CDU bevorzugen, als unter einem Ministerpräsidenten der LINKEN in eine Regierung einzutreten. Diesen Umstand dürfen wir bei all unseren strategischen Debatten nicht aus dem Blick verlieren.

Die CDU wiederum hält sich neben der so genannten Großen Koalition, die in Sachsen bekanntlich keine ist, auch ein schwarz-gelbes Bündnis offen und kokettiert in mehreren Ländern zugleich relativ ungeniert mit den Grünen. Für uns, die wir im Osten in manchen Umfragen gar als stärkste Partei gehandelt werden, kommt bisher allein ein rosa-rotes Bündnis mit der SPD in Frage, welches in Sachsen jedoch auf absehbare Zeit nur schwer Mehrheiten bekommen wird. Angesichts dessen sollten wir bisherige Denkblockaden überwinden.

Ein grundlegender Wandel der Sozialdemokratie durch einen starken Druck von links ist derzeit leider nicht in Sicht. Das strategische Ziel, bei künftigen Wahlen eine strukturelle Mehrheit der Wählerinnen und Wähler links von CDU und FDP zu erreichen und diese politisch-parlamentarisch handlungsfähig zu machen, sollten wir gleichwohl nicht aus den Augen verlieren. 8. Bei FDP und Grünen ist derzeit noch nicht absehbar, ob sie mehr als ein befristetes Zwischenspiel im Sächsischen Landtag geben werden. Zumindest bei den Bündnisgrünen ist der Wiedereinzug äußerst ungewiss, zumal die Fraktion de facto gespalten ist. Drei Abgeordnete, darunter die Fraktionsvorsitzende liebäugeln mit einer möglichen Regierungsbeteiligung und dienen sich mehr oder weniger offen der CDU an, während die anderen drei eher linksliberale Positionen vertreten. Auf Dauer wird dieser Riss weder zu verbergen noch zu kitten sein. Die FDP agiert insgesamt nicht ungeschickt, konnte mit diversen Schmalspurgesetzen punkten, hat aber keinerlei Gesamtkonzept für das Land. Die Liberalen hoffen auf ein Zerbrechen der CDU/SPD-Koalition und halten sich für diesen Fall bereit, werden aber in der CDU kaum als ernst zu nehmender Partner angesehen.

Aus Sicht der LINKEN gibt es keinen Grund, sich längerfristig mit einem Fünf- oder gar Sechs-Parteien-Landtag zu arrangieren, was eine punktuelle Zusammenarbeit mit FDP und Grünen derzeit und eventuell auch in der kommenden Legislatur aber nicht ausschließt, auch wenn es natürlich keine Koalition in der Opposition gibt und wir auch künftig Konkurrenten bleiben. Bürgerrechts- und Umweltthemen sind bei uns bereits gut aufgehoben bzw. müssen in der praktischen Politik noch verstärkt berücksichtigt werden. FDP und Grüne sind im Landtag daher durchaus entbehrlich.

9. Die NPD ist eine große, vielleicht die größte Gefahr für die demokratische Entwicklung des Landes. Auch nach der Schwächung durch den Austritt bzw. Ausschluss von einem Drittel ihrer Mitglieder und dem Tod ihres öffentlichkeitswirksamsten Vertreters Uwe Leichsenring muss die NPD-Fraktion weiter ernst genommen und die knallharte politische Auseinandersetzung mit ihr gesucht werden. Hierzu muss gerade auch die neue LINKE einen wesentlichen Beitrag leisten. Ein wichtiges Wahlziel für 2009 muss demzufolge sein, gemeinsam mit anderen den Wiedereinzug der NPD in das Landesparlament möglichst zu verhindern.

10. Eine zentrale Aufgabe der neuen LINKEN in Sachsen besteht auch darin, dass wir im Wahlkampf 2009 ganz gezielt die Gruppe der bisherigen Nichtwähler ansprechen müssen, die ein erhebliches Potenzial darstellen und in ihrer Mehrheit den Regierenden in Bund und Land skeptisch bis ablehnend gegenüberstehen. Bei den letzten Wahlen haben wir gerade bei den Arbeitslosen und sozial Schwachen selbst im Westen Zustimmungsquoten um die 20 Prozent erreichen können, weil viele der Betroffenen unter den Folgen der rot-grünen Sozialabbaupolitik leiden und auch von der großen Koalition in Berlin keine Verbesserungen in ihrem Sinne erwarten. Diesen Menschen müssen wir uns noch deutlicher als Interessenvertreter der so genannten "sozialen Unterschicht" und als die demokratische Alternative zu herrschenden Politik präsentieren. Dazu gehört auch der weitere Kampf für die Einführung eines gesetzlichen Mindestlohns, den die CDU ablehnt und die SPD zwar verbal unterstützt, in den Parlamenten aber gegen entsprechende Anträge votiert.

11. Wir müssen in unserer Arbeit endlich wieder klar erkennbare Schwerpunkte setzen und dabei auch den "Mut zur Lücke" beweisen. Wir dürfen nicht länger nahezu jedes beliebige Thema in den Plenarsitzungen des Landtags zur Sprache bringen, sondern müssen für den Rest der Legislaturperiode eindeutige Prioritäten setzen. Bis zur Wahl 2009 sollte sich die Fraktion im Kern auf vier Themen konzentrieren: Arbeit – Soziales – Bildung – Demokratie. In den genannten Schwerpunktthemen sowie generell in all unseren parlamentarischen Initiativen muss sich darüber hinaus die ökologische Frage wie ein "roter Faden" durch unsere Anträge ziehen.

Was unsere Kolleginnen und Kollegen in Sachsen-Anhalt in einem im Mai vergangenen Jahres beschlossenen Leitantrag auf ihrem Landesparteitag zum Thema "Arbeit" formulierten, gilt in vollem Umfang auch für Sachsen: Unser Land ist von einer selbst tragenden wirtschaftlichen Entwicklung, die den Bürgerinnen und Bürgern existenzsichernde Arbeit bietet, meilenweit entfernt. Die Arbeitslosigkeit hat sich auf einem unakzeptabel hohen Niveau eingepegelt. Mehr und mehr Menschen werden dauerhaft zu Arbeitslosengeld-II-Empfängern. Das unbestreitbare Wachstum in einigen Bereichen der Wirtschaft vermag diese Tendenz nicht aufzuhalten. Es wird immer deutlicher, dass alleiniges Setzen der Regierenden auf eine klassische Wachstumspolitik des vergangenen Jahrhunderts den dramatischen Veränderungen in der Arbeitswelt hin zur Wissensbasierten Gesellschaft in keiner Weise gerecht wird. Wir müssen uns für solche Investitionen stark machen, die ökonomische Belange ebenso berücksichtigen wie ökologische und soziale. Demzufolge sollten vor allem jene Technologien gefördert werden, die helfen, den Verbrauch natürlicher Ressourcen zu senken. Neben kreativen und praktikablen Vorschlägen zum Erhalt bestehender und der Schaffung neuer Arbeitsplätze bis hin zur Einrichtung eines dritten Beschäftigungssektors muss vor allem die Sozialpolitik, das Ringen um mehr soziale Gerechtigkeit muss in der verbleibenden Zeit der Wahlperiode noch stärker im Mittelpunkt der politischen Arbeit der Fraktion stehen. Außer uns wird auch künftig niemand die zum Teil verheerenden Auswirkungen von Hartz IV und der so genannten Gesundheitsreform oder das Missverhältnis von Reichtum und Armut im Landesparlament thematisieren. Zu sozialer Gerechtigkeit gehört natürlich auch die Förderung von Familien und selbstbestimmter Jugendarbeit, beides Themen, bei denen uns bislang hohe Kompetenzwerte zugewiesen wurden. Unser drittes inhaltliches Standbein muss der Kampf um eine umfassende Bildungsreform bleiben oder wieder werden. Wir müssen auch künftig die politische Kraft sein, die sich im Landtag für einen grundlegenden Wechsel des Schulsystems stark macht. Wir brauchen eine Bildungsreform, die soziale Unterschiede möglichst ausgleicht, anstatt sie in der Schule noch zusätzlich zu verschärfen. Unsere Forderung nach einer mindestens achtjährigen gemeinsamen Schulzeit wird von zwei Dritteln der sächsischen Bürgerinnen und Bürger geteilt und auch eine einseitige Orientierung der Schule auf die Traditionen des europäischen Christentums wird nicht nur von uns, sondern auch von einer Mehrheit in der Bevölkerung abgelehnt. Wir müssen die SPD, die 2004 vor allem mit dem Thema Bildung Wahlkampf gemacht hat, an ihre Versprechungen erinnern und sie mit ihren realen Taten und Unterlassungen konfrontieren. Außer einer Handvoll Gemeinschaftsschulen hat die Regierungsbeteiligung für die Schüler, Eltern und Lehrer in Sachsen nichts gebracht. Im Gegenteil: Mit Zustimmung der SPD wurden mehr als 100 weitere Schulen im Freistaat geschlossen. Dies muss durch uns thematisiert werden. Die vierte Säule unserer parlamentarischen Arbeit muss der Einsatz für mehr Demokratie und Rechtsstaatlichkeit bilden. Hier muss sowohl das Regierungshandeln besonders intensiv kontrolliert werden (siehe den aktuellen Justiz- und Politskandal) wie wir natürlich auch weiterhin eigene Vorschläge zur Stärkung der Demokratie vorlegen müssen. Dies kann von einer Novellierung der Landesverfassung über Wahlrechtsänderungen und Korrekturen bei der Volksgesetzgebung bis hin zu einem eigenen alternativen Entwurf für ein Untersuchungsausschussgesetz reichen. 12. In den genannten Schwerpunkten, aber auch in anderen Politikfeldern müssen wir uns auch der demografischen Entwicklung in Sachsen stellen, ohne den Horror- und Untergangsszenarien der CDU auf den Leim zu gehen. Das Land wird sich in den nächsten zwei Jahrzehnten spürbar verändern und wir müssen darauf politisch und programmatisch vorbereitet sein. Der Einwohnerrückgang und das damit einhergehende Ansteigen des Durchschnittalters der Bevölkerung werden nicht vollständig aufzuhalten sein. Dennoch müssen wir die kommenden Jahre nutzen, Konzepte gegen diese Entwicklung zu erarbeiten und uns als Partei für jene Menschen profilieren, die trotz aller Widrigkeiten ihre Zukunft in Sachsen sehen. 13. Der massive Kampf der CDU gegen uns ist aus deren Sicht logisch: Im Grunde sind wir die einzige echte und insofern gefährliche organisatorische Alternative zur neoliberalen Politik. CDU und LINKE sind die echten Gegenpole sächsischer Politik. Wir haben es bislang aber nicht geschafft, auch als programmatisch-inhaltliche Alternative wahrgenommen zu werden. Wir müssen den Bürgerinnen und Bürgern nachvollziehbarer als bisher erklären, warum man künftig uns wählen sollte und eben nicht die CDU. Wir müssen auf die höchst praktische Frage, was unter Regierung mit Beteiligung der LINKEN in Sachsen anders aussähe, sehr konkrete Antworten geben. Und wir müssen unser Modell von einem modernen Sachsen weiterentwickeln und propagieren. Alkesa kann hier wertvolle Ansatzpunkte liefern. Denn allein die intelligente Kritik am Bestehenden wird uns politisch auf Dauer nicht "ernähren". Wir müssen die Überzeugung ausstrahlen und verbreiten, dass ein anderer Entwicklungsweg für Sachsen notwendig und möglich ist, bei dem durchaus auch an das angeknüpft werden kann, was im Freistaat seit 1990 gelungen ist.

14. Unsere politische Auseinandersetzung mit der CDU wird in den kommenden Jahren zunehmend auch auf einer werteorientierten Ebene zu führen sein. Das Welt- und Menschenbild, welches in der sächsischen CDU dominiert, ist ein Entwicklungshemmnis für unser Land. Die sächsische Union steht bei den parteiinternen Auseinandersetzungen der CDU zumeist auf der Seite der Neo- bis Ultrakonservativen. Der maßgebliche Protagonist diesbezüglich ist Steffen Flath, der ja allgemein als "Kronprinz" von Georg Milbradt gehandelt wird. Gerade in der Wertediskussion gibt es erhebliche Differenzen in der CDU selbst (siehe die Reaktionen auf Initiativen von Bundesministerin von der Leyen), aber auch innerhalb der CDU/SPD-Koalition in Sachsen. Wir müssen überlegen, wie wir diese Differenzen taktisch und strategisch nutzen können. Zugleich müssen immer wieder deutlich machen, dass wir in zentralen Feldern wie z.B. Bildung, Familienpolitik oder Demokratieverständnis grundlegend andere Positionen haben als die CDU, und in der Öffentlichkeit kommunizieren, dass es unsere Positionen sind, die der mehrheitlichen Meinung in der Bevölkerung entsprechen.

15. Jeder einzelne Abgeordnete kann und muss seinen Anteil zum Gesamtbild der Fraktion beitragen. In den letzten Jahren stand für manche jedoch mehr die eigene, individuelle Profilierung im Vordergrund. Diese schleichende Atomisierung der Fraktion muss gestoppt werden. Der gemeinsame Erfolg von Partei und Fraktion muss endlich wieder Vorrang haben. Zugleich müssen aber natürlich auch die Stärken der Einzelnen entwickelt und koordiniert aus strategischen Zusammenhängen heraus genutzt werden. Für den verbleibenden Rest der Wahlperiode sollten wir zudem das Einigende – und davon gibt es mehr, als manche wahrhaben wollen – in den Mittelpunkt unserer Arbeit rücken und Trennendes weitgehend zurückstellen.

16. Mehr als zwei Drittel unserer Wählerinnen und Wähler sind älter als 50 Jahre, was aber insofern nicht beunruhigend ist, als das Durchschnittsalter in Sachsen schon jetzt bei 44 Jahren liegt - Tendenz rasant steigend. Die soziale Situation dieser Altergruppe wird sich in den kommenden Jahren rapide verschlechtern, insbesondere für jene Menschen, die vor dem Renteneintritt stehen und seit der Wende über Jahre hinweg arbeitslos waren. Diesem Umstand muss unsere Politik, muss auch unsere Antragsstrategie künftig mehr Rechnung tragen, ohne die jüngeren Generationen zu "vergraulen". 17. Der unbestreitbare und positiv zu wertende Fakt, dass wir im Landtag die mit Abstand größte Zahl junger Abgeordneter in unseren Reihen haben und auch einen im Durchschnitt sehr jungen Landesvorstand hat bislang leider keine erkennbaren Auswirkungen auf das Wahlverhalten junger Menschen in Sachsen (vgl. Bundestagswahl und diverse Umfragen), im Gegenteil: Der Anteil unserer jungen Wählerinnen und Wähler ist seit Jahren rückläufig. Dieser Umstand und die Frage, ob wir im Jugendbereich bislang auf die richtigen Thesen gesetzt haben, muss einer grundlegenden Prüfung unterzogen werden.

18. Dennoch: Die Fraktion kann auch mit der so genannten "Jugendbrigade" erfolgreich sein – wer immer sich persönlich dazu rechnet –, und alle Mitglieder der Fraktion müssen dies auch wollen. Mit streitbaren und auch außerhalb der Partei als problematisch angesehenen Positionen junger Leute wird man sich auch künftig auseinander setzen müssen. Dennoch gilt auch für die LINKE: Wer die Jugend verprellt, beraubt sich letztlich seiner eigenen Zukunft! Mein Ziel ist es daher zu einer Annäherung der Generationen und Gruppen in der Fraktion beizutragen. Dazu brauchen wir mehr gegenseitige Toleranz und keine vernichtende, sondern konstruktive Kritik. Jüngere und Ältere in der Fraktion können nur gemeinsam erfolgreich sein. Keine Generation hat die Wahrheit für sich gepachtet, und die Dauer der Zugehörigkeit zur Fraktion ist für sich allein kein Qualitätskriterium. Politische und berufliche Erfahrungen dürfen andererseits aber auch nicht missachtet werden.

19. Es gibt in der Politik so gut wie keine endgültigen, unveränderlichen Entscheidungen. Dennoch sollten wir zu wichtigen Fragen und Themen (z.B. Haltung zu freien Schulen, Energiepolitik/Braunkohleabbau, Position zum Verfassungsschutz, Wahlalter, Drogen u.ä.) innerhalb der Fraktion in der Regel Entscheidungen herbeiführen, die dann auch für die jeweilige Wahlperiode gelten. Gefasste Beschlüsse dürfen nicht permanent in Frage gestellt werden. Inhaltliche Grundlage unserer Arbeit bis zum Ende der Wahlperiode ist neben dem perspektivisch angelegten Parteiprogramm (bzw. zunächst den programmatischen Eckpunkten der neuen LINKEN) und dem in der 3. Wahlperiode entwickelten Alternativen Landesentwicklungskonzept für Sachsen (Aleksa) insbesondere das Wahlprogramm für die laufende Legislatur. Beschlüsse von Parteitagen und Parteigremien haben orientierende Funktion, können für die Fraktion aufgrund deren besonderen rechtlichen Status aber nicht bis in jedes Detail hinein bindend sein.

20. Die LINKE muss sich auch im Parlament weiterhin kritisch mit der Geschichte des gescheiterten Staatssozialismus und auch mit ihrer eigenen Geschichte auseinandersetzen, zugleich aber einer Delegitimierung der DDR und der sozialistischen Idee mit aller Entschiedenheit entgegen treten. Der Bruch mit dem Stalinismus und allen seinen Spielarten steht für uns dabei aber nicht zur Disposition.

Im viel diskutierten Positionspapier "Abschied und Wiederkehr" wurde zu Recht deutlich erklärt, dass die neue LINKE nur dann erfolgreich sein kann, wenn sie weder einen Avantgarde-Anspruch erhebt noch das Wahrheitsmonopol beansprucht. Weiter heißt es in dem Papier: "Die Trennung der sozialen Menschenrechte einerseits und individuellen Freiheitsrechten andererseits, die einseitige Betonung der einen oder der anderen Seite, die Vernachlässigung oder gar Preisgabe der einen zugunsten der anderen Seite führte gerade nicht zu einer zukunftsfähigen, sozial gerechten Gesellschaft. Die feste Absicht, soziale Menschenrechte und individuelle Freiheitsrechte zusammenzubringen…, hat uns nun den Weg zu einer neuen größeren Linkspartei in Deutschland einschlagen lassen." Dieser Anspruch sollte auch Leitlinie für unsere parlamentarische Arbeit im Sächsischen Landtag sein. Alles in allem bleibt festzuhalten: Wenn wir unsere Hausaufgaben machen, haben wir für 2009 wirklich gute und vor allem sehr reale Chancen, unser Ergebnis von 2004 noch einmal zu verbessern. CDU und SPD betreiben derzeit eine reine Verwaltung des Landes und sind bei zentralen Zukunftsprojekten unfähig, sich zu einigen. Sie regieren nach der Politik des "kleinsten gemeinsamen Nenners", und insbesondere die SPD macht dabei Kompromisse bis zur völligen Unkenntlichkeit ihrer eigenen Positionen. Es gibt gleich mehrere mögliche Sollbruchstellen für die überaus instabile Koalition, angefangen beim Hochschulgesetz bis hin zum nächsten Doppelhaushalt, der Ende 2008 zu beschließen wäre. Vorzeitige Neuwahlen sind nicht ausgeschlossen, angesichts der komplizierten sächsischen Verfassungslage aber eher unwahrscheinlich. Dennoch wird insbesondere die CDU alles unternehmen, um vom regulären Landtagstermin wegzukommen, der parallel zur Bundestagswahl liegen würde, bei denen die sächsische Union bislang immer deutlich schlechter wegkam. Von daher ist nicht auszuschließen, dass die CDU Anfang 2009 die Koalition platzen lässt und dadurch die Landtagswahl zeitgleich mit der Kommunalwahl im Juni 2009 stattfinden lässt. Alternativ ist auch denkbar, dass die Landtagswahl zwei Wochen vor oder nach dem Urnengang zum Bundestag angesetzt wird. Auf diese Entscheidung werden wir letztlich kaum Einfluss haben.

Unser Ergebnis bei den Wahlen können wir aber sehr wohl beeinflussen, positiv wie negativ. Die Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger Sachsens ist mit der derzeit herrschenden Politik unzufrieden. Viele von ihnen sehen aber bislang in uns leider (noch) keine echte Alternative. Vor allem daran müssen wir in den verbleibenden zwei Jahren intensiv arbeiten, denn wir brauchen im Wahlkampf in den zentralen Politikfeldern klare und eindeutige Aussagen. Sachliche Diskussionen um die richtigen Positionen sind nötig. Politische Instabilität, kleinkarierter Streit und Postengerangel in den eigenen Reihen aber machen uns für die Wähler unattraktiv. Hier ist besonders auch die Fraktion in der Verantwortung, solchen Tendenzen entgegenzuwirken.

Die neue LINKE ist gegründet und befindet sich bundesweit im Aufwind. Diesen Schwung sollten wir auch in Sachsen zu einem neuen Aufbruch nutzen. Wir müssen in den verbleibenden zwei Jahren dieser Legislatur in erster Linie unser eigenes politisches Profil schärfen, auf unseren Erfolg hinarbeiten und dürfen uns nicht über unser Verhältnis zur SPD oder mit Blick auf irgendwelche künftigen – für 2009 ohnehin weitgehend theoretischen – Koalitionsoptionen definieren. Wir müssen selbst so stark werden wie irgend möglich. Dem ist in den verbleibenden zwei Jahren nahezu alles unterzuordnen. Nach dem Wahltag und perspektivisch auch mit Blick auf 2014 können wir über alles reden.

Zunächst einmal aber müssen wir gemeinsam hart arbeiten – für eine noch größere und politisch einflussreichere Fraktion der LINKEN im 5. Sächsischen Landtag!


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