Wo bleiben die Ostdeutschen am Kabinettstisch Scholz?
DIE LINKE fordert die neue Ampel-Regierung auf, einen Regelungsvorschlag vorzulegen, der den in Artikel 36 Satz 1 des Grundgesetzes verlangten Länderproporz in einer Ost-Quote umsetzt.
"Noch nicht im Amt droht die Ampel-Koalition Menschen aus Ostdeutschland schon jetzt systematisch und strukturell aus den hohen Sphären der Berliner Regierungspolitik auszuschließen. Von zehn bisher angedachten Regierungspositionen (Kanzler, Vizekanzler/Wirtschaft&Klimaschutz, Außenministerium, Finanzen, Justiz, Landwirtschaft, Familie, Verkehr, Umwelt, Bildung) ist nur eine (Umwelt) mit einer Politikerin (B90/Grüne) besetzt, die über eine ostdeutsche Biographie verfügt. Die angekündigte Fortschrittskoalition scheint in Sachen Ost-West weiter auf der Stelle zu treten", kritisiert die Co-Vorsitzende der Partei DIE LINKE aus Thüringen, Susanne Hennig-Welsow.
"Die FDP ist und bleibt eine "Wessi-Partei", alle der vier der ihr zustehenden Ministerien haben die Neoliberalen mit Westdeutschen besetzt", so Hennig- Welsow.
Lorenz Gösta Beutin, Klimaexperte im Parteivorstand von DIE LINKE und Mitglied in der neu gegründeten "Taskforce für Klimagerechtigkeit" im Linkspartei-Vorstand aus Kiel:
"Auch die bisher bekannt gewordenen Spitzen-Besetzungen für Staatsminister*innen durch Bündnis90/Grüne sind ausschließlich westdeutsch. Sowohl die künftige Staatsministerin für Kultur und Medien beim Bundeskanzler als auch die vier vom designierten Minister für Wirtschaft und Klima, Robert Habeck angekündigten verbeamteten Staatsminister*innen kommen ausschließlich aus westdeutschen Bundesländern, was angesichts von Widerstand der Bevölkerung vor Ort gegen Kohleausstieg, Windkraft und Netzausbau ein völlig falsches Zeichen aussendet.
Auch das grüne Landwirtschaftsministerium gab die Ernennung einer neuen verbeamteten Staatsministerin bekannt, ebenfalls eine Westdeutsche. Gerade die Ministerien für die Mammutaufgabe der sozial-ökologischen Transformation Deutschlands brauchen Menschen mit Biographien und Erfahrungen in dem Teil der Bundesrepublik, die mit der Wiedervereinigung und anschließenden De- Industrialisierung historisch auf schwierige Umbrüche zurückblickt. Wir hatten in der Vergangenheit kritisiert, dass Ostdeutsche in der "Kohlekommission", die in der letzten Legislaturperiode das klimapolitisch notwendige Ende der Kohleverstromung und den Strukturwandel aushandelte, deutlich unterrepräsentiert waren. Ohne die Menschen in Ostdeutschland aber ist eine sozial gerechte und pariskonforme Klimapolitik nicht machbar".
Max Becker, Mitglied im Bundesparteivorstand und der "Taskforce für Klimagerechtigkeit" in DIE LINKE erklärt:
"Als Anwältin der Ostdeutschen ist DIE LINKE enttäuscht über die künftige Ampel-Koalition. Im Koalitionsvertrag lesen wir: "Wir verbessern die Repräsentation Ostdeutscher in Führungspositionen und Entscheidungsgremien in allen Bereichen. Für die Ebene des Bundes legen wir bis Ende 2022 ein Konzept zur Umsetzung vor. Die Erfahrungen der Ostdeutschen im Wandel und die Bedingungen für gelingende Transformation sollen im neuen
„Zukunftszentrum für Deutsche Einheit und Europäische Transformation“ für zukünftige Herausforderungen erforscht und besser vermittelt werden." 30 Jahre nach der Wiedervereinigung brauchen die Ostdeutschen politische Teilhabe im hier und heute und eine laute Stimme am Kabinettstisch jetzt, statt mit noch einem Arbeitskreis abgespeist zu werden.
Der in Eisenach geborene Becker weiter: "Außerdem verspricht der Koalitionsvertrag: Wir werden intensiv daran arbeiten, die innere Einheit sozial und wirtschaftlich zu vollenden. Insbesondere die Erfahrungen der Ostdeutschen wollen wir für die anstehenden Transformationsprozesse in ganz Deutschland nutzen." Angesichts des bisher bekannten Personaltableaus müssen wir feststellen, dass die Ampel nur für westdeutsche Politiker*innen die grüne Welle bringt. Wenn selbst das Transformationsministerium unter Vize-Kanzler und Grünen-Parteichef Habeck keine Ostdeutschen in die Führung nimmt bleibt ein wichtiges Wahlversprechen der kommenden Regierungsparteien augenscheinlich schon jetzt gebrochen."
DIE LINKE fordert die neue Ampel-Regierung auf, einen Regelungsvorschlag vorzulegen, der den in Artikel 36 Satz 1 des Grundgesetzes verlangten Länderproporz in einer Ost-Quote umsetzt. Das bedeutet, Repräsentation entsprechend ihres Anteils an der Bevölkerung - derzeit 16 Prozent. Für das Ampel-Kabinett wären das mindestens drei Minister*innen, angesichts des bisher bekannten Tableaus muss die SPD demnach mindestens zwei Minister*innen aus dem Osten benennen.