Zu den heutigen Beratungen der Bundeskanzlerin mit den Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten der Länder zur Corona-Pandemie
Zu den heutigen Beratungen der Bundeskanzlerin mit den Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten der Länder zur Corona-Pandemie erklären die Vorsitzenden der Partei DIE LINKE, Janine Wissler und Susanne Hennig-Wellsow:
Das Bedürfnis der Menschen nach Lockerungen ist sehr nachvollziehbar. Aber die Pandemie ist noch lange nicht unter Kontrolle. Die Infektionszahlen sind noch immer viel zu hoch, steigen wieder, die neuen ansteckenderen Virus-Varianten verbreiten sich. Die Politik ist in der Pflicht, alles zu tun, um sicheres Öffnen zu ermöglichen. Das schuldet sie den Menschen, aber auch den vielen kleinen Gastronomiebetrieben, Kulturschaffenden und Geschäften, die von Monat zu Monat um ihre Existenz kämpfen. Planbarkeit und Verantwortung bedeutet auch, ein Lockerungs-Jojo zu verhindern.
Leider müssen wir feststellen, dass mangelnde Voraussicht und halbherzige Maßnahmen die Haupt-Kennzeichen der deutschen Corona-Politik sind. Daran wird sich voraussichtlich auch mit der heutigen Bund-Länder-Runde nichts ändern.
Die Schülerinnen und Schüler kehren in Schulen zurück, die noch immer nicht mit Luftfiltern ausgestattet sind.
Für Impfungen verschenkte die Regierung Monate, weil sie sich nicht mit den Pharmakonzerne anlegen will. Die Freigabe der Lizenzen hätte schon vor Wochen wesentlich schnellere Impfungen ermöglicht. Schnell mehr und günstigeren Impfstoff brauchen wir außerdem, um die Pandemie auch im globalen Süden einzudämmen.
Bei der Teststrategie könnten vor allem Selbsttests, wie sie auch in Deutschland jetzt endlich zugelassen sind, den entscheidenden Fortschritt bringen.
In Österreich und in den Niederlanden kann man sich seit Wochen solche Tests kostenlos abholen. Spahns Versprechen kostenloser Schnelltests in speziellen Testzentren, ist unpraktikabel: Für einen einfachen Schnelltest soll man in ein medizinisches Zentrum fahren, dort Schlange stehen, bis man dran ist und ein Ergebnis erhält, das man in 15 Minuten selbst zuhause hätte bekommen können. Schnelltests müssen jedoch Alltag werden. Die erwarteten Testraten von 2% der Bevölkerung bei Spahns Plan sind vielleicht realistisch, zeigen aber realistischerweise vor allem eins: Die Wirkungslosigkeit von Spahns Teststrategie.
Wir brauchen kostenfreie Schnelltests für alle. Neben der ausreichenden Versorgung von Schulen, Pflegeeinrichtungen und anderen besonders riskanten Orten, müssen pro Person und Monat Grundkontingente an Tests über die Apotheken abgegeben werden. Damit das Gefühl, sicher durch den Alltag zu gehen, kein Privileg der Menschen mit guten Einkommen wird, müssen die Gratiskontingente für Leistungsberechtigte entsprechend größer ausfallen.
Die Idee ist, dass Menschen sich jeden Tag, an dem sie das Haus verlassen, um andere Menschen zu treffen, einmal selbst testen. Selbstverständlich muss die Bundesregierung dafür Geld in die Hand nehmen.
Unternehmen müssen ihren Beschäftigten ebenfalls Selbsttests zur Verfügung stellen, und zwar täglich, nicht nur wöchentlich. Nur so können wir das Risiko für alle auf ein erträgliches Maß senken, so lange die Impfquote noch niedrig ist.
Nach einem Jahr Pandemie, in dem diese Regierung den Löwenanteil der Belastung bei den einfachen Menschen abgeladen hat, nach einem Jahr, in dem Milliarden in Unternehmen geflossen sind, die anschließend dennoch Stellen gestrichen und Standorte verlegt haben, ist es wirklich an der Zeit, gegenüber den Unternehmen die Samthandschuhe auszuziehen.