Zu den Wahlen in Belarus
Erklärung von Heinz Bierbaum, Vorsitzender der Internationalen Kommission
Am Sonntag fanden in Belarus Wahlen statt. Am Abend wurde verkündet, dass Präsident Lukaschenko, auch "der letzte Diktator Europas" genannt, mit überwältigender Mehrheit seine nunmehr 6. Amtszeit antreten könne.
Gesichert wurden die "Wahlen" vom Militär, das im Laufe des Tages in der Hauptstadt Minsk auffuhr. Die Stadt war zeitweilig komplett abgesperrt. Immer wieder gab es Internetausfälle und die Seiten regierungskritischer Portale waren nicht zugänglich. Es gab Berichte über Festnahmen von Oppositionellen und regierungskritischen Journalistinnen und Journalisten sowie Aktivistinnen und Aktivisten.
Unabhängige Wahlbeobachter waren nicht zugelassen und nur ein regierungsnahes Umfrageinstitut verkündete die offiziellen Ergebnisse, die erstaunlich von denen unabhäniger Kanäle abwichen. Sahen die einen Lukaschenko weit vorn, war es bei den anderen seine Kontrahentin Tichanowskaja. Sie ist die Frau des zuvor von der Wahl ausgeschlossenen und inhaftierten Gegenkandidaten, die in ihrer Kampagne dazu aufrief, freie und faire Wahlen abzuhalten.
Am Abend gingen die Menschen auf die Straße. Es ist von gewalttätigen Einsätzen von Polizei und Militär die Rede. Obwohl Lukaschenko öffentlich davon ausgeht, dass ab heute alles wieder zur Tagesordnung übergeht, scheint der seit Wochen schwelende, friedliche Protest gegen den Autokraten nicht geringer zu werden.
Wir solidarsieren uns mit den Protesten gegen das autokratische System, in dem demokratische Wahlen seit Jahren eine Farce sind. Alle politischen Gefangengen müssen befreit werden. Die Grundrechte auf Meinungsäußerung und Versammlungsfreiheit dürfen nicht länger mit den Füßen getreten werden.