Idee des demokratischen Sozialismus lebt

Der 40. Jahrestag der Niederwerfung des Prager Frühlings ist uns Anlass, einen der großen Versuche zu würdigen, auf europäischem Boden einen „Sozialismus mit menschlichem Antlitz“ zu verwirklichen. Wir bewundern heute die Kühnheit derjenigen, die damals die Idee des demokratischen Sozialismus für ihr Land gedacht und wirksam ausgesprochen haben. Wir bewundern den Mut tausender Menschen, die sich für diese Idee eingesetzt haben, ihr einen politisch und kulturell nachhaltigen Ausdruck verliehen.

Die Idee des demokratischen Sozialismus und ihre Verfechter wurden mit der Gewalt der Panzer des Warschauer Vertrages unterdrückt. Mit Trauer erinnern wir an die Opfer dieses Völkerrechtsbruchs durch die sozialistischen Staaten unter Führung der Sowjetunion. Wir erinnern heute - 40 Jahre nach den Ereignissen am 21. August 2008 -  daran, dass auch deutsche Linke, gefangen im Freund-Feind-Denken des Kalten Krieges, die Propaganda von der Konterrevolution geglaubt und sich entsprechend verhalten haben. Sie vermochten es nicht, diesen neuerlichen Versuch gesellschaftlicher Emanzipation als grundsätzliche Erneuerung sozialistisch - kommunistischer Theorie und Praxis und damit endgültige Befreiung aus stalinistisch-doktrinärer Entstellung zu erkennen oder gar zu unterstützen. Bei all dem übersehen wir nicht, dass sich mit den Entwicklungen in der damaligen CSSR die Hoffnung auf demokratischen Sozialismus, bei anderen aber auch die auf Restauration des Kapitalismus verband.

Über den Bruch des Völkerrechts hinaus, barg die Intervention der Truppen des Warschauer Vertrags ein weiteres Moment in sich, das die kommunistische Idee auf beiden Seiten des Eisernen Vorhangs nachhaltig diskreditierte: Die gewaltsame Maßreglung einer formal selbständigen und unabhängigen Partei durch Bruderparteien führte zu einem Vertrauensverlust der Menschen gegenüber kommunistischen Parteien sowjetischen Typs. Dies wurde so eine wesentliche Grundlage für die Entwicklungen um 1989.

Seit beinahe 20 Jahren zeigt sich weltweit, dass die Idee des demokratischen Sozialismus, dass  eine moderne zivilgesellschaftliche Sozialismuskonzeption, die alle einlädt eine Politik zu gestalten, die friedlich nach Wohlstand für alle, nach Freiheit und Gleichheit strebt, den Zusammenbruch des Staatssozialismus und den zeitweiligen Höhenflug des Kapitalismus überlebt hat.

Zugleich sind die aktuellen Probleme der Menschheit nicht geringer geworden. Nicht nur die unmittelbaren Erschütterungen im Kaukasus, nah an Europas Grenzen, nähren unsere tiefe Überzeugung, dass Krieg und Unterdrückung keine Mittel sind, das Zusammenleben der Völker und der Menschen zu regeln.

Für DIE LINKE ist das eine der Lehren des Prager Frühlings, die sie nie vergessen wird.